Physiotherapie zielt darauf ab, die Bewegungsfähigkeit zu verbessern und kann Operationen oder Medikamente ergänzen oder ersetzen. Sie hilft bei akuten Erkrankungen und Verletzungen und kann auch vorbeugend sinnvoll sein. Physiotherapie umfasst viele aktive und passive Behandlungsverfahren und wird in der Rehabilitation, Therapie und Prävention eingesetzt. Bei ärztlicher Verordnung übernimmt die Krankenkasse die Kosten, meist mit Zuzahlungen. Häufig verordnet werden Bewegungstherapie bzw. Krankengymnastik und physikalische Anwendungen wie Massagen oder Lymphdrainage. Ab dem 1.11.2024 können Physiotherapeuten mit der sog. Blankoverordnung von Ärzten bei bestimmten Schultererkrankungen selbst über die Art, Menge und Häufigkeit (z.B. wie oft wöchentlich) der Behandlung entscheiden. Die Blankoverordnung soll künftig bei weiteren Indikationen möglich sein. Physiotherapie kann auch ohne Rezept in Anspruch genommen und privat bezahlt werden.
Das Hauptziel der Physiotherapie ist, die Leistungsfähigkeit des gesamten Organismus zu verbessern oder wiederherzustellen. Im Therapieplan werden die Ziele der Therapie aufgrund der ärztlichen Verordnung und der Untersuchung durch den Physiotherapeuten erfasst. Ziele der Therapie sind z.B.:
Prävention: Zur Vorbeugung der Entstehung von Erkrankungen oder der Rückkehr vorausgegangener Erkrankungen.
Therapie: Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen, ergänzend zu anderen Behandlungsmaßnahmen.
Rehabilitation: Wiederherstellung von Fähigkeiten, die eine Teilnahme am täglichen Leben trotz körperlicher Beeinträchtigungen ermöglichen. Ziel ist das Ausgleichen und Mindern von krankheitsbedingten Funktionsverlusten.
Die Maßnahmen der Physiotherapie zählen zu den sog. Heilmitteln. Alle erstattungsfähigen Heilmittel werden vertraglich in der Heilmittel-Richtline vereinbart und im Heilmittelkatalog festgehalten. Physiotherapie muss ärztlich verordnet werden. Wenn auf der Verordnung keine Angaben über einen Behandlungsbeginn gemacht wurden, muss die Physiotherapie innerhalb von 28 Tagen begonnen werden.
In der Regel müssen Versicherte ab dem 18. Geburtstag 10% der Kosten, zuzüglich 10 € je Verordnung zuzahlen.
Näheres zu den erstattungsfähigen Heilmitteln im Allgemeinen, Kostenübernahme und Zuzahlungen unter Heilmittel.
Ab dem 1.11.2024 können Ärzte eine Blankoverordnung für Physiotherapie ausstellen. Bei der Blankoverordnung stellen Ärzte nach wie vor die Diagnose, verordnen aber kein konkretes Heilmittel. Das bedeutet, dass Ärzte Physiotherapie verschreiben, aber keine genauen Anweisungen zu Art, Menge und Häufigkeit der Behandlungen geben. Diese Entscheidungen treffen die Physiotherapeuten eigenständig. Eine Blankoverordnung ist für maximal 16 Wochen gültig. Vor Beginn der Therapie muss der Physiotherapeut einmalig eine umfassende Untersuchung durchführen. Während der Therapie müssen die Therapieziele überprüft und ggf. angepasst werden. Zwischen der ersten Untersuchung und der Überprüfung der Therapieziele müssen mindestens 28 Tage liegen.
Weitere Informationen und eine Liste der Indikationen für eine Blankoverordnung finden Sie bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung unter www.kbv.de > Suchbegriff: "Physiotherapie".
Die Maßnahmen der Physiotherapie werden im Heilmittelkatalog (Näheres unter Heilmittel) näher definiert. Es sind nur solche Heilmittel verordnungsfähig, deren therapeutischer Nutzen nachgewiesen ist und die nicht ausschließlich der persönlichen Lebensführung dienen (z.B. Ganzkörpermassagen ohne konkreten therapeutischen Nutzen). Vor der erstmaligen Verordnung muss eine ärztliche Untersuchung erfolgen. Zudem wird zu Beginn der Therapie ein individueller Behandlungsplan erstellt. Er muss die Indikation, das Therapieziel sowie das Ergebnis der Behandlung beinhalten.
