Individuelle Patientenrechte sind die Rechte von Patienten in einem Behandlungsverhältnis z.B. gegenüber Ärzten, Psychotherapeuten, Heilpraktikern oder einem Krankenhaus. Wichtige Regelungen betreffen den Behandlungsvertrag, das Einsichtsrecht in die Patientenakte, Information und Aufklärung, individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sowie die Rechte und Schadensersatzansprüche bei Behandlungsfehlern. Es gibt auch kollektive Patientenrechte, die meist über Patientenorganisationen ausgeübt werden, z.B durch die Mitwirkung bei der Gestaltung von Leistungsansprüchen gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung im Gemeinsamen Bundesausschuss (GbA).
Der Behandlungsvertrag ist ein Vertrag zwischen Behandelnden (z.B. Ärzte, Hebammen, Logopäden, Heilpraktiker, Psycho-, Physio- oder Ergotherapeuten) und Patienten. Er kommt in der Regel durch schlüssiges Verhalten (z.B. Vorzeigen der elektronischen Gesundheitskarte, Besprechung der Behandlung) zustande. Eine schriftliche Vereinbarung ist z.B. bei individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) erforderlich.
Behandelnde verpflichten sich durch den Behandlungsvertrag dazu, eine Diagnose zu stellen, die Behandlungsnotwendigkeit zu prüfen und ihre Patienten nach allgemein anerkannten fachlichen Standards zu behandeln. Patienten hingegen müssen die erhaltenen Leistungen bezahlen (z.B. durch ihre Krankenkasse, Zuzahlungen oder private Bezahlung).
Bei Patienten, die die Tragweite ihrer Entscheidungen nicht absehen können, z.B. Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung, muss ein Bevollmächtigter oder Betreuer (rechtliche Betreuung) in die Behandlung einwilligen.
Bei Kindern und Jugendlichen müssen die Sorgeberechtigten (i.d.R. die Eltern) in die Behandlung einwilligen. Minderjährige haben jedoch abhängig von ihrer Einsichtsfähigkeit ein Mitspracherecht und können ab 15 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen selbst in einen Behandlungsvertrag einwilligen. Nähere Informationen bietet das Deutsche Ärzteblatt im Artikel "Behandlung Minderjähriger: Das gilt es zu beachten" unter www.aerzteblatt.de > Suchbegriff: "A-1762/B-1470".
Eine Behandlung ohne Einwilligung ist nur in dringenden Notfällen möglich, z.B. wenn ein Patient in die Praxis kommt und zu ersticken droht. In diesem Fall ist die Behandlung unaufschiebbar notwendig und der Arzt muss sofort handeln.
Patienten müssen in einem persönlichen Gespräch rechtzeitig vor der Behandlung in verständlicher Sprache unter anderem zu folgenden Inhalten informiert und aufgeklärt werden:
Bei Zweifeln an einer ärztlichen Diagnose oder der empfohlenen Therapie, kann ggf. eine Zweitmeinung eingeholt werden. Für bestimmte planbare Operationen (z.B. an der Wirbelsäule) gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf eine Zweitmeinung. Daneben bieten viele Krankenkassen ihren Versicherten auf freiwilliger Basis die Kostenübernahme einer ärztlichen Zweitmeinung, z.B. auch bei Krebsdiagnosen, an. Nähere Informationen bietet die Verbraucherzentrale unter www.verbraucherzentrale.de > Gesundheit & Pflege > Ärzte und Kliniken > Ärztliche Zweitmeinung: Was die Krankenkasse zahlt.
Behandelnde sind verpflichtet, eine Patientenakte zu führen und nach Abschluss der Behandlung in der Regel 10 Jahre aufzubewahren. Patienten haben grundsätzlich das Recht, ihre vollständigen Behandlungsunterlagen einzusehen und auf eigene Kosten Kopien anfertigen zu lassen. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf die Akteneinsicht abgelehnt werden, z.B. bei Suizidgefahr oder Verletzung von Persönlichkeitsrechten Dritter.
Informationen zur Patientenakte in elektronischer Form unter Elektronische Patientenakte (ePA).
Von einem Behandlungsfehler wird gesprochen, wenn die Behandlung nicht dem aktuellen, allgemein anerkannten fachlichen Standard entsprach. Diese Fehler können nicht nur Ärzten passieren, sondern z.B. auch Psychotherapeuten, Heilpraktikern oder Pflegefachpersonen. Es gibt auch Aufklärungsfehler, wenn Patienten nicht (ordnungsgemäß) aufgeklärt wurden. Im Krankenhaus kann es zusätzlich z.B. durch schlechte Behandlungsabläufe oder nicht ausreichend qualifiziertes Personal zu Organisationsfehlern kommen.
Wenn Behandelnde annehmen, dass es zu einem Behandlungsfehler gekommen ist, müssen sie darüber informieren,
Ansprüche aus Behandlungsfehlern verjähren in der Regel nach 3 Jahren. Entscheidend für den Beginn der Verjährungsfrist ist, wann der Betroffene von dem Behandlungsfehler erfahren hat. Zudem beginnt die Verjährungsfrist erst zum Jahresende.
Beispiele:
Hat der Patient durch einen Behandlungsfehler einen materiellen Schaden erlitten, z.B. Verdienstausfall oder Kosten für eine Haushaltshilfe, hat er Anspruch auf Schadensersatz. Hat er einen immateriellen Schaden erlitten, z.B. Ängste, geminderte Berufsaussichten oder Einschränkungen der Lebensqualität infolge der körperlichen Schädigung, hat er Anspruch auf Schmerzensgeld.
Die Beweislast bei Behandlungsfehlern liegt in der Regel beim Patienten. In bestimmten Fällen, z.B. bei mangelnder Dokumentation, wird die Beweislast reduziert (= Beweislasterleichterung). Bei groben Behandlungsfehlern, z.B. einem Verstoß gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse, muss der Behandelnde beweisen, dass der Betroffene auch ohne den Behandlungsfehler den gesundheitlichen Schaden erlitten hätte (= Beweislastumkehr).
Kommt ein Patient durch einen Behandlungsfehler zu Tode, können die Erben den Anspruch geltend machen. Auch nahe Angehörige, die durch den Tod des Patienten einen Schaden erlitten haben, können Schadensersatz beanspruchen.
Haben Betroffene den Verdacht, dass bei ihrer medizinischen Versorgung ein Fehler passiert ist, können sie sich an folgende Stellen wenden:
Zudem kann eine Beratung durch einen Fachanwalt für Medizinrecht hilfreich sein. Besitzen Betroffene eine Rechtsschutzversicherung, werden die Anwaltskosten von dieser in der Regel übernommen. Betroffene, die einen Anwalt brauchen, sich diesen aber nicht leisten können und auch keine Rechtsschutzversicherung haben, können ggf. Beratungshilfe und/oder Prozesskostenhilfe beantragen.
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Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung
Rechtsgrundlagen: Patientenrechtegesetz (PatRechteG), § 630a ff. BGB