Außerklinische Intensivpflege

1. Das Wichtigste in Kürze

Bei der außerklinischen Intensivpflege (AKI) werden Patienten, die beatmet werden müssen, zu Hause, in einer Pflege-WG oder einem Heim betreut. Diese Versorgung wird von spezialisierten Pflegekräften und Fach- oder Hausärzten erbracht. Sie zählt zur medizinischen Behandlungspflege und wird von der Krankenkasse bezahlt.

Die außerklinische Intensivpflege findet außerhalb einer Klinik statt und wird oft auch als "ambulante Intensivpflege" bezeichnet. Sie kann zu Hause oder in stationären Einrichtungen wie Pflegeheimen oder Heimen für Menschen mit Behinderungen erfolgen.

2. Wann zahlt die Krankenkasse für AKI?

Die Patienten müssen einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben, damit die Kosten übernommen werden. Dies ist der Fall, wenn jederzeit eine lebensbedrohliche Situation eintreten kann, in der sofort ärztliche oder pflegerische Hilfe notwendig ist. Daher muss ständig eine geeignete Pflegefachkraft anwesend sein oder ein vergleichbar intensiver Einsatz erfolgen. Gleichzeitig sind die Patienten in einem so stabilen Zustand, in dem eine akute Klinikbehandlung nicht mehr notwendig ist.

Das kann z.B. bei folgenden Krankheiten der Fall sein:

Für die außerklinische Intensivpflege muss es einen Behandlungsplan und ein Therapieziel geben.

3. Wie wird AKI verordnet?

Seit 2023 regelt die Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) des Gemeinsamen Bundesausschuss die Verordnung. Es gibt dafür 3 Formulare, jeweils eines

  • für die Verordnung
  • für den Behandlungsplan
  • für die Potentialerhebung (Überprüfung, ob Patienten auch ohne Beatmung oder Trachealkanüle leben können)

Wenn nach der Entlassung aus einem Krankenhaus außerklinische Intensivpflege nötig ist, kann das Krankenhaus die Erstverordnung für bis zu sieben Tage ausstellen. Dies erfolgt im Rahmen des Entlassmanagements durch qualifizierte Krankenhausärzte. Danach ist eine Folgeverordnung notwendig. Diese kann von bestimmten Fachärzten, z.B. von Lungenfachärzten oder von Ärzten mit entsprechender Qualifikation und Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Potentialerhebung ausgestellt werden.

Vor der Folgeverordnung, die längstens für sechs Monate ausgestellt werden kann, soll ärztlich geprüft werden, ob eine Entwöhnung von Beatmung oder Trachealkanüle möglich ist (sog. Potentialerhebung). Zum 1.1. 2025 ist diese Prüfung verpflichtend. Die Potentialerhebung muss mindestens alle sechs Monate erfolgen und darf bei der Verordnung nicht älter als drei Monate sein.

Wenn innerhalb von zwei Jahren zweimal festgestellt und dokumentiert wurde, dass eine Entwöhnung von der Beatmung oder Trachealkanüle nicht möglich ist, kann eine Folgeverordnung auch ohne erneute Potentialerhebung erfolgen.

Für die Verordnung von AKI bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre, müssen Ärzte zusätzlich in der Kinder- und Jugendmedizin qualifiziert sein.

3.1. Praxistipp

Sie können die Richtlinie unter www.g-ba.de > Richtlinien > Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie herunterladen.

4. Umfang der außerklinischen bzw. ambulanten Intensivpflege

Die außerklinische Intensivpflege (AKI) umfasst meist die ständige Anwesenheit und Einsatzbereitschaft einer Pflegefachkraft zur medizinischen Behandlungspflege. Dazu gehören z.B.

  • Überwachung des Gesundheitszustandes,
  • Pflege des Tracheostomas,
  • Bedienung und Überwachung von Beatmungsgeräten,
  • Überprüfung der Schluckfähigkeit,
  • Entfernen von Sekreten aus den Atemwegen mit speziellen Geräten,
  • Versorgung mit Heilmitteln oder Hilfsmitteln,
  • Angehörige durch Schulungen und Beratungen zu unterstützen, um die Pflegebedürftigen bestmöglich zu versorgen.

In der Regel ist die außerklinische bzw. ambulante Intensivpflege sehr komplex und individuell sehr unterschiedlich.

Das erfordert oft nicht nur Pflegefachkräfte und Ärzte, sondern auch andere therapeutische Bereiche wie Logopädie, Ergotherapie oder Physiotherapie. Zudem ist der Kontakt zu Apotheken und Sanitätshäusern wichtig, um die notwendigen Medikamente und Hilfsmittel bereitzustellen.

Neben der Intensivpflege, die von der Krankenkasse übernommen wird, müssen oft auch weitere Pflegeleistungen, die zum Teil von der Pflegekasse bezahlt werden, organisiert und koordiniert werden.

4.1. Beratung durch die Krankenkasse

Um angesichts dieser komplexen fachlichen Anforderungen die Entlassung aus der Klinik zu ermöglichen, berät die Krankenkasse Patienten und Angehörige. Dabei geht es dann auch um den Aufenthaltsort, an dem die außerklinische bzw. ambulante Intensivpflege möglich ist. Prinzipiell gibt es vier Möglichkeiten:

  • zu Hause, bei Angehörigen oder anderen geeigneten Wohnungen und Orten, z.B. im betreuten Wohnen, in Kita oder Schule oder in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen,
  • Pflegeheim,
  • spezielle-Pflege-Wohngemeinschaften, auch Beatmungs-WGs genannt,
    oder
  • Einrichtungen, wo Menschen mit Behinderungen wohnen, leben oder arbeiten.

