Die stufenweise Wiedereingliederung (sog. Hamburger Modell) soll arbeitsunfähige Arbeitnehmende insbesondere nach längerer Krankheit schrittweise an die volle Arbeitsbelastung heranführen und so die Rückkehr an den Arbeitsplatz erleichtern. Während der stufenweisen Wiedereingliederung ist die versicherte Person noch krankgeschrieben. Deshalb haben Beschäftigte in stufenweiser Wiedereingliederung nach dem Ende der 6-wöchigen Lohnfortzahlung (= Entgeltfortzahlung) keinen Anspruch auf Gehalt oder Lohn, sondern die Arbeitgebenden können lediglich freiwillig etwas zahlen. Anspruch besteht hingegen auf Lohnersatzleistungen wie z.B. Verletztengeld vom Unfallversicherungsträger, Krankengeld von der Krankenkasse oder Arbeitslosengeld nach der sog. Nahtlosigkeitsregelung.
Betroffene, Ärzte, Arbeitgebende (z.B. Personalabteilung, Betriebsrat), Sozialdienste von Kliniken bzw. Reha-Einrichtungen oder Versicherungsträger (z.B. Agentur für Arbeit, Krankenkasse oder Rentenversicherung) bzw. der Medizinische Dienst (MD) können stufenweise Wiedereingliederung anregen.
Bei allen Kostenträgern müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Menschen mit Schwerbehinderung und ihnen gleichgestellte Beschäftigte haben im Gegensatz zu Beschäftigten ohne Schwerbehinderung unter Umständen einen Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers zur stufenweisen Wiedereingliederung:
Lehnt ein Arbeitgeber eine stufenweise Wiedereingliederung im Rahmen des sog. Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ab, wird es sehr schwer für ihn, später eine gerichtsfeste krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen. Schon deswegen werden viele Arbeitgeber der stufenweisen Wiedereingliederung zustimmen, zumindest wenn sie um diese rechtlichen Zusammenhänge wissen.
Oft wird Versicherten die stufenweise Wiedereingliederung nach einiger Zeit der Arbeitsunfähigkeit bei einem Arztbesuch vorgeschlagen.
In der Praxis findet stufenweise Wiedereingliederung meist erst nach dem Ende des 6-wöchigen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall statt. Denn erst dann haben sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Anspruch auf sog. Lohnersatzleistungen wie z.B. Verletztengeld oder Krankengeld.
Stufenweise Wiedereingliederung ist aber auch bereits innerhalb der ersten 6 Wochen der Arbeitsunfähigkeit möglich. Dann muss währenddessen das Gehalt bzw. der Lohn als Entgeltfortzahlung geleistet werden und es bestehen keine Ansprüche auf Finanzierung durch einen Kostenträger.
Stufenweise Wiedereingliederung kann im Anschluss an medizinische Rehabilitation oder auch parallel zu ambulanten Reha-Maßnahmen beginnen. Wenn Versicherte aus einer Reha-Einrichtung entlassen werden und arbeitsunfähig sind, muss die Reha-Einrichtung eine Checkliste zur stufenweisen Wiedereingliederung an die Krankenkasse und den Rentenversicherungsträger schicken, in der sie den (Nicht-)Bedarf und die (Nicht-)Einleitung der Wiedereingliederung dokumentiert. Betroffene können der Datenübermittlung an die Krankenkasse widersprechen. Sie bekommen zudem eine Kopie der Checkliste für die weiterbehandelnde Arztpraxis.
Innerhalb von 14 Tagen nach Ende der Reha-Maßnahme kann auch die Krankenkasse eine stufenweise Wiedereingliederung anregen, wenn sich in den Punkten der Checkliste eine Änderung ergeben hat.
Ab einer Arbeitsunfähigkeitsdauer von mehr als 6 Wochen wird bei jeder Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit geprüft, ob eine stufenweise Wiedereingliederung möglich ist. Ziel ist es, Versicherten mit länger andauernden Erkrankungen frühzeitig die Möglichkeit zu geben, wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.
Die ärztliche Beurteilung zur stufenweisen Wiedereingliederung kann von der versicherten Person auch abgelehnt werden. Die Zustimmung ist immer freiwillig.
Arbeitgebende müssen Beschäftigten, die länger als 6 Wochen krank waren, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Für die 6 Wochen werden alle Zeiten zusammengezählt, in denen Beschäftigte in den letzten 12 Monaten
Die stufenweise Wiedereingliederung kann Teil eines BEM sein.
Die Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung ist abhängig vom individuellen gesundheitlichen Zustand und kann jederzeit flexibel verkürzt oder verlängert werden. Es gibt keine gesetzliche Zeitbegrenzung, aber meist wird eine Dauer von 4–8 Wochen festgelegt. Eine Dauer von mehr als 6 Monaten ist unüblich.
Damit die stufenweise Wiedereingliederung stattfinden kann, müssen sowohl die versicherte Person als auch der Arbeitgeber einem sog. Wiedereingliederungsplan zustimmen, der die genauen Bedingungen der Wiedereingliederung regelt. Der Plan wird von allen Beteiligten gemeinsam erstellt. Federführend können z.B. sein: ein Arzt, die Sozialberatung, der Reha-Träger oder die unabhängige Teilhabeberatung.
Der Wiedereingliederungsplan enthält folgende Angaben:
Der Wiedereingliederungsplan muss flexibel sein und bei Bedarf angepasst werden, z.B. was die Dauer, die Stufen und die tägliche Arbeitszeit angeht. Das wird bei den regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen überprüft, welche die Wiedereingliederung begleiten müssen.
Findet stufenweise Wiedereingliederung innerhalb der ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit statt, braucht es meistens keinen Kostenträger. Denn in dieser Zeit muss der Arbeitgeber der arbeitsunfähigen Person meist Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten (auch Lohnfortzahlung genannt). Das bedeutet, dass weiterhin das Gehalt oder der Lohn in der bisherigen Höhe überwiesen wird.
Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Beim Kostenträger geht es vor allem um die Frage, wer Wiedereinzugliedernde mit sog. Entgeltersatzleistungen (auch Lohnersatzleistungen genannt) nach dem Ende der Entgeltfortzahlung finanziell absichert:
Zusätzlich kommen im Zuge der Wiedereingliederung weitere Reha-Leistungen in Betracht, z.B. ergänzende Leistungen zur Reha oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Näheres unter Berufliche Reha. Zuständig ist dann der jeweilige Träger der Wiedereingliederung, nur bei Arbeitsassistenz ist immer das Integrationsamt oder Inklusionsamt zuständig.
Falls Arbeitgebende während der Maßnahme freiwillig Arbeitsentgelt entrichten, wird dieses angerechnet und führt zu Kürzungen bzw. zum Wegfall der Entgeltersatzleistung. Es besteht allerdings keine Zahlungspflicht für Arbeitgebende.
Der Anspruch auf Entgeltersatzleistungen besteht auch, wenn die stufenweise Wiedereingliederung scheitert.
Krankenkassen, Agentur für Arbeit, Unfallversicherungsträger oder Rentenversicherungsträger, Sozialberatung der Reha-Klinik, behandelnder Arzt, Arbeitgeber (insbesondere Stellen wie betriebliches Eingliederungsmanagement, Sozialberatung oder Gesundheitsmanagement).
Berufliche Reha > Rahmenbedingungen
Rechtsgrundlagen: