Arbeitnehmende mit (Schwer-)Behinderungen werden durch verschiedene Maßnahmen und Nachteilsausgleiche (z.B. Arbeitsassistenz, Zusatzurlaub oder Zuschüsse für Betriebe) darin unterstützt, dass sie sich im Berufsleben halten oder wieder eingliedern können. Besonderer Kündigungsschutz gilt bei einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung mit einer Schwerbehinderung.
Mit einer anerkannten Schwerbehinderung können folgende Leistungen beantragt werden, die dabei unterstützen, einen Arbeitsplatz zu erlangen oder zu erhalten:
Folgende Links bieten weitere Informationen zu Leistungen für Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben:
Arbeitnehmende mit Schwerbehinderungen und ihnen Gleichgestellte (siehe unten) haben einen besonderen Kündigungsschutz. Ihnen darf nur mit vorheriger Zustimmung des Integrations- oder Inklusionsamts gekündigt werden. Die Zustimmung kann nicht nachträglich eingeholt werden, sondern muss vor der Kündigung schriftlich oder elektronisch vom Arbeitgeber beantragt werden. Der besondere Kündigungsschutz ist unabhängig von der Anzahl der im Betrieb Beschäftigten.
Zudem müssen bei der Kündigung einer Person mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung ggf. die Schwerbehindertenvertretung und der Betriebsrat beteiligt werden.
Bei einer Kündigung ohne Zustimmung des Integrations- oder Inklusionsamts ist innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage möglich. Wird die Kündigung als rechtswidrig anerkannt, besteht das Arbeitsverhältnis weiterhin fort. Wer die Frist für die Kündigungsschutzklage versäumt, verliert den Arbeitsplatz aber auch dann, wenn die Kündigung unrechtmäßig war.
Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ist z.B. zustimmungsfrei, wenn
Das Integrations- oder Inklusionsamt wägt vor einer Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung das Interesse der beschäftigten Person mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung am Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses mit dem des Beschäftigungsbetriebs an einer wirtschaftlichen Ausnutzung des Arbeitsplatzes gegeneinander ab und sucht nach Unterstützungsmöglichkeiten. Möglich ist z.B.:
Sind die erforderlichen Unterstützungen für den Beschäftigungsbetrieb zumutbar, ist er zur Durchführung verpflichtet. Eine Kündigung kann so häufig vermieden werden.
Wenn bei Ihnen bei einer Kündigung (noch) kein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt wurde, kann sich trotzdem eine Kündigungsschutzklage lohnen, wenn Sie beweisen können, dass Sie bei der Kündigung eine offenkundige Schwerbehinderung hatten. Eine leichtere offenkundige Behinderung reicht dagegen nicht aus, sondern zählt nur mit einem Gleichstellungsbescheid der Agentur für Arbeit, siehe unten.
Arbeitnehmende mit Schwerbehinderung, also mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 und mehr, haben Anspruch auf zusätzlichen bezahlten Urlaub von in der Regel einer Arbeitswoche. Im Allgemeinen sind dies 5 zusätzliche Tage pro Jahr. Bei Arbeitskräften, die regelmäßig mehr oder weniger als 5 Tage pro Woche arbeiten, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Bei einer Teilzeitbeschäftigung ist ebenfalls die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage maßgeblich für die Dauer des Zusatzurlaubs. Der Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht ab dem Zeitpunkt, ab dem das Versorgungsamt die Schwerbehinderung feststellt.
Den Anspruch auf Zusatzurlaub müssen Beschäftigte am besten schriftlich unter Vorlage einer Kopie des Schwerbehindertenausweises geltend machen.
Für jeden vollen Monat, in dem die Schwerbehinderteneigenschaft im Arbeitsverhältnis besteht, haben Beschäftigte Anspruch auf 1/12 des Zusatzurlaubs. Ergibt die Berechnung Bruchteile von mindestens einem halben Urlaubstag, werden diese auf ganze Tage aufgerundet. Bei vorzeitigem Ausscheiden der Person mit Schwerbehinderung aus dem Beschäftigungsverhältnis gelten die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes. Wird das Arbeitsverhältnis in der ersten Jahreshälfte beendet, wird der Zusatzurlaub gezwölftelt. Bei einem Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte besteht der volle Anspruch auf den Zusatzurlaub. Verliert die beschäftigte Person mit Schwerbehinderung ihren Schwerbehindertenstatus durch die Herabstufung ihres GdB auf weniger als 50, hat sie noch mindestens 3 weitere Monate Anspruch auf Zusatzurlaub (Schutzfrist). Maßgebend ist das Datum des Herabstufungsbescheids.
