Zuzahlungsbefreiung für chronisch Kranke

1. Das Wichtigste in Kürze

Menschen mit chronischen Krankheiten können eine Zuzahlungsbefreiung bei ihrer Krankenkasse bereits bei Erreichen einer Belastungsgrenze von 1 % ihres jährlichen Bruttoeinkommens beantragen. Generell liegt die Belastungsgrenze bei 2 % des Bruttoeinkommens, Näheres siehe Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung.

Zuzahlungen müssen gesetzlich Versicherte ab 18 Jahren z.B. zu Arzneimitteln, Hilfsmitteln oder Krankenhausbehandlungen leisten, Näheres unter Zuzahlungen Krankenversicherung.

Als chronisch krank gilt, wer wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung ist. Wenn die Zuzahlungen einer chronisch kranken Person höher liegen als 1 % ihrer jährlichen Bruttoeinnahmen, kann sie sich unter bestimmten Voraussetzungen für den Rest des Jahres von der Zuzahlung befreien lassen.

2. Voraussetzungen für die niedrigere Belastungsgrenze

Als "schwerwiegend chronisch krank" gilt, wer wenigstens 1 Jahr lang wegen derselben Krankheit mindestens einmal pro Quartal in ärztlicher Behandlung ist (Dauerbehandlung) und mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt:

  • Pflegebedürftig mit Pflegegrad 3 oder höher.
  • Grad der Behinderung (GdB, Begriff des Reha- und Teilhaberechts) oder Grad der Schädigungsfolgen (GdS, Begriff des Sozialen Entschädigungsrechts) oder Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE, Begriff der gesetzlichen Unfallversicherung) von mindestens 60. Der GdB, GdS oder MdE muss auch durch die schwerwiegende Krankheit begründet sein.
  • Eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Hilfs- und Heilmitteln) ist erforderlich, ohne die aufgrund der chronischen Krankheit nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.

Auch Versicherte, die an einem strukturierten Behandlungsprogramm (DMP) teilnehmen, profitieren für die Dauer ihrer DMP-Teilnahme von der 1-%-Belastungsgrenze.

Die schwerwiegende chronische Krankheit und die notwendige Dauerbehandlung müssen die Versicherten gegenüber der Krankenkasse durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen. Amtliche Bescheide über den GdB, Gds, MdE oder den Pflegegrad müssen in Kopie eingereicht werden. Die schwerwiegende chronische Krankheit muss im Bescheid zum GdB, GdS oder MdE als Begründung aufgeführt sein.

Laut Gesetz sind bestimmte Vorsorgeuntersuchungen für bestimmte Versicherte mit chronischen Krankheiten eine weitere Voraussetzung für die reduzierte Belastungsgrenze, nämlich für Versicherte, die

  • nicht an einem strukturierten Behandlungsprogramm (DMP) teilnehmen
    und
  • nach dem 1.4.1972 geboren sind.

Laut Gesetz darf die sog. Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses Ausnahmen davon regeln. Nach der Richtlinie muss allerdings niemand an Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen, um von der niedrigen Belastungsgrenze profitieren zu können. Die Krankenkassen halten sich an die Regeln der Richtlinie und fordern keinen Nachweis von Vorsorgeuntersuchungen.

In der Chroniker-Richtlinie steht eine Pflicht zur Beratung über Krebsvorsorgeuntersuchungen, aber sie gilt nicht, weil das Gesetz keine solche Pflicht vorsieht. Auch daran halten sich die Krankenkassen.

3. Berechnung der Belastungsgrenze

Detaillierte Angaben darüber, was zum "Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt" zählt und was die Anrechnung dieses Einkommens reduziert, unter Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung.

Die Zuzahlungen werden als "Familienzuzahlungen" betrachtet, d.h. es werden die Zuzahlungen der versicherten Person mit den Zuzahlungen ihrer Angehörigen, die mit ihr im gemeinsamen Haushalt leben, zusammengerechnet.

Ausnahme: Ist ein Ehe-/Lebenspartner beihilfeberechtigt (beihilfeberechtigt sind vor allem Beamte und ehemalige Beamte) und/oder privat krankenversichert, werden die Zuzahlungen, die auch dieser eventuell leisten muss, nicht als Familienzuzahlung berechnet, das bedeutet, die gesetzliche Krankenkasse erkennt diese nicht als Zuzahlungen in ihrem Sinne an. Beim Familieneinkommen werden allerdings beide Einkommen herangezogen und somit als Grundlage für die Zuzahlungsbefreiung genommen.

3.1. Berechnungsbeispiel

Ehepaar mit 2 Kindern:

  • Jährliche Bruttoeinnahmen aller Haushaltsangehörigen: 30.000 €
  • minus Freibetrag für Ehegatte (= erster Haushaltsangehöriger): 6.363 €
  • minus Freibetrag für 2 Kinder: 19.080 € (2 x 9.540 €)
  • ergibt Zwischensumme: 4.557 €
  • davon 1 % = Belastungsgrenze: 45,57 €

Wenn im konkreten Beispiel die Zuzahlungen die Belastungsgrenze von 45,57 € im Jahr übersteigen, sind keine Zuzahlungen mehr zu leisten.

4. Zuzahlungsbefreiung, Rückerstattung

Überschreiten die Zuzahlungen 1 % der Bruttoeinnahmen im Kalenderjahr, sollte die versicherte Person sich mit ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen. Sie erhält dann für sich sowie ihren Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner und die familienversicherten Kinder, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, für den Rest des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung. Zu viel gezahlte Zuzahlungen erstattet die Krankenkasse.

Ist das Ehepaar bei verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen versichert, reicht ein Antrag auf Zuzahlungsbefreiung bei einer Krankenkasse. Diese errechnet, ab wann die Voraussetzungen für die Zuzahlungsbefreiung erreicht sind, und stellt dann ggf. eine Bestätigung für die andere Krankenkasse aus.

Wer schon weiß, dass die Belastungsgrenze überschritten wird, kann den jährlichen Zuzahlungsbetrag auch auf einmal an die Krankenkasse zahlen und dadurch direkt eine Zuzahlungsbefreiung erhalten. Das erspart das Sammeln der Zuzahlungsbelege. Wenn die Zuzahlungen in dem Jahr aber doch geringer ausfallen, behält die Krankenkasse trotzdem den gezahlten Betrag.

5. Praxistipps

  • Die Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses können Sie unter www.g-ba.de > Richtlinien > Chroniker-Richtlinie (§ 62 SGB V) downloaden. Die Richtlinie bezieht sich allerdings in § 4 auf eine veraltete Rechtslage. Sie müssen keine ärztliche Beratung zu Krebsvorsorgeuntersuchungen nachweisen, auch wenn es in der Richtlinie so steht.
  • Bei vielen Krankenkassen können Sie den Antrag auf Zuzahlungsbefreiung online stellen und den ärztlichen Nachweis direkt hochladen.

6. Wer hilft weiter?

Krankenkassen

7. Verwandte Links

Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung

Zuzahlungen Krankenversicherung

Leistungen der Krankenkasse

Patientenrechte

 

Rechtsgrundlagen: § 62 SGB V

Letzte Bearbeitung: 28.11.2024

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