Bei der Vollzeitpflege wird ein Kind oder ein Jugendlicher außerhalb seines Elternhauses in einer Pflegefamilie untergebracht und betreut. Die Vollzeitpflege kann zeitlich befristet sein, z.B. bei akuten Krisensituationen wie der Krankenhausbehandlung einer alleinerziehenden Mutter, oder auf Dauer angelegt sein, z.B. bei Gewalt in der Herkunftsfamilie. Sowohl die Pflegeeltern, als auch die leiblichen Eltern werden vom Jugendamt beraten und unterstützt, es geht immer um das Wohl und die Sicherheit des Kindes. Unter bestimmten Voraussetzungen brauchen Pflegeeltern eine sog. Pflegeerlaubnis. Die Pflegefamilie erhält Pflegegeld für jedes Kind, das bei ihnen in Vollzeitpflege aufgenommen ist.
Bevor ein Kind/Jugendlicher in eine Pflegefamilie kommt, wird geprüft, ob familienunterstützende Maßnahmen ausreichen, um das Kindeswohl zu sichern, z.B.:
Die Vollzeitpflege der Kinder- und Jugendhilfe ist nicht zu verwechseln mit der Vollstationären Pflege in einem Pflegeheim, Näheres unter Vollstationäre Pflege.
Die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII ist eine Form der Hilfe zur Erziehung, Näheres unter Erziehungshilfe. Sie kann zeitlich befristet oder auf Dauer angelegt sein. Folgende Formen zählen zur Vollzeitpflege:
Eine Dauerpflege ist die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie in der Regel für viele Jahre bzw. bis zur Volljährigkeit. Diese Pflegestelle wird durch das Jugendamt vermittelt.
Bei jüngeren Kindern ist die Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie gegenüber der Heimerziehung vorrangig.
Die Adoptionspflege ist der Zeitraum zwischen Einzug des Kindes bei den Adoptiveltern und der endgültigen Adoption. Voraussetzung für die Adoptionspflege ist, dass die leiblichen Eltern das Kind bereits zur Adoption freigegeben haben. Die Adoptionspflege dauert etwa ein Jahr, in dieser Zeit soll eine Beziehung zwischen dem Kind und den Adoptiveltern aufgebaut werden. Das Sorgerecht liegt in dieser Zeit beim Jugendamt, welches die Familie während der Adoptionspflege begleitet und berät.
Die Adoption ist keine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), sondern wird zivilrechtlich im BGB geregelt. Die Abwicklung einer Adoption läuft aber über das Jugendamt.
Eltern, deren Kind in einer Vollzeitpflege lebt, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung sowie Förderung der Beziehung zu ihrem Kind. Durch die Beratung und Unterstützung sollen die Bedingungen in der Herkunftsfamilie so weit verbessert werden, dass die Eltern das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen können.
Auch wenn ein Kind dauerhaft bei Pflegeeltern lebt und eine Rückkehr zu den leiblichen Eltern ausgeschlossen ist, haben Eltern ein Recht auf Umgang mit ihrem Kind, sofern hierdurch das Wohl des Kindes nicht gefährdet ist.
Bei Vollzeitpflege gelten folgende Regelungen:
Als Angelegenheit des täglichen Lebens gilt, was häufig vorkommt und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes hat. Hierzu zählen z.B.:
Nicht dazu zählen Grundentscheidungen, z.B. zum Schulbesuch, zur Schul-, Ausbildungs- und Berufswahl.
Bei Gefahr im Verzug bzw. sog. Eilentscheidungen besteht eine Vertretungsbefugnis (§ 1629 Abs. 1 BGB). Dies ist z.B. bei schwerwiegenden, eilbedürftigen ärztlichen Behandlungen der Fall. In der Regel muss auch das Kind oder der Jugendliche in eine Heilbehandlung einwilligen, wenn es/er die Tragweite des Eingriffs und die Erklärungen dazu versteht. Der Erziehungsberechtigte ist unverzüglich zu informieren.
