Das Wichtigste in Kürze
Krankengeld erhalten Versicherte meist, wenn sie länger als 6 Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben sind. Bei Zahlung anderer Leistungen, z.B. Arbeitslosengeld oder Elterngeld, kann der Anspruch auf Krankengeld ruhen. Wer eine Rente bezieht, kann daneben kein oder nur ein gekürztes Krankengeld bekommen, außer bei bestimmten Renten wie z.B. einer Teilrente oder teilweisen Erwerbsminderungsrente, wenn die Rente schon vor der Krankschreibung bezogen wurde. Nach 78 Wochen (inklusive der ersten 6 Wochen mit Lohnfortzahlung) endet das Krankengeld. Dieses Auslaufen des Krankengelds heißt Aussteuerung.
Details zu Anspruch und Dauer des Krankengelds unter Krankengeld, Details zur Höhe unter Krankengeld > Höhe.
Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld
(§ 49 SGB V)
Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld bedeutet:
Betroffene können zwar tatsächlich kein Krankengeld bekommen, aber gelten rein rechtlich trotzdem als Menschen mit Anspruch auf Krankengeld. Dabei wird also kein Krankengeld gezahlt, aber die Zeit wird trotzdem auf die Bezugszeit des Krankengelds von höchstens 78 Wochen angerechnet.
In den ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit besteht meist ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung (= Lohnfortzahlung) vom Arbeitgeber. Währenddessen ruht der Anspruch auf Krankengeld. Deshalb bekommen die meisten Menschen Krankengeld statt 78 Wochen nur höchstens 72 Wochen lang.
Der Anspruch auf Krankengeld ruht
- bei Erhalt von (mehr als einmalig gezahltem) Arbeitsentgelt, insbesondere während der Entgeltfortzahlung in den ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit.
- bei Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz bis zum 3. Geburtstag eines Kindes.
Ausnahmen:- Beginn der Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Elternzeit
- Krankengeld, das aus einer versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit errechnet wird
- bei Bezug von Krankengeld der sozialen Entschädigung, Krankengeld der Soldatenentschädigung, Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld oder vergleichbaren ausländischen Entgeltersatzleistungen.
- bei Bezug von Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld, auch wenn der Anspruch wegen einer Sperrzeit ruht.
- solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet ist (Meldefrist bis zu einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit). Kassenärzte sind verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit ihrer Patienten direkt elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln, Näheres siehe Arbeitsunfähigkeit. Falls es bei der Übermittlung zu Verzögerungen kommt, kann der Patient dafür nicht verantwortlich gemacht werden.
- während einer Freistellungsphase auf Grund einer Vereinbarung über flexible Arbeitszeiten, in der keine Arbeitsleistung fällig ist.
- in den ersten 6 Wochen einer Krankschreibung, wenn unselbstständig Beschäftigte ohne Ansprüche aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz nur auf Grund einer sog. Wahlerklärung eine Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch haben. Das betrifft Beschäftigte, die immer nur für kurze Einsätze befristet beschäftigt sind, z.B. in den Bereichen Theater oder Film.
- in der Zeit, bis die nächste Krankschreibung die Krankenkasse erreicht hat, bei Menschen, die eigentlich Krankengeld beziehen, aber mit Lücken von bis zu 1 Monat krankgeschrieben waren. Sie sollen zwar in den Lücken kein Krankengeld bekommen, aber trotzdem nicht gleich ihren ganzen Krankengeldanspruch und auch nicht die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung verlieren. Damit die Betroffenen nicht aus der Pflichtversicherung fallen, müssen sie rechtlich als Menschen mit Anspruch auf Krankengeld gelten, obwohl sie tatsächlich kein Krankengeld bekommen.
Ausschluss von Krankengeld
(§§ 50, 52a SGB V)
Krankengeld ist ausgeschlossen bei Bezug folgender Leistungen:
- Vollrenten wegen Alters, also bei:
- Regelaltersrente
- Altersrente für langjährig Versicherte
- Altersrente für besonders langjährig Versicherte
- Altersrente für schwerbehinderte Menschen
- Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit
- Altersrente für Frauen
- Voller Erwerbsminderungsrente
- Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Grundsätzen
- Vorruhestandsgeld
- Vergleichbaren Renten und Ruhegehältern aus dem Ausland oder aus DDR-Zeiten
Am Tag der Bewilligung der Rente, des Ruhegehalts oder des Vorruhestandsgelds endet der Anspruch auf Krankengeld. Es kommt nicht darauf an, wann das Geld ausgezahlt wird.
Wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird, können sich Anspruchszeiträume für Krankengeld und Rente theoretisch überschneiden. Die Krankenkasse und der Rentenversicherungsträger rechnen dann direkt miteinander ab. War das Krankengeld niedriger als der Rentenanspruch für den Zeitraum, erhalten Versicherte den Differenzbetrag als Ausgleichszahlung vom Rentenversicherungsträger. War das bezogene Krankengeld höher als der Rentenanspruch, darf der Differenzbetrag behalten werden.
Kürzung des Krankengelds
(§ 50 SGB V)
Bei bestimmten Renten wird das Krankengeld um die Höhe der ausgezahlten Rente gekürzt, wenn die Leistung erst nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung zuerkannt wird:
- bei einer Altersrente als Teilrente
- bei einer teilweisen Erwerbsminderungsrente
- bei folgenden Leistungen aus der Alterssicherung der Landwirte: Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder Landabgabenrente
- bei einer Knappschaftsausgleichsleistung,
- bei einer Rente für Bergleute,
- bei einer Leistung aus dem Ausland oder aus DDR-Zeiten, die mit diesen Leistungen vergleichbar ist
Steht die Rente der versicherten Person schon vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder schon am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit zu, gibt es keine Kürzung – auch wenn sie erst später rückwirkend bewilligt wird.
Wegfall des Krankengelds, Antrag auf Reha-Maßnahmen
(§ 51 SGB V)
Die Krankenkasse kann jede bei ihr versicherte Person zu einem Reha-Antrag innerhalb einer Frist von 10 Wochen auffordern, wenn die folgenden 2 Voraussetzungen erfüllt sind:
- Der behandelnde Arzt oder der Medizinische Dienst (MD) schätzt die Erwerbsfähigkeit der versicherten Person als erheblich gefährdet oder gemindert ein.
- Der Arzt oder der MD hat das der Krankenkasse mitgeteilt.
Kommt die versicherte Person der Aufforderung zum Reha-Antrag nicht fristgerecht nach, entfällt mit Ablauf der Frist der Anspruch auf Krankengeld. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf. Die Zeit, in der kein Krankengeld gezahlt wurde, weil der Anspruch entfallen ist, wird nicht auf die Höchstdauer des Krankengeldanspruchs von 78 Wochen angerechnet. Betroffene schieben ihren Anspruch dabei also nur auf.
Die Erwerbsfähigkeit gilt im Reha-Recht auch dann schon als gemindert, wenn noch keine Erwerbsminderung nach dem Rentenrecht vorliegt, Näheres zu den unterschiedlichen Definitionen im Reha- und Rentenrecht unter Berufliche Reha > Rahmenbedingungen. Eine Reha muss deshalb oft auch beantragen, wer keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente hat.
Häufig kontaktieren die Krankenkassen Ärzte gezielt mit der Frage zur Erwerbsfähigkeit, um den weiteren Rehabilitationsbedarf abzuklären.
Achtung: Der Rentenversicherungsträger kann nach Prüfung des Reha-Antrags auch zu der Erkenntnis kommen, dass Reha-Maßnahmen keine Aussicht auf Erfolg (Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit) mehr haben, und den Antrag auf Reha-Maßnahmen dann direkt in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente umwandeln (Umdeutung).
Dadurch kann es zu einer Zwangsverrentung in eine Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) kommen. Der Bezug einer EM-Rente führt dazu, dass das Krankengeld endet und geht meist mit weiteren finanziellen Nachteilen einher, z.B. mit einer dauerhaft niedrigeren Altersrente. Betroffene können die Zwangsverrentung aber oft herauszögern oder verhindern, Näheres unter Zwangsverrentung > EM-Rente und Altersrente.
Manchmal ist eine Aufforderung zum Reha-Antrag rechtswidrig, z.B. wenn
- die betroffene Person keine Gelegenheit bekommen hat, ihre eigene Sicht dazu mitzuteilen (= fehlende Anhörung).
- die Krankenkasse ihr Ermessen nicht oder nicht richtig ausgeübt hat. Ermessen ausüben bedeutet: alle wichtigen Umstände des Einzelfalls sorgfältig abwägen.
Gegen eine Aufforderung zum Reha-Antrag können Betroffene sich wehren:
- mit einem kostenfreien Widerspruch
- wenn der Widerspruch abgelehnt wird: mit einer kostenfreien Klage
- wenn das zu lange dauern würde: mit einem Eilverfahren
Widerspruch und Klage können ohne anwaltliche Hilfe eingelegt werden. Aus Gründen der „Chancengleichheit“ ist es aber sinnvoll, sich anwaltlich beraten und vertreten zu lassen. Wer die Kosten dafür nicht aufbringen kann, kann Beratungshilfe und ggf. Prozesskostenhilfe beantragen.
Während eines Widerspruchsverfahrens und ggf. Klageverfahrens muss die versicherte Person in der Regel keinen Reha-Antrag stellen, weil Widerspruch und Klage aufschiebende Wirkung haben. Das Krankengeld muss also zunächst weitergezahlt werden.