Folgende Therapien sind verordnungsfähig:
Massagetherapie
Bewegungstherapie
Traktionsbehandlung (Ausüben einer ziehenden Bewegung auf das zu behandelnde Gelenk)
Elektrotherapie (Elektrostimulation zur Lockerung der Muskulatur)
Kohlensäurebäder und Kohlensäuregasbäder (Voll- oder Teilbäder)
Inhalationstherapie
Thermotherapie (Wärme-/Kältetherapie)
Standardisierte Kombinationen von Maßnahmen der Physikalischen Therapie ("Standardisierte Heilmittelkombinationen"):
Es können auch Kombinationen aus den genannten Maßnahmen verordnet werden, wenn komplexe Schädigungsbilder vorliegen und eine Kombination aus 3 oder mehr Maßnahmen sinnvoll sein kann. Die Erbringung der Standardisierten Heilmittelkombination muss in direktem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang erfolgen und für den Patient aus medizinischer Sicht geeignet sein.
Die Dauer der Verordnung ist abhängig von der Erkrankung und der Leitsymptomatik und ist im Heilmittelkatalog vorgegeben. Je nach Diagnose und Symptomatik ist ein Ziel für die Therapie festgelegt. Zudem sind die Art der Heilmittel und die Verordnungsmenge zugeordnet (Höchstmenge je Verordnung und Orientierende Behandlungsmenge, weitere Information unter Heilmittel). Bei der Heilmittelverordnung wird in vorrangige und ergänzende Heilmittel unterschieden. Auch eine Kombination der Heilmittel ist möglich (siehe Standardisierte Heilmittelkombinationen). Häufig sind die vorrangigen Heilmittel allgemeine Krankengymnastik, gerätegestützte Krankengymnastik, manuelle Therapie oder klassische Massagetherapie.
In der Regel gelten folgende Verordnungsmengen:
Diagnosegruppe | Verordnungsmenge der zugeordneten Heilmittel |
Wirbelsäulenerkrankungen |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten, bis zu 50 Einheiten bis zum 18. Geburtstag 1–3 x wöchentlich |
Chronifiziertes Schmerzsyndrom |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
ZNS-Erkrankungen einschließlich des Rückenmarks/Neuromuskuläre Erkrankungen |
Höchstmenge je Verordnung: 10 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 30 Einheiten, bis zu 50 Einheiten bis zum 18. Geburtstag 1–3 x wöchentlich |
Periphere Nervenläsionen Muskelerkrankungen |
Höchstmenge je Verordnung: 10 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 30 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Störung der Atmung |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten, bis zu 50 Einheiten bei Mukoviszidose oder bei vergleichbaren pulmonalen Erkrankungen 1–3 x wöchentlich |
Arterielle Gefäßerkrankungen (bei konservativer Behandlung, nach interventioneller/operativer Behandlung) |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Lymphabflussstörungen |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 30 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Störung der Dickdarmfunktion |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Störung der Ausscheidungen (Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz) |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Schwindel unterschiedlicher Genese und Ätiologie (Entstehung und Ursache) |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Sekundäre periphere trophische Störungen bei Erkrankungen (Folge von Erkrankungen, die die Blutversorgung des Gewebes beeinträchtigen) |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Chronische Adnexitis (Eileiter oder Eierstockentzündung), Chronische Prostatitis (Prostataentzündung) |
Höchstmenge je Verordnung: 6 Orientierende Behandlungsmenge: bis zu 18 Einheiten 1–3 x wöchentlich |
Diabetisches Fußsyndrom |
Höchstmenge je Verordnung: 6 alle 4 bis 6 Wochen |
Die Angaben entsprechen den Richtwerten des Heilmittelkatalogs und können unter www.g-ba.de > Richtlinien > Heilmittel-Richtlinie > Heilmittelkatalog detaillierter eingesehen werden.
Krankenkassen und Unfallversicherungsträger.