Eine Patientenverfügung ist eine vorsorgliche Erklärung, in der ein volljähriger Mensch regelt, wie er medizinisch-pflegerisch behandelt oder nicht behandelt werden möchte, wenn er nicht mehr selbst darüber entscheiden kann. Eine Patientenverfügung sollte sehr genau auf mögliche Behandlungssituationen eingehen, um eine hohe Bindungswirkung zu erreichen. Sie kann beglaubigt oder beurkundet werden. Eine Beratung durch Ärzte oder Palliativfachkräfte sowie eine ärztliche Bestätigung der Einwilligungsfähigkeit sind empfehlenswert. Eine Patientenverfügung als PDF-Formular kann unter Punkt 6 kostenlos heruntergeladen werden.
Die Patientenverfügung ist eine vorsorgliche Erklärung für Krankheitssituationen oder die letzte Lebensphase. In der Verfügung beschreibt der Verfasser möglichst genau die gewünschte Pflege und ärztliche Behandlung bzw. Nichtbehandlung für Situationen, in denen er sich selbst nicht mehr dazu äußern kann, oder wenn er nicht mehr frei darüber entscheiden kann, z.B. weil er wegen einer Demenz Vieles nicht mehr versteht. In der Patientenverfügung kann er z.B. Regelungen für den Fall der Bewusstlosigkeit, Wünsche für die Sterbephase oder die Schmerztherapie festlegen.
Eine Patientenverfügung kann die "Garantenpflicht" des Arztes aufheben, Leben zu erhalten oder zu retten. Wichtig ist, dass die Festlegungen in der Patientenverfügung auf die dann aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen:
In der Patientenverfügung sollte stehen, dass der Patient ausdrücklich auf eine (weitere) ärztliche Aufklärung für die gewünschten Maßnahmen verzichtet. Ansonsten ist eine Einwilligung in medizinische Behandlungen meist nur wirksam, wenn ihr eine ärztliche Aufklärung vorausgeht. D.h. das Betreuungsgericht müsste einen Betreuer bestellen (sofern es noch keinen Betreuer/Bevollmächtigten gibt), der über die medizinische Behandlung aufgeklärt wird und ihr zustimmen muss. Näheres unter Rechtliche Betreuung > Verfahren und Ablauf.
Im Fall einer Bewusstlosigkeit oder Entscheidungsunfähigkeit ist der Arzt verpflichtet, den (mutmaßlichen) Willen des Patienten zu ermitteln. In § 1828 BGB ist geregelt, wie der Patientenwillen zu ermitteln ist:
Die Überprüfung, ob der in der Patientenverfügung festgelegte Wille auf den aktuellen Gesundheitszustand zutrifft, kann nur von einem Arzt durchgeführt werden. Pflegepersonal und Notfallsanitäter können dies nicht entscheiden. Die Einschätzung des Arztes im Hinblick auf Gesundheitszustand und Prognose benötigt Zeit, die bei einer sehr überraschend eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustands fehlt. Bleibt keine Zeit den Bevollmächtigten oder Betreuer zu kontaktieren, ist der Arzt dazu verpflichtet, lebenserhaltende medizinisch notwendige Maßnahmen einzuleiten. Stellt der Arzt später fest, dass der festgeschriebene Wille auf den aktuellen Gesundheitszustand zutrifft, sind die Behandlungswünsche in der Verfügung bindend und müssen umgesetzt werden.
Wenn medizinische Eingriffe derart schwerwiegend sind, dass der Patient sterben oder einen schweren, länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleiden könnte, muss das Betreuungsgericht diese genehmigen. Ohne Genehmigung darf eine Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn
Wenn ein Betreuer/Bevollmächtigter in eine medizinisch gebotene oder lebenswichtige Maßnahme nicht einwilligt oder die Einwilligung widerruft, muss dies ebenso vom Betreuungsgericht genehmigt werden (§ 1829 Abs. 2 BGB). Ausnahme: Zwischen Betreuer/Bevollmächtigtem und behandelndem Arzt besteht Einvernehmen über den Patientenwillen, z.B. weil er in der Patientenverfügung festgelegt ist.
Das Betreuungsgericht muss die Genehmigung erteilen, wenn die medizinische Maßnahme bzw. das Unterbleiben einer medizinischen Maßnahme dem Willen des Patienten entspricht.
Wenn die Patientenverfügung eindeutig ist und es keinen Betreuer oder Bevollmächtigten gibt, braucht es keine Genehmigung des Betreuungsgerichts. Allerdings ist das rechtlich leider nicht unumstritten, so dass Ärzte vorsorglich das Betreuungsgericht einschalten können.
In eine Zwangsbehandlung darf ohne Zustimmung des Betreuungsgerichts weder eine bevollmächtigte Person, noch ein rechtlicher Betreuer einwilligen, auch dann nicht, wenn in der Patientenverfügung steht, dass der Patient die Zwangsbehandlung wünscht.
Eine ärztliche Zwangsbehandlung kann in Eilfällen, wenn die Gerichtsentscheidung nicht abgewartet werden kann, deshalb nur ohne Einwilligung stattfinden, z.B. nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) des jeweiligen Bundeslandes oder nach dem Notstandsrecht (§ 34 StGB).
Zwangsbehandlung zum Schutz anderer Menschen kann auch dann möglich sein, wenn sie in einer Patientenverfügung ausgeschlossen wurde, Näheres unter Psychosen > Rechtliche Aspekte.
Eine Patientenverfügung bezieht sich unter anderem auf den Bereich der Sterbebegleitung und der Schwerstkrankenpflege, der Wunsch nach aktiver/direkter Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) darf nicht erfüllt werden. Passive Sterbehilfe (Therapieverzicht bzw. Sterbenlassen auch durch aktives Beenden einer Therapie) und indirekte Sterbehilfe (Sterbebegleitung mit Symptomlinderung und Inkaufnahme einer dadurch möglichen Lebensverkürzung) hingegen sind erlaubt. Näheres unter Sterbehilfe.
Einwilligungsfähigkeit ist die Fähigkeit, in medizinische Eingriffe einwilligen zu können. Sie liegt vor, wenn
Ob das bei einer Person noch möglich ist, ist eine medizinische Frage, die nur im Einzelfall geklärt werden kann, z.B. wenn schon eine beginnende Demenz diagnostiziert wurde.
Die Bindungswirkung einer Patientenverfügung für den Arzt ist dann am höchsten, wenn
Wichtig ist, dass die entsprechenden Situationen und die gewünschten ärztlichen Maßnahmen in der Patientenverfügung auch wirklich eindeutig beschrieben sind. Es ist empfehlenswert, ausführliche Gespräche mit Ärzten und/oder Intensiv- oder Palliativfachkräften insbesondere in Bezug auf eigene evtl. bereits bekannte Erkrankungen, ihre Folgen und ihre Behandlung bzw. Nichtbehandlung zu führen.
Damit Ärzte und Betreuer den Willen des Patienten gut nachvollziehen können, ist es hilfreich, wenn der Verfasser seine persönlichen Wertvorstellungen und möglicherweise anstehende Behandlungsfragen in der Patientenverfügung möglichst konkret beschreibt. Näheres dazu unter Patientenverfügung > Fragen sowie unter Patientenverfügung > Wertvorstellungen.
Die Patientenverfügung beinhaltet die genaue, detaillierte und persönlich begründete Aufzählung von spezifischen Behandlungs- und Pflegewünschen bzw. den Wunsch darauf zu verzichten.
