Rückenschmerzen > Behinderung

1. Das Wichtigste in Kürze

Bei chronischen Rückenschmerzen kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am Leben teilhaben können, gibt es für sie sog. Nachteilsausgleiche.

2. GdB, Schwerbehinderung und Merkzeichen

2.1. Versorgungsmedizinische Grundsätze

Das Versorgungsamt, Amt für Soziale Angelegenheiten oder Amt für Soziales und Versorgung richtet sich bei der Feststellung des Grads der Behinderung (GdB) und der Merkzeichen nach den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen". Diese enthalten sog. Anhaltswerte über die Höhe des GdB bei verschiedenen Gesundheitsstörungen als Orientierungsrahmen. Sie gelten nicht starr, sondern letztlich zählt immer der Einzelfall.

Die Versorgungsmedizinverordnung mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen gilt auch für den sog. Grad der Schädigungsfolgen (GdS) bei der sozialen Entschädigung, z.B. für Gewaltopfer. Im Unterschied zum GdB geht es beim GdS nur um die Folgen eines bestimmten Ereignisses, z.B. einer Gewalttat. Näheres unter Grad der Behinderung.

2.2. Grundsätze der GdB-Feststellung

Beim GdB werden immer alle gesundheitlichen Probleme betrachtet, die ein Mensch hat. Es wird nicht der GdB verschiedener Erkrankungen zusammengezählt, sondern das Gesamtbild bewertet. Näheres unter Grad der Behinderung.

Verschlechtert sich nach der Feststellung des GdB der Gesundheitszustand oder kommt eine weitere dauerhafte Einschränkung dazu, kann beim Versorgungsamt die Erhöhung des GdB beantragt werden.

2.3. Schwerbehinderung

Menschen mit Behinderungen, die einen GdB von mindestens 50 haben, gelten als schwerbehindert und können einen Schwerbehindertenausweis beantragen, in dem der GdB sowie ggf. Merkzeichen eingetragen sind.

2.4. Praxistipp

Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage 2 (Versorgungsmedizinische Grundsätze) finden Sie in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/index.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".

3. Grad der Behinderung bei Rückenschmerzen

Rückenschmerzen sind in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht extra aufgeführt, weil Rückenschmerzen nur ein Symptom sind, das von verschiedenen Erkrankungen verursacht werden kann. Der GdB bei Rückenschmerzen hängt ab von

  • der Krankheit, welche die Rückenschmerzen verursacht,
    und
  • der Funktionseinschränkung, zu der die Krankheit führt. Mit Funktionseinschränkung ist gemeint, dass Betroffene nicht mehr alles machen können.

In den Tabellen der Versorgungsmedizin-Verordnung sind für bestimmte Krankheiten je nach Stärke der Funktionseinschränkung GdB-Werte angegeben. Dabei sind in der Regel auch schon die Schmerzen mitberücksichtigt.

Nur wenn nachgewiesen ist, dass die Schmerzen über das übliche Maß hinausgehen, können höhere Werte angesetzt werden.

3.1. Beispiel: Rückenschmerzen mit psychischer Ursache

Bei Rückenschmerzen wird oft eine psychische Ursache angenommen. Die Diagnose dafür lautet somatoforme Störung (körperliche Beschwerden ohne feststellbare organische Ursache). Dabei wird in der Regel ein GdB von 30–40 festgestellt.

3.2. Beispiel: Rückenschmerzen auf Grund von Wirbelsäulenschäden

Rückenschmerzen infolge von Wirbelsäulenschäden sind in Teil B 18.9 der Versorgungsmedizin-Verordnung aufgeführt und heißen dort "Wirbelsäulensyndrome":

Wirbelsäulenschäden

GdB/GdS

ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität*

0

mit geringen funktionellen Auswirkungen:

  • Verformung,
  • wiederkehrende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität* geringen Grades,
  • seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome

10

mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in 1 Wirbelsäulenabschnitt:

  • Verformung,
  • häufig wiederkehrende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität* mittleren Grades,
  • häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome

20

mit schweren funktionellen Auswirkungen in 1 Wirbelsäulenabschnitt:

  • Verformung,
  • häufig wiederkehrende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität* schweren Grades,
  • häufig wiederkehrende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome

30

mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in 2 Wirbelsäulenabschnitten

30–40

mit besonders schweren Auswirkungen, z.B.:

  • Versteifung großer Teile der Wirbelsäule
  • anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese (äußerlich angelegtes Hilfsmittel, das ähnlich wie ein Gipsverband wirkt), die 3 Wirbelsäulenabschnitte umfasst
  • schwere Skoliose (seitliche Krümmung der Wirbelsäule)

50–70

bei schwerster Belastungsunfähigkeit bis zur Geh- und Stehunfähigkeit

80–100

*Instabilität: Abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter körperlicher Belastung und daraus resultierende Weichteilveränderungen und Schmerzen.


Bei außergewöhnlichen Schmerzen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (= Lähmungen) ein GdB über 30 in Betracht kommen.

4. Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen

Wer vom Versorgungsamt einen GdB erhalten hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen:

  • Ab GdB 20: Pauschbetrag bei Behinderung (= Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer)
  • Weitere Steuervorteile bei Behinderung, Näheres unter Behinderung > Steuervorteile
  • Ab GdB 30: Hilfen und Nachteilsausgleiche im Beruf, z.B. besserer Kündigungsschutz und Zusatzurlaub, Näheres unter Behinderung > Berufsleben
  • Ab GdB 50: 2 Jahre früher ohne Abschläge in Altersrente, Näheres unter Altersrente für schwerbehinderte Menschen
  • Ab GdB 50 mit Schwerbehindertenausweis: Vergünstigte Eintritte z.B. in Museen und Theatern oder bei Konzerten, vergünstigte Mitgliedsbeiträge z.B. bei Automobilclubs
  • Wohngeld: Erhöhter Freibetrag für schwerbehinderte Menschen mit GdB 100 und/oder Pflegegrad und häuslicher Pflege

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle GdB-abhängigen Nachteilsausgleiche: Tabelle GdB-abhängige Nachteilsausgleiche.

Wenn eine Gehbehinderung vorliegt und deswegen das Merkzeichen G oder aG festgestellt wurde, sind folgende Nachteilsausgleiche möglich:

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle Nachteilsausgleiche bei Merkzeichen: Tabelle merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche

Menschen mit Behinderungen haben außerdem Anspruch auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, auch wenn bei ihnen (noch) kein GdB festgestellt wurde.

Beispiele:

5. Verwandte Links

Leistungen für Menschen mit Behinderungen

Grad der Behinderung

Versorgungsamt

Behinderung

Rückenschmerzen

Rückenschmerzen > Ursachen Diagnose Folgen

Rückenschmerzen > Behandlung

Rückenschmerzen > Finanzielle Hilfen

Rückenschmerzen > Reha und Rente

Arthrose > Schwerbehinderung

Chronische Schmerzen

 

 

Letzte Bearbeitung: 21.11.2024

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