Praxistipps
- Die Broschüre „Die Aufforderung der Krankenkasse zum Antrag auf Rehabilitation verstehen“ beschreibt anhand konkreter Fallbeispiele die Konsequenzen der Aufforderung zu Reha-Maßnahmen für Betroffene. Die Broschüre wurde von der Deutschen Krebsgesellschaft herausgegeben, kostenloser Download unter www.krebsgesellschaft.de > Deutsche Krebsgesellschaft > Wir über uns > Organisation > Sektion B/AGs/Einzelmitglieder > ASO-Arbeitsgemeinschaft Soziale Arbeit in der Onkologie.
- Sind Sie unsicher, wie Sie bei einer solchen Aufforderung vorgehen sollen, kann sich eine Beratung lohnen, z.B. durch einen Sozialdienst eines Krankenhauses, einer Rehaklinik oder eines Sozialverbands.
Aussteuerung: Ende des Krankengelds nach Höchstbezugsdauer
Wird der Anspruch auf Krankengeld (78 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung) ausgeschöpft, wird kein Krankengeld mehr gezahlt. Ist die versicherte Person noch immer arbeitsunfähig, endet zugleich ihre Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (sog. Aussteuerung).
Die Krankenkasse informiert das Mitglied rund 2 Monate vor der Aussteuerung über die Möglichkeit, den Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu erklären. Liegt innerhalb von 2 Wochen keine Austrittserklärung vor, wird die versicherte Person automatisch am Tag nach der Aussteuerung als freiwilliges Mitglied weiterversichert (obligatorische Anschlussversicherung, § 188 Abs. 4 SGB V). Besteht Anspruch auf Familienversicherung, hat diese Vorrang vor der freiwilligen Versicherung.
Praxistipps zur Aussteuerung
- Wenn Sie nicht als freiwilliges Mitglied weiterversichert werden möchten, müssen Sie innerhalb der 2-Wochen-Frist Ihren Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung erklären und einen anderweitigen Anspruch auf nahtlose Absicherung im Krankheitsfall nachweisen, z.B. eine private Krankenversicherung.
- Solange der Rentenversicherungsträger nicht festgestellt hat, dass eine volle Erwerbsminderung vorliegt, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen nach der Aussteuerung Anspruch auf Arbeitslosengeld haben:
- Sie sind zwar für Ihre bisherige Tätigkeit arbeitsunfähig, aber können noch irgendeine andere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben, mit der Sie die Arbeitslosigkeit beenden können,
oder - Sie sind zwar voll erwerbsgemindert (unter 3 Stunden arbeitsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt), aber von der Rentenversicherung wurde das (noch) nicht festgestellt. Diese Ausnahme, dass voll Erwerbsgeminderte Arbeitslosengeld erhalten, wird Nahtlosigkeitsregelung genannt. Näheres unter Arbeitslosengeld > Nahtlosigkeit und Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit.
- Sie sind zwar für Ihre bisherige Tätigkeit arbeitsunfähig, aber können noch irgendeine andere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben, mit der Sie die Arbeitslosigkeit beenden können,
- Beziehen Sie nach der Aussteuerung Arbeitslosengeld, können Sie Ihren ursprünglichen Krankenversicherungsschutz erhalten. Die Beiträge zur Krankenversicherung zahlt die Agentur für Arbeit.
Leistungsbeschränkungen beim Krankengeld
(§ 52 SGB V)
Unter bestimmten Voraussetzungen liegt es im Ermessen der Krankenkasse, Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer der Krankheit zu versagen oder zurückzufordern.
Voraussetzungen
Die Krankheit beruht auf
- vorsätzlicher Selbstschädigung (z.B. Selbstverstümmelung, Beteiligung an Schlägerei)
- einem von der versicherten Person begangenen Verbrechen (drohende Mindeststrafe ab 1 Jahr Freiheitsstrafe)
- einem vorsätzlichen Vergehen (drohende Mindeststrafe ist eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe unter 1 Jahr)
- einer medizinisch nicht indizierten Maßnahme, z.B. einer Schönheits-OP, einer Tätowierung oder einem Piercing (hier kein Ermessen, sondern Verpflichtung der Krankenkasse, das Krankengeld zu beschränken)
Maßgebliche Kriterien dieser Ermessensausübung
- War es z.B. Absicht, oder hat die Person die Verletzung nur hingenommen? Wusste die Person sicher, dass sie arbeitsunfähig werden wird, oder hat sie es nur für möglich gehalten?
- Wieviel müsste die Krankenkasse zahlen?
- Wieviel Geld hat die versicherte Person?
Wer hilft weiter?
Krankenkassen, Unabhängige Teilhabeberatung, Sozialberatung in Krankenhäusern und Rehakliniken oder bei Wohlfahrtsverbänden, z.B. Caritas oder Diakonie, die Rentenversicherungsträger.
Verwandte Links
Arbeitslosengeld > Nahtlosigkeit
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit
Fallbeispiel: Krankengeld und Arbeitslosengeld Erkrankung vor Beginn der Altersrente
Rechtsgrundlagen: §§ 49–52a SGB V