Frührehabilitation

1. Das Wichtigste in Kürze

Frührehabilitation ist Rehabilitation während einer Krankenhausbehandlung und wird bei medizinischer Notwendigkeit z.B. von der Krankenkasse oder Unfallversicherung finanziert. Sie kann bei der akutstationären Behandlung in Allgemeinkrankenhäusern durchgeführt werden, findet aber häufiger erst nach einer Verlegung in eine Spezialklinik statt. Ziele sind insbesondere eine frühzeitige Mobilisierung, Vermeiden späterer Komplikationen sowie Klären und Planen weiterer Reha- und Versorgungsmaßnahmen. In der Praxis finden Frührehabilitation und anschließende weitere Rehabilitation oft nahtlos in der selben Klinik statt, aber für Frührehabilitation gelten andere Gesetze als für die weitere Rehabilitation. Dadurch kann sich zwischenzeitlich der Kostenträger ändern.

2. Voraussetzungen für Frührehabilitation

Menschen mit schweren Gesundheitsstörungen (z.B. nach Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-Stillstand) erhalten Leistungen der Frührehabilitation, wenn diese notwendig sind. Leistungen der Frührehabilitation sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzen, um Spätfolgen so gering wie möglich zu halten und die Fähigkeiten der Betroffenen besser erhalten zu können.

2.1. Frührehabilitation als Teil neurologischer Rehabilitation

Besonders bei neurologischen Erkrankungen (z.B. Hirnblutung, operative Entfernung eines Hirntumors, schwerer Schub bei Multipler Sklerose) ist Frührehabilitation ein häufiger Bestandteil der Behandlung. Neurologische Reha wird in folgende Phasen unterteilt:

Phase  
A Akutbehandlung (z.B. Operation)
B Frührehabilitation
C Weiterführende Rehabilitation
D Anschlussrehabilitation
E Berufliche Rehabilitation und Nachsorge
F Dauerhafte Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und/oder Pflege bei anhaltender Behinderung und/oder Pflegebedürftigkeit

 

Näheres unter Rehabilitation > Phasen A bis F.

Aus rechtlicher Sicht findet Frührehabilitation nur in der Phase B statt. Dabei benötigen Patienten in der Regel noch eine intensivmedizinische Behandlung, das heißt, sie müssen z.B. beatmet werden. In Phase C können sie bei der Therapie schon mitarbeiten, müssen jedoch weiterhin medizinisch betreut und gepflegt werden. In Phase C gelten schon die Gesetze für die Rehabilitation, nicht mehr die für die Frührehabilitation.

In der Praxis findet aber die Rehabilitation in der Phase C üblicherweise in der selben Spezialklinik für Frührehabilitation statt, wie die Frührehabilitation in der Phase B. Die Patienten bemerken also von der Änderung der rechtlichen Einordnung oft nichts. In manchen Fällen ist die unterschiedliche rechtliche Einordnung aber wichtig, weil teilweise beim Wechsel von Phase B in Phase C ein anderer Kostenträger zuständig wird, z.B. die Rentenversicherung statt der Krankenversicherung oder der Träger der Eingliederungshilfe statt des Trägers der Sozialhilfe (siehe unten unter Kosten der Frührehabilitation).

Je nachdem, wie stark bleibende Einschränkungen sind, können Betroffene im Anschluss z.B. durch eine Anschlussrehabilitation wieder fitter für ihren Alltag werden, durch berufliche Reha-Maßnahmen wieder ins Berufsleben eingegliedert werden und bei anhaltender Behinderung Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie bei Pflegebedürftigkeit Pflegeleistungen bekommen (z.B. Pflegegeld, Tages- und Nachtpflege).

2.2. Abgrenzung zwischen Frührehabilitation und Rehabilitation

Die Reha der Phase C und die Anschlussrehabilitation zählen zur medizinischen Rehabilitation. Sie findet statt,

  • wenn kein akutmedizinischer Behandlungsbedarf (mehr) besteht und deshalb die Behandlung im Akutkrankenhaus nicht (mehr) notwendig ist. Die Patienten sind bereits frühmobilisiert und selbsthilfefähig.
  • bei Rehabilitationsbedürftigkeit und -fähigkeit.
  • bei positiver Rehabilitationsprognose.

 

Wenn Frührehabilitation in Frage kommt, liegen dagegen meist noch schwere Bewusstseinsstörungen und/oder Hirnschädigungen vor. Die Betroffenen sind voll von pflegerischer Hilfe abhängig und zu Beginn der Frühreha-Maßnahmen kaum zu kooperativer Mitarbeit fähig.

Frührehabilitation kann demzufolge durchgeführt werden bei

  • vordringlich bestehendem akutstationären Behandlungsbedarf und gleichzeitigem Rehabilitationsbedarf.
  • erheblich eingeschränkter Rehabilitationsfähigkeit.
  • unsicherer Rehabilitationsprognose.

Die Frührehabilitation gehört rechtlich gesehen zur Krankenhausbehandlung.

Weil die Abgrenzung in der Praxis schwierig ist, aber für die Frage wichtig ist, welcher Kostenträger zahlen muss, gibt es die Einteilung in die Phasen A-F (siehe oben).

