Eine Arbeitsassistenz unterstützt Menschen mit Behinderungen bei ihrer Arbeit. Dabei ist es Aufgabe der Assistenz, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen, wenn das nicht anders (z.B. durch technische Hilfen) möglich ist. Die Kernarbeit leistet die Person mit Behinderung dabei selbst. Eine Arbeitsassistenz liest z.B. Blinden vor oder reicht Gegenstände, die vom Rollstuhl aus nicht erreichbar sind.
Arbeitsassistenz gibt es als dauerhafte Leistung des Integrationsamts oder Inklusionsamts. In den ersten 3 Jahren können Reha-Träger die Leistung finanzieren, z.B. die Agentur für Arbeit oder die Rentenkasse. Die Menschen mit Behinderungen können Geld beantragen, um die nötigen Assistenzkräfte einstellen oder Anbieter von Arbeitsassistenz bezahlen zu können. Arbeitsassistenz gibt es ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 bzw. mit weiteren Voraussetzungen ab einem GdB von 30.
Eine Arbeitsassistenz wird insbesondere Menschen mit schweren Sinnesbehinderungen (Blindheit oder Gehörlosigkeit) gewährt und Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Doch auch Menschen mit anderen Behinderungen können eine Arbeitsassistenz erhalten. Es müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
Auf die Kostenübernahme der Arbeitsassistenz besteht ein Rechtsanspruch. Das bedeutet, dass diese Leistung nicht abgelehnt werden darf, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen.
Arbeitsassistenz gibt es auch bei Selbstständigkeit,
Nur, wenn diese Voraussetzungen vorliegen, gilt die Selbstständigkeit als "selbstständige berufliche Existenz".
Arbeitsassistenz gehört zu den "Begleitenden Hilfen im Arbeitsleben". Diese werden auch zur Gründung und zum Erhalt einer selbstständigen beruflichen Existenz gewährt. (§ 185 Abs. 3 Nr. 1 lit. c SGB IX)
Bei einer Existenzgründung muss mit dem Antrag auf Arbeitsassistenz in der Regel eine Bestätigung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Gründungsidee vorgelegt werden. Diese erteilen z.B. berufsständische Kammern oder die IHK. Grundlage dafür ist ein sog. Businessplan. Informationen dazu gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter www.existenzgruender.de > Gründung vorbereiten > Businessplan und unter www.existenzgruender.de > Planer und Hilfen > Checklisten und Übersichten > Businessplan.
Verdienen Selbstständige nach der Gründungsphase zu wenig, um von der Selbstständigkeit zu leben, wird die Arbeitsassistenz normalerweise nur bei Vorlage einer positiven Prognose für die künftige Entwicklung der Selbstständigkeit gewährt. Diese bekommen Selbstständige überall dort, wo auch die Tragfähigkeit einer Gründungsidee bestätigt werden kann.
Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2018 besagt, dass Arbeitsassistenz nicht nur dafür da ist, Arbeitslosigkeit zu vermeiden, sondern auch um Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu verwirklichen. Die Entscheidung können Sie nachlesen unter www.bverwg.de > Rechtsprechung > Urteile und Beschlüsse > Suchbegriff: "BVerwG 5 C 9.16". Geklagt hatte ein Beamter, der für diesen Job keine Assistenz benötigte. Er beantragte die Arbeitsassistenz für eine daneben begonnene Selbstständigkeit. Das wurde abgelehnt, da er doch nicht arbeitslos sei. Die Assistenz sei nicht notwendig, weil es nicht sein müsse, dass er sich selbstständig mache.
Aus dieser Entscheidung ergibt sich: Auch Menschen mit einer Schwerbehinderung genießen Berufsfreiheit. Die Arbeitsassistenz darf nicht abgelehnt werden, weil sie bei einer anderen Tätigkeit nicht nötig wäre.
Ihnen darf Arbeitsassistenz auch nicht nur deshalb abgelehnt werden, weil Sie schon im Rentenalter sind, also die sog. Regelaltersgrenze überschritten haben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht im Januar 2022 entschieden. Über diese Gerichtsentscheidung informiert das Bundesverwaltungsgericht unter www.bverwg.de/de/pm/2022/2.
In der Praxis kann es dennoch dazu kommen, dass die Arbeitsassistenz deswegen abgelehnt wird. Sie haben dann aber gute Chancen, über einen Widerspruch und ggf. eine Klage mit anwaltlicher Hilfe die Übernahme der Arbeitsassistenz doch noch zu erhalten. Dabei sollten Sie auf das genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bzw. auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW hinweisen. Jeder Mensch hat ein Recht auf anwaltliche Hilfe. Wer sich die Anwaltskosten nicht leisten kann, kann deshalb Beratungshilfe für das Widerspruchsverfahren und Prozesskostenhilfe für das Gerichtsverfahren beantragen.
