Der Begriff "Behinderung" ist im Sozialrecht so definiert: Der Körper- oder Gesundheitszustand weicht vom für das Lebensalter typischen Zustand ab, und im Zusammenspiel mit bestimmten Barrieren ist deshalb die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft für wahrscheinlich mehr als 6 Monate beeinträchtigt. Menschen mit Behinderungen können beim Versorgungsamt oder Amt für Soziale Angelegenheiten ihren Grad der Behinderung (GdB) feststellen lassen. Die Feststellung bringt verschiedene Vorteile und Vergünstigungen, viele aber erst ab einem GdB von 50 (Schwerbehinderung). Nur Menschen mit festgestellter Schwerbehinderung bekommen einen Schwerbehindertenausweis. Unter Punkt 4 gibt es 2 Tabellen mit den wichtigsten Vorteilen der GdB-Feststellung und der Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis zum Download.
Einige Hilfen (z.B. die Eingliederungshilfe) sind auch ohne GdB-Feststellung zugänglich, wenn die Betroffenen ihre Behinderung anders nachweisen. Die Leistungen für Menschen mit Behinderungen sind hauptsächlich im 9. Sozialgesetzbuch (SGB IX) "Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen" geregelt.
Die sozialrechtliche Definition von "Behinderung" steht in § 2 Abs. 1 SGB IX:
"Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist."
Aus dieser Definition ergeben sich folgende Voraussetzungen für das Vorliegen einer Behinderung:
Eine drohende Behinderung liegt unter folgenden Voraussetzungen vor:
Passend zur genannten Definition von Behinderung könnte die Art der Behinderung nach der Art der Teilhabeeinschränkung eingeteilt werden, also z.B. als Behinderung in der Schule, Behinderung im Arbeitsleben, Behinderung bei Freizeitbeschäftigungen oder Behinderung beim Wohnen. Denn eine Behinderung ist kein Merkmal eines Menschen, sondern liegt erst vor, wenn – in Wechselwirkung mit Barrieren – eingeschränkte Möglichkeiten hinzukommen, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben.
Trotzdem werden Behinderungen immer noch anhand von Merkmalen eines Menschen eingeteilt, in körperliche, geistige und seelische Behinderungen bzw. Sinnesbehinderungen.
Das Gesetz spricht von "Abweichungen vom für das Lebensalter typischen Zustand" und nennt diese "Beeinträchtigungen". Dabei teilt es diese in verschiedene Arten ein:
Eine Schwerbehinderung nach § 2 Abs. 2 SGB IX haben Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 50. Gesetzlich basierte Leistungen und Vergünstigungen erhalten Menschen mit Schwerbehinderung nur, wenn sie ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Arbeitsplatz in Deutschland haben. Nur dann kann der GdB für sie festgestellt werden.
Die Schwerbehinderung wird durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen, den das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten auf Antrag ausstellt. Näheres unter Schwerbehindertenausweis.
Die Agentur für Arbeit kann Menschen mit Behinderungen bei einem GdB ab 30, aber unter 50, Menschen mit Schwerbehinderung im Arbeitsleben gleichstellen (Auszubildende auch mit niedrigerem GdB). Näheres unter Behinderung > Berufsleben.
Das 3. Sozialgesetzbuch (SGB) III regelt die Leistungen der Agentur für Arbeit zur Arbeitsförderung. Es definiert Behinderung wie folgt:
Lernbehinderungen gehören ausdrücklich auch zu den Behinderungen, die von dieser Definition umfasst sind.
Den Menschen mit Behinderung gleichgestellt sind Menschen, denen eine Behinderung nach dieser Definition droht.
Grundlage der Definitionen von Behinderung im Sozialgesetzbuch ist das Behinderungsverständnis der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Danach reicht es nicht aus, Diagnosen und Befunde zu betrachten, denn es werden nicht bestimmte Beeinträchtigungen/Besonderheiten von Menschen als Behinderung definiert. Mit Beeinträchtigung/Besonderheit ist hier gemeint, dass ein Mensch anders ist, als sich viele einen gesunden Menschen vorstellen. Das Gesetz nennt das "Abweichung vom typischen Zustand". Diese Beeinträchtigungen/Besonderheiten allein behindern nicht unbedingt.
