Psychotische Störungen betreffen Angehörige oft in besonderer Weise mit. Sie müssen Rücksicht auf ihre eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten nehmen und sich im täglichen, herausfordernden Umgang mit dem Betroffenen üben. Kinder psychotischer Eltern unterliegen besonderen Belastungen und einem eigenen Erkrankungsrisiko und benötigen deshalb Hilfen und Präventionsmaßnahmen.
Bei psychotischen Störungen sind die Angehörigen in besonderer Weise mit betroffen. Die Diagnose stellt eine Belastung für das ganze familiäre Umfeld dar. Deshalb ist es ratsam, dass auch die Angehörigen professionelle Hilfe für sich in Anspruch nehmen. Die Menschen mit Psychosen sollten davon wissen, um das Gefühl zu vermeiden, dass hinter deren Rücken gehandelt wird.
Familienangehörige bemerken zwar oft frühzeitig, wenn mit einem Familienmitglied etwas nicht stimmt, nehmen aber oft einen Sinneswandel oder eine vorübergehende Krise an, statt einer Psychose. Bis zur Diagnose können Jahre vergehen – und zwischenzeitlich brechen Freundschaften auseinander und manchmal sogar die Familie.
Für Betroffene kann die Erkrankung dagegen plötzlich kommen. Denken und Fühlen, Wahrnehmung von Körper und Umfeld sind gestört und führen unmerklich dazu, dass die Betroffenen gewohnte Lebensbahnen verlassen. Sie können z.B. ihren Arbeitsplatz verlieren, oder ihr Studium abbrechen und/oder sich mit Freunden, Verwandten oder Lebenspartnern verstreiten oder sich von ihnen trennen. Rückzug aus dem gewohnten Umfeld und fehlende soziale Kontakte sind typische Folgen.
Das wirkt auf das gesamte Familiensystem ein, z.B. sehen sich Eltern mit der Situation konfrontiert, ihr volljähriges Kind wieder in ihrem Haushalt aufnehmen zu müssen oder der einstige Hauptverdiener einer Familie ist nun arbeitslos.
Familien von Menschen mit Psychosen können sich wie folgt Hilfe holen:
Kinder, bei denen ein Elternteil mit Psychosen lebt, wachsen häufiger in ungünstigen sozialen Verhältnissen auf.
Beispiele:
Betroffene Kinder haben oft mit folgenden Schwierigkeiten zu kämpfen:
Durch Zwillingsstudien, Adoptionsstudien und andere Studien mit Familien hat sich ergeben, dass das lebenslange Risiko an Schizophrenie zu erkranken für leibliche Kinder ansteigt, wenn ein leiblicher Elternteil an Schizophrenie leidet und weiter steigt, wenn das beide leiblichen Eltern betrifft.
Risiko für Schizophrenie in der Allgemeinbevölkerung | Risiko für Schizophrenie, wenn ein Elternteil an Schizophrenie erkrankt ist | Risiko für Schizophrenie, wenn beide Eltern an Schizophrenie erkrankt sind |
1% | mehr als 10% | mehr als 40% |
Außerdem haben Kinder von Eltern mit Psychosen ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen im Allgemeinen.
Weil zwischen dem Grad der Verwandtschaft und den erhöhten Risiken Zusammenhänge festgestellt wurden, ist davon auszugehen, dass genetische Ursachen beteiligt sind.
Aber auch die psychosozialen Belastungen, die in Familien mit Eltern, die Psychosen haben, häufiger vorkommen, bedeuten für die Kinder ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen. Auch gehen Eltern mit Psychosen oft anders mit ihren Kindern um. Sie können mit der Erziehung und Betreuung überfordert sein. Außerdem können sie nicht immer die Vorbildrolle einnehmen, die Eltern für ihre Kinder haben sollten. Kinder können auch unter den Konflikten leiden, die durch die Psychose entstehen.
Genaueres dazu unter www.aerzteblatt.de > Archiv > Suchbegriff: "Mattejat Kinder psychisch kranker Eltern Übersichtsarbeit".
Wichtigkeit der Umwelteinflüsse
Es gibt das Vorurteil, betroffene Kinder könnten genetischen Risiken nicht entkommen. Psychosoziale Einflüsse werden oft im Vergleich zur genetischen Anfälligkeit als weniger wichtig eingeschätzt. Tatsächlich gilt jedoch: Gerade bei Menschen, die erblich bedingt besonders verletzlich sind, sind die Umwelteinflüsse besonders wichtig. Positiv wie auch negativ haben sie eine starke Wirkung.
Resilienz
Manche Kinder entwickeln sich trotz vieler Belastungen gut. Das wird Resilienz genannt. Die Resilienzforschung untersucht dieses Phänomen, um herauszufinden, wie Prävention gelingen kann.
Für Kinder von Eltern mit Psychosen gilt es, psychosoziale Belastungen zu vermindern und Schutzfaktoren zu schaffen bzw. zu verstärken.
Konkrete wirksame Präventionsmaßnahmen:
Hier finden Kinder von Eltern mit Psychosen Informationen und Hilfe:
Beispiele für Hilfen der Jugendämter:
Hilfen bei der Kinderbetreuung für die Eltern:
Menschen mit Psychosen brauchen Orientierung, die ihnen Angehörige oft geben können. Sie können in frühere Entwicklungsstufen zurückfallen, was für die Familie sehr anstrengend sein kann. Wenn die Angehörigen dabei bleiben, den Kontakt halten, aber auch ihre eigenen Grenzen im Blick behalten und ggf. verdeutlichen, können sie bestmöglich unterstützen.
Näheres unter Psychosen > Umgang mit Psychosen.
Hilfen bieten Selbsthilfegruppen für Angehörige, örtliche Beratungsstellen, psychiatrische Kliniken, sozialpsychiatrische Dienste, Gesundheitsämter und Volkshochschulen. In den Gruppen können Angehörige sich austauschen, mit anderen Angehörigen oder auch mit Fachleuten wie Ärzten, Psychologen oder Sozialpädagogen ihre Probleme erörtern und nach besseren Bewältigungsstrategien suchen. Dadurch werden Angehörige entlastet und finden mehr Ruhe und Gelassenheit im Umgang mit dem Menschen mit Psychosen.
Selbsthilfegruppen können beim Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. (BApK) unter www.bapk.de > Beratung > Selbsthilfegruppen finden gefunden werden. Der Bundesverband bietet auch Beratung für Angehörige unter Telefon 0228 71002424, E-Mail seelefon@bapk.de sowie per Chat unter www.peer-for-you.de.
Eine Sonderform sind "trialogische" Informations-, Aufklärungs- und Austauschprojekte. Daran sind drei Gruppen beteiligt: Angehörige, Fachkräfte und Psychose-Erfahrene. Näheres unter Psychosen > Behandlung. Adressen z.B. bei www.irremenschlich.de.
Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen
Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen
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