Außerklinische Intensivpflege

1. Das Wichtigste in Kürze

Außerklinische Intensivpflege (AKI) ist eine Form der medizinischen Behandlungspflege für Menschen, die dauerhaft auf eine maschinelle Beatmung oder vergleichbare intensivmedizinische Überwachung angewiesen sind. Diese Versorgung wird von spezialisierten Pflegekräften und Fach- oder Hausärzten erbracht. Die Kosten übernimmt in der Regel die Krankenkasse, Versicherte ab 18 Jahren müssen Zuzahlungen leisten.

Die außerklinische Intensivpflege findet außerhalb einer Klinik, z.B. zu Hause oder in stationären Einrichtungen wie Pflegeheimen oder Heimen für Menschen mit Behinderungen statt. Sie wird oft auch als „ambulante Intensivpflege“ bezeichnet.

2. Wann zahlt die Krankenkasse für AKI?

Die Kosten für außerklinische Intensivpflege übernimmt die gesetzliche Krankenkasse nur, wenn ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege vorliegt. Das ist der Fall, wenn

  • jederzeit eine lebensbedrohliche Situation eintreten kann, in der sofort ärztliche oder pflegerische Hilfe notwendig ist und
  • ständig eine qualifizierte Pflegefachkraft anwesend sein muss oder ein vergleichbar intensiver Einsatz erforderlich ist.

Gleichzeitig müssen die Betroffenen in einem so stabilen Gesundheitszustand sein, dass eine Behandlung im Krankenhaus nicht mehr notwendig ist.

Das kann z.B. bei folgenden Krankheiten der Fall sein:

3. Wie wird AKI verordnet?

Die Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie (AKI-RL) des Gemeinsamen Bundesausschuss regelt die Verordnung. Es gibt dafür 3 Formulare:

  • Verordnung: Ärzte stellen die AKI mit einem speziellem Formular (Muster 62) aus. Die Verordnung muss ein Therapieziel enthalten, z.B. die Entwöhnung der Beatmung.
  • Behandlungsplan: Das Therapieziel und die geplanten medizinischen oder pflegerischen Maßnahmen werden im Behandlungsplan näher beschrieben.
  • Potenzialerhebung (siehe unten)

Wenn nach einem Krankhausaufenthalt außerklinische Intensivpflege nötig ist, kann das Krankenhaus im Rahmen des Entlassmanagements eine Erstverordnung für bis zu sieben Kalendertage ausstellen. Diese Verordnung darf nur von qualifizierten Krankenhausärzten erfolgen und dient der nahtlosen Überleitung in die ambulante Versorgung. Bereits im Krankenhaus muss geprüft werden, ob eine Entwöhnung von der Beatmung oder eine Entfernung der Trachealkanüle möglich ist (sog. Potenzialerhebung, siehe unten). Danach ist eine Folgeverordnung notwendig, die längstens für 6 Monate ausgestellt werden kann. Diese kann von bestimmten Fachärzten, z.B. von Lungenfachärzten oder von Ärzten mit entsprechender Qualifikation und Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Potenzialerhebung ausgestellt werden.

3.1. Was ist eine Potenzialerhebung?

Vor der Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (AKI) muss geprüft werden, ob:

  • eine vollständige Entwöhnung von der Beatmung oder
  • eine Umstellung auf nicht-invasive Beatmung (durch eine Maske über Nase oder Mund) oder
  • die Entfernung der Trachealkanüle möglich ist (Trachealkanüle ist ein medizinisches Röhrchen, das durch eine künstliche Öffnung in der Luftröhre eingeführt wird).

Diese Prüfung nennt sich Potenzialerhebung und ist in der Regel verpflichtend.

Dauerhafte Ausnahmeregelung: Für Betroffene die bis 30.6.2025 bereits eine AKI-Leistung erhalten haben, ist keine verpflichtende Potenzialerhebung mehr nötig, außer es gibt einen Hinweis auf Entwöhnungspotenzial oder die Betroffenen wünschen eine Prüfung. Folgeverordnungen sind für diese Gruppe für bis zu 12 Monate möglich.

Wer seit 1.7.2025 neu AKI-Leistungen bekommt, muss vor jeder Verordnung eine Potenzialerhebung durchlaufen. Die Potenzialerhebung muss mindestens alle 6 Monate erfolgen und darf bei der Verordnung nicht älter als drei Monate sein.