Arbeitnehmende mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung sind auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freizustellen. Ausführliche Informationen bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) unter www.bih.de > Inhaltsverzeichnis > Medien und Publikationen > Fachlexikon A-Z > M > Mehrarbeit.
Einige Rechte von Menschen mit Schwerbehinderungen gelten auch für Menschen mit leichteren Behinderungen, wenn diese von der Agentur für Arbeit Menschen mit Schwerbehinderungen gleichgestellt wurden.
Gleichgestellte genießen wie Menschen mit Schwerbehinderungen einen besonderen Kündigungsschutz.
Voraussetzungen für eine Gleichstellung:
Auch was als Arbeitsplatz gilt, ist genau geregelt. Als Arbeitsplatz gelten in diesem Zusammenhang Stellen, auf denen folgende Personen beschäftigt werden:
Nicht als Arbeitsplätze gelten folgende Stellen:
Gleichgestellte haben im Gegensatz zu Menschen mit Schwerbehinderungen keinen Anspruch auf Zusatzurlaub und vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Die Gleichstellung gilt ausschließlich fürs Arbeitsleben, das heißt Gleichgestellte bekommen z.B. keinen Schwerbehindertenausweis.
Für Jugendliche ab dem 14. Geburtstag und junge Erwachsene vor dem 27. Geburtstag gelten spezielle Regelungen: Sie können während einer Berufsausbildung oder einem Praktikum bzw. einer anderen Maßnahme zur Berufsorientierung auch dann Menschen mit Schwerbehinderungen gleichgestellt werden, wenn ihr GdB unter 30 liegt. Weitere Informationen bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) unter www.bih.de > Inhaltsverzeichnis > Medien und Publikationen > Fachlexikon A-Z > G > Gleichstellung.
Ab einem GdB von 20 können Steuerpflichtige den Pauschbetrag bei Behinderung als Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer geltend machen.
Informationen zu weiteren steuerlichen Vergünstigungen bei Behinderung bzw. Schwerbehinderung unter Behinderung > Steuererleichterungen und Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung.
Betriebe mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, wenigstens 5 % der Plätze an Menschen mit Schwerbehinderungen oder Gleichstellung zu vergeben. Bei einer besonders schwierigen Eingliederung und bei Auszubildenden mit Behinderungen kann die Agentur für Arbeit auch 2 Pflichtarbeitsplätze anrechnen. Dies ist auch für die ersten 2 Jahre der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung möglich, wenn diese unmittelbar vorher in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter (Näheres unter Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen) beschäftigt waren oder ein Budget für Arbeit erhalten.
Für jeden nicht besetzten Pflichtarbeitsplatz müssen Ausgleichsabgaben von bis zu 720 € monatlich gezahlt werden. Für Betriebe mit weniger als 60 Arbeitsplätzen gibt es Sonderregelungen.
Arbeitgeber müssen jeder beschäftigten Person, die schon länger als 6 Wochen krankgeschrieben ist, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten, sonst wird es für sie später sehr schwer, eine krankheitsbedingte Kündigung durchzusetzen. Das BEM ist ein Verfahren, bei dem nach Möglichkeiten gesucht wird, wie weitere Krankschreibungen vermieden werden könnten, z.B. durch Veränderungen am Arbeitsplatz und Hilfen. In diesem Rahmen können die Beschäftigten freiwillig und ggf. zusammen mit der betrieblichen Interessenvertretung und/oder der Schwerbehindertenvertretung Möglichkeiten zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit, zur Vorbeugung erneuter Arbeitsunfähigkeit und zum Erhalt des Arbeitsplatzes erarbeiten.
Die Leistungen werden von verschiedenen Trägern übernommen, meist von der Agentur für Arbeit, vom Rentenversicherungsträger oder dem Unfallversicherungsträger (z.B. der Berufsgenossenschaft, abgekürzt BG). Erster Ansprechpartner ist oft das Integrations- oder Inklusionsamt oder der Integrationsfachdienst. Zudem können die Agentur für Arbeit oder der Behindertenbeauftragte bzw. die Personalverwaltung des Betriebs weiterhelfen.
Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen
Behinderung > Hilfen am Arbeitsplatz
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Behinderung > Hilfe - Beratung - Adressen
Rechtsgrundlagen: SGB IX