Bei einer koronaren Herzkrankheit (KHK) kann vom Versorgungsamt auf Antrag ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden, insbesondere wenn die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Der GdB richtet sich nach dem Ausmaß der Leistungseinschränkung. Erst ab einem GdB von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor und es kann ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt werden. Aber schon ab einem GdB von 20 kann die Feststellung zu einer Steuerersparnis führen und ab einem GdB von 30 zu Hilfen und Nachteilsausgleichen im Berufsleben.
Das Versorgungsamt, Amt für Soziale Angelegenheiten oder Amt für Soziales und Versorgung richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" (= Anlage 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung). Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des Grads der Behinderung (GdB). Die Anhaltswerte sind nur ein Orientierungsrahmen, während die GdB-Feststellung immer eine Einzelfallentscheidung ist. Sie können beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der Versorgungsmedizin-Verordnung unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710" eingesehen werden.
Für die GdB-Feststellung kommt es darauf an, wie sehr die Herzkrankheit die Leistungsfähigkeit einschränkt, weniger auf die Art der Herzkrankheit. Das Amt beurteilt den GdB zunächst nach den Symptomen (klinisches Bild), und den Funktionseinschränkungen im Alltag. Ergometerdaten und andere Messergebnisse ergänzen das klinische Bild als Richtwerte. Aus EKG-Abweichungen allein ergibt sich nicht, ob und wie stark die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Die Anhaltswerte für den GdB bei Herz- und Kreislaufkrankheiten stehen in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen ab Kapitel 9.
Einschränkung der Herzleistung |
GdB |
keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Anzeichen von Schwäche wie Atemnot, Schmerzen in der Brust) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z.B. sehr schnelles Gehen mit 7-8 km/h, schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung; bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine beschleunigte Atmung (Tachypnoe), kein Schwitzen |
0-10 |
Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen mit 5-6 km/h, mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten krankheitswertiger (= pathologischer) Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt* (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Kurzatmigkeit und beschleunigte Atmung (Tachy- und Dyspnoe), leichte Blaufärbung der Haut (Zyanose), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht, keine Organveränderungen wegen Rückstau von Blut (Stauungsorgane) |
20-40 |
Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Spazierengehen mit 3-4 km/h, Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt* (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, wiederkehrende Atemwegsinfekte (rezidivierende pulmonale Infekte), herzbedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht |
50-70 |
... mit gelegentlich auftretenden, vorübergehend schweren Dekompensationserscheinungen (= Anzeichen, dass der Körper die Herzschwäche nicht mehr ausgleichen kann, z.B. geschwollene Beine (Ödeme), starke schnelle Gewichtszunahme, Atemnot) |
80 |
Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe: Herzschwäche in Ruhe (Ruheinsuffizienz), z.B. auch bei erhöhtem Blutdruck in der Lungenschlagader, der sich nicht mehr zurückbilden kann, (fixierter pulmonaler Hypertonie); bei Kindern und Säuglingen auch hypoxämische Anfälle (= lebensbedrohliches plötzliches Blauwerden mit Atemnot bzw. schnellem Atmen), deutliche Stauungsorgane, kardiale Dystrophie (herzbedingte mangelnde Gewichtszunahme) |
90-100 |
*Die für Erwachsene angegebenen Wattzahlen sind auf mittleres Lebensalter und Belastung im Sitzen bezogen. |
Liegen weitere objektive Messwerte zur Leistungsbeurteilung vor, muss das Amt diese entsprechend berücksichtigen. Das Amt muss es genauso wie eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit bewerten, wenn ein Mensch sich wegen der Krankheit nur begrenzt körperlich belasten darf, z.B. bei höhergradiger Aortenklappenstenose (häufigster Herzklappenfehler) oder hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie (erbliche Herzmuskelkrankheit).
Weitere Anhaltswerte für Einschränkung der Herzleistung sind:
Rhythmusstörungen |
|
Anfallsweise auftretende Rhythmusstörungen mit Auswirkungen auf den Blutfluss (hämodynamisch relevant), (z.B. paroxysmale Tachykardien (Anfallsartige starke Beschleunigung des Herzschlags), je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung ... |
GdB |
... bei fehlender andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzens. Bestehende andauernde Leistungsbeeinträchtigungen des Herzens sind entsprechend zusätzlich zu bewerten. |
10 - 30 |
... nach Implantation eines Herzschrittmachers |
10 |
... nach Implantation eines Kardioverter-Defibrillators (Gerät, das lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen erkennt und behebt) |
mindestens 50 |
... bei ventrikulären tachykarden Rhythmusstörungen (zusätzliche Herzschläge aus den unteren Herzkammern) im Kindesalter ohne Implantation eines Kardioverter-Defibrillators |
mindestens 60 |
Mit einem festgestellten GdB kommen folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Betracht:
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle GdB-abhängigen Nachteilsausgleiche: GdB-abhängige Nachteilsausgleiche
Schwere Herzschäden können zu einer Gehbehinderung führen. Dabei kann auf Antrag das Merkzeichen G oder aG im Schwerbehindertenausweis eingetragen werden. Damit sind folgende Nachteilsausgleiche möglich:
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle Nachteilsausgleiche bei Merkzeichen: Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche
Menschen mit Behinderungen haben außerdem Anspruch auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, auch wenn bei ihnen (noch) kein GdB festgestellt wurde.
Beispiele:
Ratgeber Koronare Herzkrankheit