Im außergerichtlichen Bereich (z.B. in einem sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren) erhalten Betroffene Beratungshilfe, wenn sie anwaltliche Hilfe benötigen, aber sich diese nicht leisten können. Das bedeutet, dass die Betroffenen für die außergerichtliche Beratung und Vertretung in einer selbstgewählten Rechtsanwaltskanzlei nur höchstens 15 € pro Angelegenheit bezahlen müssen.
In Bremen und Hamburg gibt es stattdessen öffentliche Rechtsberatung in besonderen Beratungsstellen. In Berlin gibt es diese zusätzlich zur Beratungshilfe in Rechtsanwaltskanzleien.
Beratungshilfe wird nur außerhalb von Gerichtsverfahren gewährt.
Beispiele:
In einem Gerichtsverfahren (ab Einreichung einer Klage oder eines Antrags an ein Gericht) gibt es stattdessen die Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe.
Beratungshilfe wird nur in rechtlichen Angelegenheiten gewährt und nicht für sog. allgemeine Lebenshilfe.
Rechtlich ist eine Angelegenheit, wenn:
Allgemeine Lebenshilfe liegt vor, wenn tatsächliche Hilfe im Vordergrund steht, z.B.:
In der Praxis fällt es oft schwer zu entscheiden, ob noch allgemeine Lebenshilfe vorliegt oder schon eine rechtliche Angelegenheit. Die für die Entscheidung zuständigen Rechtspfleger gehen im Zweifel meistens von allgemeiner Lebenshilfe aus, um Kosten zu sparen. Oft lohnt es sich dann, gegen eine so begründete Ablehnung vorzugehen.
Abzugrenzen ist die Beratungshilfe von Leistungen durch die Rechtliche Betreuung:
Beratungshilfe | Rechtliche Betreuung |
Für finanziell Bedürftige | Für Menschen, die sich wegen Krankheit und/oder Behinderung nicht mehr vollständig um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern können |
Rechtsberatung und Vertretung im außergerichtlichen Bereich | Vertretung in Angelegenheiten, die Menschen ohne Krankheit und/oder Behinderung gewöhnlich ohne anwaltliche Hilfe selbst erledigen (allgemeine Lebenshilfe) |
Die Beratungshilfe umfasst die vollständige notwendige anwaltliche Beratung außerhalb eines Gerichtsverfahrens für eine bestimmte konkrete rechtliche Angelegenheit. Die Betroffenen haben nicht nur Anspruch auf ein Erstgespräch, sondern auf so viel Beratung wie nötig ist.
Die Beratung wird in allen rechtlichen Angelegenheiten gewährt. Es kommt also nicht darauf an, um welches Rechtsgebiet (z.B. Steuerrecht, Strafrecht, Sozialrecht, Verwaltungsrecht, Zivilrecht usw.) es geht.
Unter folgenden zusätzlichen Voraussetzungen ist von der Beratungshilfe neben der Beratung auch die außergerichtliche anwaltliche Vertretung umfasst:
Im Strafrecht und im Ordnungswidrigkeitenrecht (z.B. wenn Betroffenen Sozialleistungsbetrug vorgeworfen wird oder wenn ein Bußgeld wegen fahrlässiger Falschangaben bei einem Antrag auf Sozialleistungen verhängt wird) ist über die Beratungshilfe nur sehr allgemeine Beratung möglich, z.B. darüber, wie Strafverfahren grundsätzlich ablaufen oder dazu, wann Vorstrafen aus dem Bundeszentralregister gestrichen werden.
Nicht möglich sind hier:
Pflichtverteidigung ist keine Möglichkeit für Bedürftige, an kostenlose Akteneinsicht, einzelfallbezogene Rechtsberatung und Verteidigung im Strafverfahren zu kommen. Bei der Pflichtverteidigung legt der Staat lediglich die Kosten für die Verteidigung zunächst aus, wenn das Gesetz vorschreibt, dass der Beschuldigte einen Verteidiger haben muss. Außer bei einem Freispruch und wenn das besonders bestimmt wird, müssen Pflichtverteidigte die Anwaltskosten trotz finanzieller Bedürftigkeit erstatten.
Die Beratungshilfe setzt voraus:
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse müssen in einem Formular angegeben werden und es müssen Belege eingereicht werden (z.B. Mietvertrag, Kontoauszüge der letzten 3 Monate, Gehaltsbescheinigungen, Sozialleistungsbescheide).
Zu den anderen Möglichkeiten, die Hilfe zu bekommen, gehört es auch, wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht, welche die Kosten übernehmen kann.