Arbeitsassistenz soll Menschen mit einer Schwerbehinderung und Menschen mit Behinderungen, die ihnen gleichgestellt sind, Chancengleichheit mit Menschen ohne Behinderung gewähren.
Arbeitsassistenz kann insbesondere folgende Ziele anstreben:
Es besteht kein Anspruch darauf, dass die Arbeitsassistenz vom Kostenträger gestellt wird, sondern auf Übernahme der Kosten. Wer Anspruch auf Arbeitsassistenz hat, bekommt ein Persönliches Budget (§ 29 SGB IX) und muss sich davon selbst die notwendige Arbeitsassistenz beschaffen. Dafür gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
Assistenznehmende haben außerdem die Möglichkeit, ihr Persönliches Budget an ihren Arbeitgeber abzutreten, wenn dieser dafür die notwendige Arbeitsassistenz beschafft.
Zur konkreten Höhe der Geldleistung sagt das Gesetz nur: "der Anspruch richtet sich auf die Übernahme der vollen Kosten, die für eine als notwendig festgestellte Arbeitsassistenz entstehen" (§ 185 Abs. 5 Satz 2 SGB IX) bzw. dass "die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz" zu übernehmen sind (§ 49 Abs.8 Nr.3 SGB IX). Im Gesetz steht zwar auch, dass eine Rechtsverordnung Näheres regeln darf, aber bisher gibt es noch keine solche Rechtsverordnung.
In der Praxis halten sich die Integrationsämter oder Inklusionsämter und Reha-Träger an die jeweils neusten Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der
Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) für die Arbeitsassistenz, als seien diese ein Gesetz. Rechtlich sind diese aber nicht bindend. Falls und soweit aus ihnen folgt, dass die notwendigen Kosten nicht in voller Höhe übernommen werden, handelt der zuständige Kostenträger rechtswidrig. Betroffene können sich dann mittels Widerspruch und Klage dagegen wehren.
Die Empfehlungen stehen zum Download unter www.integrationsaemter.de > Aufgaben und Leistungen > Empfehlungen.
Daraus ergibt sich fürs Arbeitgebermodell:
Beim Dienstleistermodell werden die ortsüblichen Kosten inklusive Umsatzsteuer übernommen. Diese werden ermittelt, indem die Integrationsämter bzw. Inklusionsämter oder Reha-Träger bei den Anbietern vor Ort die Preise erfragen und vergleichen.
Assistenznehmende dürfen in der Regel selbst entscheiden, ob sie das Arbeitgeber- oder das Dienstleistermodell wählen, auch wenn die Leistung dadurch teurer wird.
Früher stand in den Empfehlungen, die Leistungen für Arbeitsassistenz müssten in einem "vertretbaren Verhältnis" zu dem Verdienst des Assistenznehmers stehen. Kosten, die höher als 50 % des Bruttoeinkommens waren, wurden nicht übernommen. Das wurde aus den Empfehlungen inzwischen gestrichen, weil es rechtswidrig wäre.
Dennoch ist die Höhe der Leistung nicht unbegrenzt:
Im Rahmen des Budget für Ausbildung und des Budget für Arbeit erhalten Menschen mit Behinderungen Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz. Unterstützte Beschäftigung ist eine Möglichkeit für Menschen mit Behinderungen, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt zu bekommen, bei der nach einer individuellen Qualifizierung im Betrieb langfristige Berufsbegleitung gewährt wird.
Näheres zu den Unterschieden zwischen diesen Leistungen und einer Arbeitsassistenz unter Behinderung > Hilfen am Arbeitsplatz.
Der zuständige Träger der beruflichen Reha (z.B. Krankenkassen, Rentenversicherungsträger, Unfallversicherungsträger, Agentur für Arbeit oder Eingliederungshilfe-Träger), das Integrationsamt oder Inklusionsamt und die unabhängige Teilhabeberatung.
Behinderung > Hilfen am Arbeitsplatz
Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen
Beschäftigungssicherungszuschuss Minderleistungsausgleich
Leistungen für Menschen mit Behinderungen
Rechtsgrundlagen: § 49 Abs. 8 Nr. 3 SGB IX - § 185 Abs. 5 SGB IX i.V.m. § 17 Abs. 1a SchwbAV und § 21 Abs. 4 SchwbAV - § 29 SGB IX