Ob die "Abweichung vom typischen Zustand" als Beeinträchtigung oder als Besonderheit erlebt wird, ist individuell. Was als gesund oder nicht gesund gesehen wird, hat viel mit den gesellschaftlichen Umständen und dem jeweiligen Einzelfall zu tun.
Beispiele:
Erst die Auswirkungen einer Beeinträchtigung/Besonderheit auf einen Menschen können behindern. Diese Auswirkungen sind auch bei derselben Diagnose sehr unterschiedlich, weil sie stark von den Barrieren im konkreten Lebensumfeld abhängen. Barrieren können sichtbar sein, z.B. eine Treppe, die ein Mensch ohne Beine nicht überwinden kann, oder unsichtbar, z.B. bestimmte Vorurteile, was Menschen mit bestimmten Besonderheiten (nicht) können oder was ihnen (nicht) zusteht. Solche Vorurteile können z.B. Schulbesuch, Ausbildung und Berufstätigkeit erschweren.
Erst zusammen mit solchen Barrieren wird aus einer Abweichung von einem typischen "gesunden" Zustand eine Behinderung. Gemeint ist die Tatsache, dass ein Mensch darin behindert ist, gleichberechtigt und selbstbestimmt am Leben in der Gesellschaft in allen Lebensbereichen teilzuhaben bzw. teilzunehmen.
Beispiele dafür, dass eine Behinderung nicht allein durch eine "Abweichung vom typischen Zustand", sondern erst durch Barrieren entsteht:
Alle Gesetze, die die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die ihnen zustehenden Leistungen regeln, haben folgende Ziele:
Grundlage für diese Ziele ist die Die UN-Behindertenrechtskonvention (Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen).
Auf den Internetseiten des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung steht die Konvention in Leichter Sprache zum Download unter www.behindertenbeauftragter.de > Leichte Sprache > Rechtliche Grundlagen > UN-BRK. Mit einem Klick auf "Alltagssprache" gelangen Sie von dort zur Version in Alltagssprache.
Der GdB beschreibt die Schwere der Behinderung. Er wird durch das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten festgestellt. Näheres unter Grad der Behinderung. Abhängig von der Höhe des GdB hat dessen Feststellung verschiedene Vorteile (Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen), eine Übersicht gibt die GdB-Tabelle.
Der Schwerbehindertenausweis kann neben dem GdB auch Merkzeichen (z.B. für eine Gehbehinderung oder Blindheit) enthalten, die weitere Nachteilsaugleiche bringen. Eine Übersicht bietet die Merkzeichen-Tabelle.
Menschen mit Behinderungen erhalten – teilweise auf freiwilliger Basis – eine Reihe von Nachteilsausgleichen und Hilfen, z.B.:
Zudem bieten das SGB IX sowie verschiedene andere Gesetze, Verordnungen, Erlasse, Satzungen und Tarife eine Reihe von Rechten und Hilfen, welche die Nachteile von Menschen mit Behinderungen ausgleichen sollen. In der Regel ist für die Inanspruchnahme ein Antrag bei der zuständigen Stelle nötig, oft mit Vorlage des Schwerbehindertenausweises. Nachteilsausgleiche bei Behinderung finden Sie unter folgenden Links:
Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Arbeitstherapie und Belastungserprobung
Behinderung > Ausbildung und Studium
Behinderung > Leistungen zur Mobilität
Behinderung > Öffentliche Verkehrsmittel
Behinderung > Urlaub und Freizeit
Eignungsabklärung und Arbeitserprobung
Beschäftigungssicherungszuschuss Minderleistungsausgleich
Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen
Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen
Elternassistenz für Eltern mit Behinderungen
Frühförderung von Kindern mit Behinderungen
Kosten für Weiterbildung und berufliche Reha
Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung
Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Rundfunkbeitrag Befreiung Ermäßigung
Leistungen zur sozialen Teilhabe
Sozialversicherung bei Beruflicher Reha und WfbM
Werkstätten für behinderte Menschen WfbM
Rechtsgrundlagen: §§ 2 SGB IX - § 19 SGB III