Wann das Beanspruchen von Beratungshilfe mutwillig erscheint ist auch gesetzlich geregelt:
In der Praxis werden Anträge auf Beratungshilfe in manchen Fällen wegen angeblicher Mutwilligkeit rechtswidrig abgelehnt.
Beispiel:
Einem Sozialhilfeempfänger wird die Beratungshilfe abgelehnt, weil die Vergleichsperson mit mehr Geld sich wegen 300 € noch keinen Anwalt nehmen würde. Für den Sozialhilfeempfänger sind 300 € aber sehr viel, da er sich ohne sie z.B. für mehr als einen Monat kein Essen kaufen könnte.
Dann lohnt es sich oft, dagegen vorzugehen.
Immer wieder kommt es vor, dass die Beratungshilfe für einen Widerspruch im Sozialrecht abgelehnt wird. Die Rechtsuchenden werden auf die Beratung durch die Behörde, gegen die sich der Widerspruch richtet, als andere Hilfsmöglichkeit verwiesen. Das ist allerdings verfassungswidrig. In diesem Fall sollten Betroffene gegen die Ablehnung vorgehen und dabei auf folgende Gerichtsentscheidung hinweisen: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Mai 2009 zum Aktenzeichen: 1 BvR 1517/08. Die Entscheidung kann abgerufen werden unter Bundesverfassungsgericht.de > Entscheidungen > Suchbegriff im Feld Aktenzeichen: 1 BvR 1517/08.
Um die Beratungshilfe zu bekommen, können Betroffene einen Antrag auf einen Berechtigungsschein für die Beratungshilfe bei der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts stellen. Damit können sie dann in einer Anwaltskanzlei ihren Anspruch auf Beratungshilfe nachweisen und der Anwalt kann damit seine Gebühr abrechnen. Auch wenn es um ein sozialrechtliches Verfahren geht, kann der Berechtigungsschein für die Beratungshilfe nicht beim Sozialgericht beantragt werden, sondern immer nur beim Amtsgericht. Beim Amtsgericht müssen Einkommens- und Vermögensnachweise vorgelegt werden. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass anwaltliche Hilfe nötig ist.
Der zuständige Rechtspfleger entscheidet, ob die Voraussetzungen der Beratungshilfe vorliegen und ob der Berechtigungsschein erteilt wird.
Wer ohne Berechtigungsschein für die Beratungshilfe zum Anwalt geht, kann die Beratungshilfe nur noch nachträglich beantragen. Wird diese dann abgelehnt, müssen entweder die Rechtsuchenden die Anwaltskosten selbst tragen, oder der Anwalt bekommt keine Vergütung. Was eintritt, hängt vom Verhalten des Anwalts ab:
In Bremen und Hamburg gibt es keine Beratungshilfe in Rechtsanwaltskanzleien. Stattdessen gibt es öffentliche Stellen für eine Rechtsberatung. Dort arbeiten Rechtsanwälte gegen Aufwandsentschädigung. Eine freie Anwaltswahl ist in diesen Bundesländern im Rahmen der Beratungshilfe nicht möglich.
In Berlin besteht Wahlrecht zwischen öffentlicher Rechtsberatung und Beratungshilfe in einer selbstgewählten Anwaltskanzlei.
Die öffentliche Rechtsberatung bietet die Arbeitnehmerkammer Bremen an. Informationen, Kontaktdaten und Öffnungszeiten unter www.arbeitnehmerkammer.de > Über uns > Beratungsangebot > Öffentliche Rechtsberatung.
In Hamburg gibt es nur die Öffentliche Rechtsauskunft (ÖRA). Im Internet ist sie zu finden unter www.hamburg.de/oera/.
In Berlin kann bei den Bürgerämtern in den jeweiligen Bezirken (erreichbar über die Nummer 030 115) erfragt werden, ob, wo und wann der jeweilige Bezirk öffentliche Rechtsberatung für Menschen mit geringem Einkommen und Vermögen anbietet.
Wird die Beratungshilfe vom zuständigen Rechtspfleger des Amtsgerichts abgelehnt, so muss die rechtsuchende Person das nicht hinnehmen. Dagegen ist nämlich ein Rechtsmittel möglich. Es heißt Erinnerung. Die Erinnerung muss schriftlich eingereicht und begründet werden. Dann entscheidet darüber ein Richter.
Lehnt dieser Richter dann die Beratungshilfe erneut ab, kann dagegen nur noch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden. Es hatten schon viele solche Verfassungsbeschwerden Erfolg. Für eine Verfassungsbeschwerde kann Prozesskostenhilfe gewährt werden.
Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe
Rechtsgrundlagen: BerHG