Nierenerkrankungen > Schwerbehinderung

1. Das Wichtigste in Kürze

Bei Nierenschäden kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Der GdB richtet sich nach der Häufigkeit der Beschwerden und den Funktionseinschränkungen. Bei anerkannter Schwerbehinderung gibt es für Betroffene verschiedene Hilfen und Nachteilsausgleiche.

Bei schweren Nierenleiden können auch Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis eingetragen werden.

2. Allgemeines

Unterstützung und Hilfen für Menschen mit Behinderungen sind hauptsächlich im SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen geregelt. Nachfolgend Links zu den allgemeinen Regelungen:

3. Versorgungsmedizinische Grundsätze

Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen". Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des GdB bzw. des Grads der Schädigungsfolgen (GdS).

Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze können beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710" eingesehen oder heruntergeladen werden. Die Angaben zu Nierenschäden stehen hauptsächlich im Kapitel 12.1.

4. Anhaltswerte im Einzelnen

Die Beurteilung des GdB/GdS bei Schäden der Harnorgane basiert auf speziellen Untersuchungen und richtet sich nach dem Ausmaß der Störungen der inkretorischen und exkretorischen Nierenfunktion (das betrifft die Nierenausscheidungen in den Körper und nach außen) und/oder des Harntransports.

Daneben sind zu berücksichtigen:

  • die Beteiligung anderer Organe (z.B. Herz/Kreislauf, Zentralnervensystem, Skelettsystem),
  • die Aktivität eines Entzündungsprozesses,
  • die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und
  • die notwendige Beschränkung in der Lebensführung.

Nachfolgend wird der Begriff "Funktionseinschränkung der Nieren" verwendet. Er meint, dass Stoffe, die eigentlich mit dem Urin ausgeschieden werden müssten, in der Niere bleiben (Fachbegriff: Retention harnpflichtiger Substanzen).

4.1. Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere

 

GdB/GdS

Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere bei Gesundheit der anderen Niere

25

Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere bei Schaden der anderen Niere, ohne Einschränkung der Nierenfunktion, mit krankhaftem Harnbefund

30

Nierenfehlbildung (z.B. Erweiterung des Nierenhohlsystems bei Ureterabgangsstenose, Nierenhypoplasie, Zystennieren, Nierenzysten, Beckenniere), Nephroptose

 
  • ohne wesentliche Beschwerden und ohne Funktionseinschränkung

0–10

  • mit wesentlichen Beschwerden und ohne Funktionseinschränkung

20–30

Nierensteinleiden ohne Funktionseinschränkung der Niere

 
  • mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten

0–10

  • mit häufigeren Koliken, Intervallbeschwerden und wiederholten Harnwegsinfekten

20–30

Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion (z.B. Glomerulopathien, tubulointerstitielle Nephropathien, vaskuläre Nephropathien), ohne Beschwerden, mit krankhaftem Harnbefund (Eiweiß und/oder Erythrozyten- bzw. Leukozytenausscheidung)

0–10

 

 

GdB/GdS

Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion, mit Beschwerden rezidivierende Makrohämaturie, je nach Häufigkeit

10–30

Nephrotisches Syndrom

 
  • kompensiert (keine Ödeme)

20–30

  • dekompensiert (mit Ödemen)

40–50

  • bei Systemerkrankungen mit Notwendigkeit einer immunsuppressiven Behandlung

50

4.2. Nierenschäden mit Einschränkung der Nierenfunktion

 

 

GdB/GdS

Geringfügige Einschränkung der Kreatininclearance auf 50–80 ml/min bei im Normbereich liegenden Serumkreatininwerten

0

Nierenfunktionseinschränkung

 
  • leichten Grades (Serumkreatininwerte unter 2 mg/dl [Kreatininclearance ca. 35–50 ml/min], Allgemeinbefinden nicht oder nicht wesentlich reduziert, keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit)

20–30

  • leichten Grades (Serumkreatininwerte andauernd zwischen 2 und 4 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden wenig reduziert, leichte Einschränkung der Leistungsfähigkeit)

40

  • mittleren Grades (Serumkreatininwerte andauernd zwischen 4 und 8 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden stärker beeinträchtigt, mäßige Einschränkung der Leistungsfähigkeit)