Die gesetzliche Vertretungsbefugnis der Pflegeeltern kann durch den Sorgerechtsinhaber eingeschränkt werden, jedoch nur unter dem Vorbehalt, dass den Pflegeeltern die Entscheidungs- und Handlungsbefugnisse erhalten bleiben, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Pflichten im Rahmen der Erziehung brauchen.
Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht aufnimmt, braucht eine Pflegeerlaubnis. Sie wird vom örtlich zuständigen Jugendamt erteilt. Freie Träger können zwar Pflegepersonen vermitteln, aber keine Pflegeerlaubnis erteilen.
Die Pflegeerlaubnis wird nur erteilt, wenn die überprüfte Pflegeamilie das Wohl des Kindes gewährleisten kann. Pflegepersonen mit Pflegeerlaubnis sind verpflichtet, das Jugendamt über wichtige Ereignisse (z.B. Umzug, schwere Krankheit) zu unterrichten, die das Wohl des Kindes betreffen.
Die Pflegeerlaubnis darf nicht mit Bedingungen oder Auflagen verbunden werden, muss jedoch vom Jugendamt immer wieder überprüft werden.
Die Pflegeerlaubnis ist den Pflegeeltern zu entziehen, wenn das Wohl des Kindes oder Jugendlichen in der Pflegefamilie gefährdet ist und die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden.
Keine Pflegeerlaubnis brauchen:
Auch wenn ein Kind im Rahmen der Hilfe zur Erziehung durch das Jugendamt in eine Pflegefamilie vermittelt wird, braucht diese keine zusätzliche Pflegeerlaubnis. Das Wohl des Kindes wird sichergestellt, indem die Pflegefamilie durch das Jugendamt fortlaufend betreut und beraten wird.
In Pflegestellen betreuen pädagogisch ausgebildete Pflegeeltern Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsbeeinträchtigungen oder Behinderungen.
Ob die Erziehung bei einer Pflegefamilie oder in einem Heim (Näheres unter Heimerziehung) stattfinden soll, orientiert sich maßgeblich an folgenden Überlegungen:
Pflegeeltern erhalten für jedes Kind, das bei ihnen in Vollzeitpflege lebt, Pflegegeld. Zum Pflegegeld gehören u.a. Kosten der Pflege und Erziehung, Sachaufwand sowie Zuschüsse, z.B. zum Urlaub, zur Unfallversicherung und zur Altersvorsorge.
Das Jugendamt trägt die Kosten der Vollzeitpflege. Die leiblichen Eltern werden zu diesen Kosten herangezogen. Der Kostenbeitrag richtet sich nach der Kostenbeitragsverordnung und kann in der Höhe regional unterschiedlich ausfallen.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat einheitlich für alle Bundesländer folgende Empfehlungen für die Pauschalbeträge hinsichtlich der Unterhaltsleistungen bei Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie ausgesprochen:
Diese Beträge sind nur eine Empfehlung. Die Landesbehörden legen die Pauschalbeträge verbindlich fest, sodass sie regional unterschiedlich ausfallen können.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge gibt auch Empfehlungen für die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für
Die "Weiterentwickelten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege (§§ 33, 39 SGB VIII) für das Jahr 2024" können unter www.deutscher-verein.de > Themen > Vollzeitpflege > Zur Empfehlung/Stellungnahme als PDF-Datei kostenfrei heruntergeladen werden.
Kinder oder Jugendliche erhalten bei vollstationären Hilfen einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (§ 39 Abs. 2 SGB VIII). Die Höhe dieses Barbetrags setzen die Landesbehörden fest.
In Einzelfällen kann das Jugendamt auf Antrag Beihilfen leisten, z.B. für:
Nach Volljährigkeit eines Pflegekindes kann das Pflegeverhältnis über den 18. Geburtstag hinaus in Frage kommen (Hilfe für junge Volljährige), wenn das Pflegekind weiterhin Unterstützungsbedarf hat.
Weitere Informationen geben die örtlichen Jugendämter und folgende Verbände:
Leistungen für Eltern, Kinder und Jugendliche
Rechtsgrundlagen: §§ 33, 44 SGB VIII