Die Pflegebedürftigkeit wird in 5 Pflegegrade (ehemals 3 Pflegestufen) eingeteilt. Diese bilden die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit bzw. noch vorhandene Fähigkeiten einer pflegebedürftigen Person ab. Bei der Pflegeeinstufung von Kindern wird beurteilt, inwieweit sie sich von anderen Kindern ihres Alters unterscheiden. Die Einstufung in einen Pflegegrad wird auf Antrag durch eine Begutachtung des Medizinischen Dienstes (MD) ermittelt und ist Voraussetzung für die Ansprüche auf Leistungen der Pflegekasse.
Um zu bestimmen, wie pflegebedürftig eine Person ist, wird der Grad der Selbstständigkeit in sechs verschiedenen Lebensbereichen überprüft. Diese Bereiche werden Module genannt (Näheres unter Pflegebegutachtung). Für jeden Bereich gibt es verschiedene Kriterien, die bewertet werden. Die Kriterien werden mit Punktzahlen versehen, die je nach Modul unterschiedlich gewichtet werden. Die Gesamtpunktzahl aus allen Modulen ergibt den Pflegegrad.
Die Module werden wie folgt gewichtet:
Modul | Inhalt | Gewichtung |
1 | Mobilität | 10 % |
2 oder 3* | Kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen oder psychische Probleme | 15 % |
4 | Selbstversorgung | 40 % |
5 | Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen | 20 % |
6 | Gestaltung des Alltagslebens, soziale Kontakte | 15 % |
* Besonderheit bei den Modulen 2 und 3: Nur das Modul mit dem höheren Punktwert fließt mit 15 % in die Berechnung ein.
Ausschlaggebend für die Einstufung in den jeweiligen Pflegegrad sind die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten. Aus den gewichteten addierten Punktwerten von 5 Modulen wird der Gesamtpunktwert (0–100) errechnet, der das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit bestimmt. Daraus leitet sich der Pflegegrad ab.
Pflegegrad |
Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten |
Punktwerte |
1 |
Geringe |
ab 12,5 bis unter 27 Punkte |
2 |
Erhebliche |
ab 27 bis unter 47,5 Punkte |
3 |
Schwere |
ab 47,5 bis unter 70 Punkte |
4 |
Schwerste |
ab 70 bis unter 90 Punkte |
5 |
Schwerste mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung |
ab 90 bis 100 Punkte |
Pflegebedürftige mit einer besonderen Bedarfskonstellation (z.B. Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und Beine) können auch bei einem Punktwert unter 90 dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden. Diese Regelung soll Härtefalle erfassen, bei denen der tatsächliche Pflegebedarf sehr hoch ist, aber das Punktesystem das nicht ausreichend widerspiegeln kann.
Die Einstufung in einen Pflegegrad entscheidet über die Leistungen, die Pflegebedürftige von der Pflegekasse erhalten. Nähere Informationen zu Leistungen bei Pflegebedürftigkeit unter Pflegeleistungen.
Bei Kindern wird die Pflegebedürftigkeit im Vergleich zu gesunden, altersentsprechend entwickelten Kindern ohne Behinderung beurteilt.
Pflegebedürftige Kinder bis 18 Monate werden grundsätzlich einen Pflegegrad höher eingestuft, um häufige Begutachtungen in den ersten Monaten zu vermeiden. Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt demnach nach folgenden Punktwerten:
Pflegegrad | Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten | Punktwerte |
2 | Erhebliche | ab 12,5 bis unter 27 Punkte |
3 | Schwere | ab 27 bis unter 47,5 Punkte |
4 | Schwerste | ab 47,5 bis unter 70 Punkte |
5 | Schwerste mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung | ab 70 bis 100 Punkte |
Bei Kindern ab 18 Monaten bis zum 11. Geburtstag gelten andere Maßstäbe bei der Bewertung, weil Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen erst Fähigkeiten und Selbständigkeit entwickeln. Ab dem 11. Geburtstag wird davon ausgegangen, dass Kinder in allen Modulen selbstständig sind. Bis zum 18. Geburtstag werden altersgemäße Fragen verwendet.
In der Broschüre „Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit“ nach SGB XI sind die Kriterien zur Begutachtung umfassend beschrieben. Sie berücksichtigt sowohl die allgemeinen Maßstäbe für Erwachsene als auch die speziellen Anforderungen bei der Einstufung von Kindern.
Kostenloser Download der Broschüre unter www.md-bund.de > Richtlinien/Publikationen > Richtlinien/Grundlagen für Begutachtungen und Qualitätsprüfungen > Pflegebedürftigkeit.
Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt auf Antrag bei der Pflegekasse.
Die Begutachtung erfolgt regelhaft in der häuslichen Umgebung. Alternativ sind auch strukturierte Telefoninterviews oder Videotelefonie möglich, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und die antragstellende Person oder vertretungsberechtige Person zustimmt. Näheres zu weiteren Arten unter Pflegebegutachtung. Bei der Begutachtung wird der Grad der Selbstständigkeit bzw. der Fähigkeiten in 6 verschiedenen Bereichen (Modulen) ermittelt. Anhand des Gutachtens entscheidet die Pflegekasse über den Pflegegrad.
Pflegekassen und Pflegestützpunkte sowie das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit mit dem Schwerpunkt Pflegeversicherung, Telefon: 030 3406066-02, Mo–Mi 8–16 Uhr, Do 8–18 Uhr, Fr 8–12 Uhr.
Pflege-Check – Vorbereitung auf den Begutachtungstermin
Rechtsgrundlagen: § 15 SGB XI