Pauschalformulierungen ohne klaren Aussagewert müssen von Ärzten nicht beachtet werden, z.B.: "Ich möchte keine ärztlichen Maßnahmen, die mein Leiden und Sterben verlängern...". Dies kann zwar einleitend formuliert werden, muss jedoch dann konkretisiert werden. Folgende Situationen sollten genau beschrieben sein:
Vordrucke müssen sehr genau überprüft und an die individuelle Situation angepasst werden. Hier können Sie ein Patientenverfügungsformular kostenlos als PDF herunterladen: Vordruck Patientenverfügung
Eine Beglaubigung der Patientenverfügung durch einen Notar oder eine Betreuungsbehörde kann zweckmäßig sein, da hierdurch bestätigt wird, dass der Verfasser seine Unterschrift auch tatsächlich eigenhändig geleistet hat.
Die Betreuungsbehörde erhebt für die Beglaubigung eine Gebühr von 10 €, die bei Mittelosigkeit erlassen werden kann. Die notarielle Beglaubigung der Unterschrift kostet mindestens 20 € bis maximal 70 € (Anlage 1 GNotKG Kostenverzeichnisnr.: 25100).
Eine notarielle Beurkundung ist nicht nötig. Zwar gehört zu einer notariellen Beurkundung – im Unterschied zu einer Beglaubigung – auch rechtliche Aufklärung über die Bedeutung der Patientenverfügung, aber es erfolgt ,kein umfassender Rechtsrat. Wer umfassende Rechtsberatung zur Patientenverfügung oder allgemein zur Patientenvorsorge benötigt, muss zusätzlich eine Anwaltskanzlei aufsuchen.
Auch kann ein Notar in der Regel nicht zu den medizinischen Inhalten der Patientenverfügung beraten und auch nicht feststellen, ob ein Mensch Einwilligungsfähig ist oder nicht. Das ist nämlich eine medizinische Frage, die am besten mit Ärzten geklärt werden kann.
Die Beurkundung einer Patientenverfügung kostet mind. 60 € (Anlage 1 GNotKG, Kostenverzeichnisnr.: 21200).
Beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer kann der Hinweis auf das Bestehen einer Patientenverfügung registriert werden. Beim Vorsorgeregister werden keine Inhalte hinterlegt. Seit dem 1.1.2023 können behandelnde Ärzte das Zentrale Vorsorgeregister abfragen, wenn Patienten nicht ansprechbar sind und eine Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung notwendig ist.
Informationen zum Zentralen Vorsorgeregister unter www.vorsorgeregister.de. Anschrift und Kontakt: Bundesnotarkammer, Zentrales Vorsorgeregister, Postfach 080151, 10001 Berlin, Telefon 0800 3550500 Mo–Do 8–16 Uhr und Fr 8–13 Uhr, info@vorsorgeregister.de.
Die Daten zur Registrierung können online oder per Post übermittelt werden. Je nach Art der Übermittlung und Zahlungsweise kostet die Registrierung 20,50 € bis 26 €. Je zusätzlicher Vertrauensperson kommen noch Kosten in Höhe von 3,50 € (bei Online-Registrierung) bzw. 4 € (bei Registrierung per Post) dazu.
Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) gilt als Versicherungsnachweis der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie können, zusätzlich zur Registrierung im Vorsorgeregister oder als Alternative dazu, bei ihrem behandelnden Arzt einen Hinweis auf eine vorhandene Patientenverfügung und deren Aufbewahrungsort auf der eGK hinterlegen lassen. Inhalte der Patientenverfügung werden nicht gespeichert.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat eine "Schiedsstelle Patientenverfügung" eingerichtet, die bei Konflikten rund um Patientenverfügungen berät. Angehörige und Ärzte können dort Expertenhilfe in Anspruch nehmen, wenn die Auslegung einer Verfügung zweifelhaft ist. Der Service ist kostenlos. Die Schiedsstelle ist erreichbar
Fallbeispiel: Auskunftsrecht und Entscheidungsfähigkeit von Ehepartnern im Krankheitsfall
Digitaler Nachlass und digitale Vorsorge
Rechtsgrundlagen: § 1827 BGB