Die Wünsche des Patienten sind zu berücksichtigen. Zum Umfang der außerklinischen bzw. ambulanten Intensivpflege gehört es auch, die Verhältnisse vor Ort zur prüfen und bei Bedarf so zu verändern, dass die Intensivpflege möglich wird.

4.2. Begutachtung

Die Verordnung der AKI muss bei der Krankenkasse eingereicht werden. Die Krankenkasse beauftragt den Medizinischen Dienst (MD) mit einem Gutachten, um zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Kostenübernahme erfüllt sind. Der Medizinische Dienst überprüft danach jährlich, ob die Voraussetzungen für die Intensivpflege weiterhin gegeben sind und ob die medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt ist.

5. Kosten und Zuzahlungen

Die Krankenkasse trägt die Kosten der außerklinischen Intensivpflege.Versicherte ab 18 müssen Zuzahlungen leisten.

5.1. Pflegefachkraft selbst beschaffen

In der Regel stellt die Krankenkasse für Intensivpflege zu Hause oder in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen eine entsprechend qualifizierte Pflegefachkraft. Wenn das nicht gelingt, kann sich die betroffene Person selbst um eine Fachkraft kümmern und bekommt die Kosten dafür in angemessener Höhe erstattet.

Unabhängig davon haben Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen auch das Recht, die ambulante Intensivpflege im Rahmen des persönlichen Budgets selbst zu organisieren und zu finanzieren.

5.2. Intensivpflege in einer vollstationären Pflegeeinrichtung

Wenn die außerklinische Intensivpflege in einem Pflegeheim erfolgt (Vollstationäre Pflege), müssen Pflegebedürftige keinen Eigenanteil zu Investitionskosten, Unterkunft und Verpflegung zahlen.

Wenn sich der Gesundheitszustand im Pflegeheim so weit bessert, dass keine Intensivpflege mehr notwendig ist, aber mindestens Pflegegrad 2 weiterbesteht, muss dieser Eigenanteil erst nach 6 Monaten wieder von der pflegebedürftigen Person übernommen werden. Krankenkassen können diese Leistungen freiwillig länger übernehmen.

5.3. Zuzahlung

Erwachsene, die in Heimen wohnen, zahlen 10 € pro Tag, für längstens 28 Tage pro Jahr.

Erwachsene, die zu Hause oder im betreuten Wohnen leben, zahlen 10 % der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage pro Jahr, plus 10 € pro Verordnung (§ 61 SGB V).

Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sind zuzahlungsfrei.

6. Abgrenzung AKI und Palliativversorgung

Leistungen aus der außerklinischen Intensivpflege und der Palliativversorgung schließen sich nicht grundsätzlich aus. Je nach Krankheitsbild können während der außerklinischen Intensivpflege punktuelle Beratungen durch ein SAPV-Team (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) sinnvoll sein, um Therapien und Maßnahmen zu begleiten.

In fortgeschrittenen palliativen Situationen ist jedoch die aufwändige Palliativpflege von der außerklinischen Intensivpflege zu unterscheiden. Wenn folgende Bedingungen vorliegen:

  • palliativmedizinische Therapie zur Symptomlinderung,
  • keine außerklinische Beatmung,
  • keine Trachealkanüle,

sind die Voraussetzungen für außerklinische Intensivpflege nicht erfüllt. In diesen Fällen benötigen Betroffene eine Palliativversorgung, die auf die Linderung belastender Symptome und die Erhaltung der Lebensqualität abzielt.

Wenn jedoch eine palliativmedizinische Therapie eine außerklinische Beatmung oder das Absaugen bei einem Tracheostoma erfordert und motorische oder kognitive Einschränkungen bestehen, können die Voraussetzungen für außerklinische Intensivpflege erfüllt sein.

7. Praxistipps

  • Da die Kosten und damit die Zuzahlungen sehr hoch werden können, sollten Sie rechtzeitig auf die Möglichkeit der Zuzahlungsbefreiung achten. Da die Betroffenen als „chronisch krank“ gelten, gilt eine Zuzahlungsgrenze von 1 % des Einkommens, Näheres unter Zuzahlungsbefreiung für chronisch Kranke.
  • Pflegefachkräfte können bei Intensivpflege zu Hause geeignete Pflegehilfsmittel empfehlen. Die Empfehlung gilt dann anstelle einer ärztlichen Verordnung, Näheres unter Pflegehilfsmittel.
  • Wenn Sie für den Fall einer lebensbedrohlichen Krise vorsorglich bestimmen möchten, wie Sie behandelt oder nicht behandelt werden möchten, sollten Sie eine Patientenverfügung erstellen.
  • Wenn sich Betroffene aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht (mehr) angemessen um ihre Angelegenheiten kümmern können, kann eine rechtliche Betreuung in Frage kommen, d.h. ein Betreuer regelt die Angelegenheiten einer erwachsenen Person teilweise oder ganz.
  • Die Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung bietet Informationen und hilfreiche Links für Betroffene und Angehörige unter https://digab.de.

8. Wer hilft weiter?

Krankenkasse, ambulante Pflegedienste, Pflegeheime, Träger von Pflege-WGs, Sozialdienst in Kliniken.

9. Verwandte Links

Vollstationäre Pflege

Krankenhausbehandlung

Häusliche Krankenpflege

Behinderung > Steuervorteile

 

Rechtsgrundlagen: § 37 SGB V - § 37c SGB V

Letzte Bearbeitung: 09.10.2024

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