Ausnahme Folgeverordnung: Wenn innerhalb von 2 Jahren zweimal festgestellt und dokumentiert wurde, dass eine Entwöhnung von der Beatmung oder Trachealkanüle nicht möglich ist, kann eine Folgeverordnung auch ohne erneute Potenzialerhebung erfolgen.

Für die Verordnung von AKI bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre müssen Ärzte zusätzlich in der Kinder- und Jugendmedizin qualifiziert sein.

3.2. Praxistipps

4. Umfang der außerklinischen bzw. ambulanten Intensivpflege

Die außerklinische Intensivpflege (AKI) umfasst meist die ständige Anwesenheit und Einsatzbereitschaft einer Pflegefachkraft zur medizinischen Behandlungspflege. Dazu gehören z.B.

  • Überwachung des Gesundheitszustandes,
  • Pflege des Tracheostomas,
  • Bedienung und Überwachung von Beatmungsgeräten,
  • Überprüfung der Schluckfähigkeit,
  • Entfernen von Sekreten aus den Atemwegen mit speziellen Geräten,
  • Versorgung mit Heilmitteln oder Hilfsmitteln,
  • Angehörige durch Schulungen und Beratungen zu unterstützen, um die Pflegebedürftigen bestmöglich zu versorgen.

In der Regel ist die außerklinische bzw. ambulante Intensivpflege sehr komplex und individuell sehr unterschiedlich.

Das erfordert oft nicht nur Pflegefachkräfte und Ärzte, sondern auch andere therapeutische Bereiche wie Logopädie, Ergotherapie oder Physiotherapie. Zudem ist der Kontakt zu Apotheken und Sanitätshäusern wichtig, um die notwendigen Medikamente und Hilfsmittel bereitzustellen.

Neben der Intensivpflege, die von der Krankenkasse übernommen wird, müssen oft auch weitere Pflegeleistungen, die zum Teil von der Pflegekasse bezahlt werden, organisiert und koordiniert werden.

4.1. Beratung durch die Krankenkasse

Um angesichts dieser komplexen fachlichen Anforderungen die Entlassung aus der Klinik zu ermöglichen, berät die Krankenkasse Patienten und Angehörige. Dabei geht es dann auch um den Aufenthaltsort, an dem die außerklinische bzw. ambulante Intensivpflege möglich ist. Prinzipiell gibt es vier Möglichkeiten:

  • zu Hause, bei Angehörigen oder anderen geeigneten Wohnungen und Orten, z.B. im betreuten Wohnen, in Kita oder Schule oder in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen,
  • Pflegeheim,
  • spezielle-Pflege-Wohngemeinschaften, auch Beatmungs-WGs genannt,
    oder
  • Einrichtungen, wo Menschen mit Behinderungen wohnen, leben oder arbeiten.

Die Wünsche des Patienten sind zu berücksichtigen. Zum Umfang der außerklinischen bzw. ambulanten Intensivpflege gehört es auch, die Verhältnisse vor Ort zur prüfen und bei Bedarf so zu verändern, dass die Intensivpflege möglich wird.

4.2. Begutachtung

Die Verordnung der AKI muss von der versicherten Person oder dem Pflegedienst bei der Krankenkasse eingereicht werden. Die Krankenkasse beauftragt den Medizinischen Dienst (MD) mit einem Gutachten, um zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Kostenübernahme erfüllt sind. Der Medizinische Dienst überprüft danach jährlich, ob die Voraussetzungen für die Intensivpflege weiterhin gegeben sind und ob die medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt ist.

Die Begutachtungsanleitung Außerklinische Intensivpflege (BGA AKI) vom Medizinischen Dienst Bund legt verbindlich Kriterien für die Begutachtung fest, kostenloser Download unter www.medizinischerdienst.de > Versicherte > Außerklinische Intensivpflege.

5. Kosten und Zuzahlungen

Die Krankenkasse trägt die Kosten der außerklinischen Intensivpflege. Versicherte ab 18 müssen Zuzahlungen leisten.

5.1. Pflegefachkraft selbst beschaffen

In der Regel stellt die Krankenkasse für Intensivpflege zu Hause oder in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen eine entsprechend qualifizierte Pflegefachkraft. Wenn das nicht gelingt, kann sich die betroffene Person selbst um eine Fachkraft kümmern und bekommt die Kosten dafür in angemessener Höhe erstattet.

