Chronische Schmerzen > Schwerbehinderung

1. Das Wichtigste in Kürze

Bei chronischen Schmerzen kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Er richtet sich in der Regel nach der Grunderkrankung. In der neuen ICD 11 (Internationale Klassifikation von Krankheiten) werden chronische Schmerzen in primäre und sekundäre chronische Schmerzen unterteilt.

Damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können, gibt es für sie sog. Nachteilsausgleiche. Übersichtliche Tabellen mit den Nachteilsausgleichen je nach GdB oder Merkzeichen gibt es unten zum kostenlosen Download.

2. Grad der Behinderung bei chronischen Schmerzen

2.1. Feststellung des Grads der Behinderung

Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung des Grads der Behinderung (GdB) nach den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen". Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des GdB bzw. des Grads der Schädigungsfolgen (GdS) und können in der "Versorgungsmedizin-Verordnung" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710" gefunden werden.

Der GdB/GdS bei chronischen Schmerzen orientiert sich in der Regel an der zugrunde liegenden Krankheit sowie an der durch die Schmerzen vorliegenden Funktionseinschränkung. Die in der GdB/GdS-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände.

Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen jedoch eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Das kommt z.B. bei Kausalgien und bei stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen (Stumpfnervenschmerzen, Phantomschmerzen) in Betracht. Ein Phantomgefühl allein bedingt keinen GdS.

Verschlechtert sich nach der Feststellung des GdB der Gesundheitszustand oder kommt eine weitere dauerhafte Einschränkung dazu, kann beim Versorgungsamt ein Antrag auf Erhöhung des GdB gestellt werden.

Menschen mit Behinderungen, die einen GdB von mindestens 50 haben, gelten als schwerbehindert und können einen Schwerbehindertenausweis beantragen, in dem der GdB sowie ggf. Merkzeichen eingetragen sind.

2.2. Beispiel Gesichtsneuralgien

Gesichtsneuralgien (z.B. Trigeminusneuralgie)

GdB/GdS

leicht (seltene, leichte Schmerzen)

0–10

mittelgradig (häufigere, leichte bis mittelgradige Schmerzen, schon durch geringe Reize auslösbar)

20–40

schwer (häufige, mehrmals im Monat auftretende starke Schmerzen bzw. Schmerzattacken)

50–60

besonders schwer (starker Dauerschmerz oder Schmerzattacken mehrmals wöchentlich)

70–80

2.3. Beispiel Gefäßkrankheiten

Arterielle Verschlusskrankheiten, Arterienverschlüsse an den Beinen (auch nach rekanalisierenden Maßnahmen)

GdB/GdS

mit ausreichender Restdurchblutung, Pulsausfall ohne Beschwerden oder mit geringen Beschwerden (Missempfindungen in Wade und Fuß bei raschem Gehen) ein- oder beidseitig

0–10

mit eingeschränkter Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II:

 
  • Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 m

20

  • Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100–500 m

30–40

  • Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50–100 m

50–60

  • Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ohne Ruheschmerz

70–80

Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz (Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV) einseitig

80

Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke unter 50 m mit Ruheschmerz (Stadium III) einschließlich trophischer Störungen (Stadium IV) beidseitig

90–100

2.4. GdB bei weiteren Schmerzerkrankungen

GdB-Tabellen zu weiteren Erkrankungen, die mit chronischen Schmerzen verbunden sein können, finden Sie unter folgenden Artikeln:

Brustkrebs > Schwerbehinderung

CED > Schwerbehinderung

KHK > Schwerbehinderung

Migräne > Schwerbehinderung

Nierenerkrankungen > Schwerbehinderung

Parkinson > Schwerbehinderung

Prostatakrebs > Schwerbehinderung

Rheuma > Schwerbehinderung

Rückenschmerzen > Behinderung

3. Neue Schmerzkategorien: Primäre und sekundäre chronische Schmerzen

In der neuen ICD 11 (Internationale Klassifikation von Krankheiten) gibt es erstmals einen eigenen Bereich für chronische Schmerzen. Das ist noch nicht in die Versorgungsmedizin-Verordnung (s. oben) eingeflossen, aber es gibt bereits erste Hinweise in einer Leitlinie für Begutachtungen von Menschen mit chronischen Schmerzen, die auf die ICD 11 eingeht.

Die chronischen Schmerzen werden unterteilt in primäre und sekundäre chronische Schmerzen. Sekundäre Schmerzen sind Schmerzen, die vollständig oder teilweise auf Gewebeschäden (z.B. Verletzungen, Nervenschäden) zurückzuführen sind. Primäre chronische Schmerzen hingegen können nicht oder nur in geringem Maße durch körperliche Schädigungen erklärt werden.

3.1. GdB bei chronischen primären Schmerzen

Bewertet werden körperliche, psychische und soziale Faktoren, nicht einzeln, sondern in ihrem Zusammenwirken. Dabei geht es darum, wie sich die Schmerzen nachweisbar auf Aktivität und Teilhabe in allen Lebensbereichen auswirken.

3.2. GdB bei chronischen sekundären Schmerzen

Wenn Schmerzursachen bekannt sind, also z.B. Krankheiten oder körperliche Veränderungen, wird zuerst dafür ein GdB ermittelt. Liegen mehrere Ursachen vor, wird aber nicht einfach eine Summe aus den einzelnen GdB-Werten gebildet, sondern es wird zunächst der höchste Einzel-GdB-Wert angenommen. Dann wird geprüft, ob die weiteren Beeinträchtigungen die Person zusätzlich beeinträchtigen.

Dabei werden:

  • GdB-Werte von 10 nicht berücksichtigt und
  • GdB-Werte von 20 nur berücksichtigt, wenn sie zu einer wesentlichen Zunahme der Gesamtbeeinträchtigung führen.

Nur wenn sich die Auswirkungen der verschiedenen Krankheiten oder Veränderungen gegenseitig verstärken, wird der Gesamt-GdB-Wert höher als der höchste Einzel-GdB-Wert. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine zweite Erkrankung verhindert, dass man die Auswirkung der ersten Erkrankung mit dem höchsten GdB ausgleichen kann.

4. Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen

Wer vom Versorgungsamt einen GdB erhalten hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen beispielsweise folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen:

5. Tabellen Nachteilsausgleiche: GdB und Merkzeichen

Folgende Tabellen zum kostenlosen Download als PDF-Datei geben eine Übersicht über die Nachteilsausgleiche je nach GdB bzw. Merkzeichen:

GdB-abhängige Nachteilsausgleiche

Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche

6. Verwandte Links

Ratgeber Schmerz

Ratgeber Behinderungen

Leistungen für Menschen mit Behinderungen

Grad der Behinderung

Behinderung > Hilfe - Beratung - Adressen

Versorgungsamt

Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen

Chronische Schmerzen

Chronische Schmerzen > Behandlung und Rehabilitation

Chronische Schmerzen > Sport und Bewegung

Rückenschmerzen > Behinderung

Rückenschmerzen

Letzte Bearbeitung: 04.11.2023

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