2.3. Indikationen für Frührehabilitation

Frührehabilitation wird in der Regel schon begonnen, wenn Patienten noch bewusstlos sind oder Bewusstseinsstörungen bzw. andere schwere Funktionseinschränkungen haben. Sie wird z.B. bei folgenden Indikationen durchgeführt:

  • Hirnblutungen und Hirninfarkte
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Schlaganfall
  • Schäden des zentralen Nervensystems (= Gehirn und Rückenmarks) und peripheren Nervensystems (= Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks)
  • Tumore des Gehirns oder des Rückenmarks
  • Zustand nach hypoxischen (= durch schweren Sauerstoffmangel im Gehirn verursachten) Hirnschädigungen einschließlich Wachkomapatienten
  • Akute Verschlechterung bei Multipler Sklerose
  • Covid-19 (insbesondere nach Langzeitbeatmung und bei sehr schlechtem Allgemeinzustand), Informationen zu Langzeitfolgen unter Long Covid - Post Covid > Langzeitfolgen Coronainfektion

3. Maßnahmen und Ziele der Frührehabilitation

Maßnahmen der Frührehabilitation sind z.B.:

  • Frühmobilisation
  • Sprach- und Sprechtherapie
  • Kau-, Schluck- und Esstraining
  • Förderung der Motorik und Sensorik
  • Beratung und ggf. Anleitung und Betreuung der Angehörigen

 

Ziele der Frührehabilitation sind z.B.:

  • Verbessern des Bewusstseinszustands sowie der Fähigkeiten zur Kommunikation und Kooperation
  • Verhindern weiterer Komplikationen
  • Mindern von Schädigungen und Schädigungsfolgen
  • Vermeiden oder Verringern einer Behinderung bzw. einer Pflegebedürftigkeit
  • Klären des Reha-Bedarfs und ggf. Einleiten weiterer Reha-Maßnahmen

4. Besonderheiten der Frührehabilitation

Bei der Frührehabilitation arbeitet ein multiprofessionelles Team (z.B. Ärzte, Pflegekräfte und Physiotherapeuten) eng zusammen. Besondere Bedeutung hat die Pflege als Teil der Therapie. Die Basispflege umfasst die Körperpflege, die Hygiene, das Umlagern und das Bewegen. Das soll vor allem Lungenentzündungen, Thrombosen, Druckgeschwüren und Spastiken vorbeugen. Eine wichtige Rolle spielen auch aktivierende Reha-Maßnahmen (z.B. Sprechtherapie, Motorik-Training), um schon im frühen Stadium der Behandlung Funktionseinschränkungen bestmöglich entgegenzuwirken.

5. Kosten der Frührehabilitation

Die Kosten für Frührehabilitation übernimmt meistens die Krankenkasse, aber die Krankenversicherten müssen pro Tag 10 € für den Krankenhausaufenthalt oder Aufenthalt in der Rehaeinrichtung zuzahlen, Näheres unter Zuzahlungen Krankenversicherung. Wer schon hohe Zuzahlungen geleistet hat, kann sich bei Überschreiten der sog. Belastungsgrenze von weiteren Zuzahlungen befreien lassen, Näheres unter Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung.

In manchen Fällen ist nicht die Krankenversicherung zuständig:

Für Reha nach der Frührehabilitation (bei neurologischer Rehabilitation ab Phase C) sind die sog. Rehabilitationsträger zuständig. Dazu gehören neben den Krankenkassen, Unfallversicherungsträgern und Trägern der sozialen Entschädigung auch die Rentenversicherungsträger, die Agenturen für Arbeit (für berufliche Reha), die Träger der Eingliederungshilfe und die Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Näheres unter Rehabilitation > Zuständigkeit.

6. Wie lange dauert Frührehabilitation?

Die Frührehabilitation dauert unterschiedlich lange, aber höchstens so lang, wie neben der Rehabilitation auch eine Krankenhausbehandlung nötig ist.

Wenn keine Krankenhausbehandlung mehr erforderlich ist, wird die Rehabilitation meist weitergeführt, aber ist dann aus rechtlicher Sicht keine Frührehabilitation mehr, sondern medizinische Rehabilitation und/oder berufliche Rehabilitation. Das bedeutet, dass dann andere Gesetze für die Finanzierung gelten (siehe oben).

7. Wer hilft weiter?

Frührehabilitation wird direkt im Krankenhaus verschrieben und durchgeführt, so dass kein Antrag nötig ist. Bei Anträgen auf Rehabilitation nach der Krankenhausbehandlung helfen die Sozialdienste und Sozialberatungen der Kliniken.

Fragen zur Finanzierung von Frührehabilitation beantworten die Kostenträger, also die Krankenkassen, Unfallversicherungsträger, Träger der sozialen Entschädigung, oder das Sozialamt.

8. Verwandte Links

Rehabilitation

Medizinische Rehabilitation

Rehabilitation > Phasen

Anschlussrehabilitation

Schädel-Hirn-Trauma

Schlaganfall > Rehabilitation

 

Rechtsgrundlagen:

  • Krankenversicherung: § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V
  • Krankenhilfe (Sozialhilfe): § 48 S. 1 SGB XII i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V
  • Unfallversicherung: § 33 SGB VII
  • Soziale Entschädigung: § 42 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V

Letzte Bearbeitung: 01.10.2024

{}Frührehabilitation{/}{}{/}