Unabhängig davon haben Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen auch das Recht, die ambulante Intensivpflege im Rahmen des persönlichen Budgets selbst zu organisieren und zu finanzieren.

5.2. Intensivpflege in einer vollstationären Pflegeeinrichtung

Wenn die außerklinische Intensivpflege in einem Pflegeheim erfolgt (Vollstationäre Pflege), müssen Pflegebedürftige keinen Eigenanteil zu Investitionskosten, Unterkunft und Verpflegung zahlen.

Wenn sich der Gesundheitszustand im Pflegeheim so weit bessert, dass keine Intensivpflege mehr notwendig ist, aber mindestens Pflegegrad 2 weiterbesteht, muss dieser Eigenanteil erst nach 6 Monaten wieder von der pflegebedürftigen Person übernommen werden. Krankenkassen können diese Leistungen freiwillig länger übernehmen.

5.3. Zuzahlung

Erwachsene, die in Heimen wohnen, zahlen 10 € pro Tag, für längstens 28 Tage pro Jahr.

Erwachsene, die zu Hause oder im betreuten Wohnen leben, zahlen 10 % der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage pro Jahr, plus 10 € pro Verordnung (§ 61 SGB V).

Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sind zuzahlungsfrei.

6. Abgrenzung AKI und Palliativversorgung

Leistungen aus der außerklinischen Intensivpflege und der Palliativversorgung schließen sich nicht grundsätzlich aus. Je nach Krankheitsbild können während der außerklinischen Intensivpflege punktuelle Beratungen durch ein SAPV-Team (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) sinnvoll sein, um Therapien und Maßnahmen zu begleiten.

In fortgeschrittenen palliativen Situationen ist jedoch die aufwändige Palliativpflege von der außerklinischen Intensivpflege zu unterscheiden. Wenn folgende Bedingungen vorliegen:

  • palliativmedizinische Therapie zur Symptomlinderung,
  • keine außerklinische Beatmung,
  • keine Trachealkanüle,

sind die Voraussetzungen für außerklinische Intensivpflege nicht erfüllt. In diesen Fällen benötigen Betroffene ggf. häusliche Krankenpflege oder eine Palliativversorgung, die auf die Linderung belastender Symptome und die Erhaltung der Lebensqualität abzielt.

Wenn jedoch eine palliativmedizinische Therapie eine außerklinische Beatmung oder das Absaugen bei einem Tracheostoma erfordert und motorische oder kognitive Einschränkungen bestehen, können die Voraussetzungen für außerklinische Intensivpflege erfüllt sein.

7. Praxistipps

  • Da die Kosten und damit die Zuzahlungen sehr hoch werden können, sollten Sie rechtzeitig auf die Möglichkeit der Zuzahlungsbefreiung achten. Da die Betroffenen als „chronisch krank“ gelten, gilt eine Zuzahlungsgrenze von 1 % des Einkommens, Näheres unter Zuzahlungsbefreiung für chronisch Kranke.
  • Pflegefachkräfte können bei Intensivpflege zu Hause geeignete Pflegehilfsmittel empfehlen. Die Empfehlung gilt dann anstelle einer ärztlichen Verordnung, Näheres unter Pflegehilfsmittel.
  • Wenn Sie für den Fall einer lebensbedrohlichen Krise vorsorglich bestimmen möchten, wie Sie behandelt oder nicht behandelt werden möchten, sollten Sie eine Patientenverfügung erstellen.
  • Wenn Sie sich aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht (mehr) angemessen um Ihre Angelegenheiten kümmern können, kann eine rechtliche Betreuung in Frage kommen, d.h. das ein Betreuer Ihre Angelegenheiten teilweise oder ganz regelt.
  • Die Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung und Intensivversorgung (DIGAB) e.V. bietet Informationen und hilfreiche Links für Betroffene und Angehörige unter https://digab.de.

8. Wer hilft weiter?

Krankenkasse, ambulante Pflegedienste, Pflegeheime, Träger von Pflege-WGs, Sozialdienst in Kliniken.

9. Verwandte Links

Vollstationäre Pflege

Krankenhausbehandlung

Häusliche Krankenpflege

Behinderung > Steuervorteile

 

Rechtsgrundlagen: § 37 SGB V - § 37c SGB V

Letzte Bearbeitung: 24.10.2025

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