50–70

  • schweren Grades (Serumkreatininwerte dauernd über 8 mg/dl, Allgemeinbefinden stark gestört, starke Einschränkung der Leistungsfähigkeit, bei Kindern keine normalen Schulleistungen mehr)

80–100

Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere

 
  • leichten Grades

40–50

  • mittleren Grades

60–80

  • schweren Grades

90–100

Notwendigkeit der Dauerbehandlung mit Blutreinigungsverfahren (z.B. Hämodialyse, Peritonealdialyse)

100

Bei allen Nierenschäden mit Funktionseinschränkungen sind Sekundärleiden (z.B. Bluthochdruck, ausgeprägte Anämie [Hb-Wert unter 8 g/dl], Polyneuropathie, Osteopathie) zusätzlich zu bewerten.

4.3. Nierentransplantation

 

GdB/GdS

Nach Nierentransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen 2 Jahre)

100

Nach der Heilungsbewährung ist der GdS entscheidend abhängig von der verbliebenen Funktionsstörung; unter Mitberücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression

mind. 50

4.4. Nierenkrebs

Nach Entfernung eines malignen Nierentumors oder Nierenbeckentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdB während einer Heilungsbewährung von 2 Jahren

GdB/GdS

  • nach Entfernung eines Nierenzellkarzinoms (Hypernephrom) im Stadium T1 N0 M0 (Grading G1)

50

  • nach Entfernung eines Nierenbeckentumors im Stadium Ta N0 M0 (Grading G1)

50

GdB während einer Heilungsbewährung von 5 Jahren nach Entfernung eines Nierenzellkarzinoms (Hypernephrom)

 
  • im Stadium (T1 [Grading ab G2], T2) N0 M0

60

  • in höheren Stadien

mind. 80

GdB während einer Heilungsbewährung von 5 Jahren nach Entfernung eines Nierenbeckentumors

 
  • im Stadium (T1 bis T2) N0 M0

60

  • in höheren Stadien

mind. 80

GdB während einer Heilungsbewährung von 5 Jahren nach Entfernung eines Nephroblastoms

 
  • im Stadium I und II

60

  • in anderen Stadien

mind. 80

 

Liegen mehrere Funktionsstörungen vor, so werden die einzelnen Werte nicht zusammengerechnet, sondern es werden die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit betrachtet und daraus ein Gesamtgrad der Behinderung festgelegt, der der Behinderung insgesamt gerecht wird.

Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich besonders nachteilig auswirken, wenn sie bei paarigen Organen, wie es die Nieren sind, bei beiden vorliegt. Das ist beim Grad der Behinderung entsprechend zu berücksichtigen.

5. Merkzeichen bei Nierenerkrankungen

5.1. Merkzeichen G bei Nierenerkrankungen

Die Eintragung des Merkzeichen G in den Schwerbehindertenausweis erfolgt bei Nierenerkrankungen, wenn eine chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie vorliegt. Es wird eingetragen, wenn die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist bzw. eine erhebliche Geh- und/oder Stehbehinderung vorliegt. Mit Merkzeichen G können z.B. öffentliche Verkehrsmittel kostenlos benutzt werden und Anspruch auf Fahrdienste und Kraftfahrzeughilfe bestehen.

5.2. Merkzeichen H bei Kindern

Kinder und Jugendliche bis zum 16. Geburtstag bekommen das Merkzeichen H (hilflos) im Schwerbehindertenausweis eingetragen, wenn sie

  • mit einer künstlichen Niere (Dialyse) behandelt werden.
  • eine Niereninsuffizienz haben, die für sich allein schon einen GdB von 100 bedingt.

6. Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen

Nierenerkrankungen schweren Grades bei Erwachsenen und mittleren Grades bei Kindern können dazu führen, dass Betroffene als schwerbehindert eingestuft werden. Als schwerbehindert gilt, wem vom Versorgungsamt ein GdB von mindestens 50 zugesprochen wurde. Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung können folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen:

7. Verwandte Links

Grad der Behinderung

Merkzeichen

Behinderung

Versorgungsamt

Nierenerkrankungen

Nierenerkrankungen > Finanzielle Hilfen

Nierenerkrankungen > Medizinische und berufliche Rehabilitation

Transplantation

Letzte Bearbeitung: 23.09.2024

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