In der Palliativversorgung geht es um die umfassende Betreuung von Menschen mit nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankungen bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung. Das oberste Ziel ist die Linderung ihrer Beschwerden und die Steigerung ihrer Lebensqualität. Leitfaden sollte dabei immer der Wille des Patienten sein. Palliativversorgung hat deshalb nicht nur die Symptome im Auge, sondern kümmert sich ganzheitlich um die Bedürfnisse des schwerstkranken und sterbenden Menschen und seiner Angehörigen.
„Palliativ“ stammt von dem lateinischen Wort pallium ab und bedeutet „mantelartiger Überwurf“. Palliativversorgung bedeutet somit, dass der schwerstkranke Mensch umhüllt und beschützt werden soll.
Palliativpatienten leiden an unheilbaren, fortschreitenden (progredienten) Erkrankungen wie Krebs, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Demenz oder Parkinson. Eine heilende (kurative) Therapie ist nicht mehr möglich und die Lebenserwartung ist begrenzt. In der Palliativversorgung geht es aber nicht mehr um die Behandlung der Erkrankung, der Blick richtet sich hauptsächlich auf die Symptome und deren Linderung.
Eine palliative Versorgung kann sehr früh beginnen und sich über viele Monate, manchmal auch Jahre hinziehen. "Palliativ" heißt also nicht, dass es nur noch um Tage und Wochen geht. Die letzte Lebenszeit von unheilbar erkrankten Menschen kann in verschiedene Phasen unterteilt werden.
Die 4 Phasen nach Jonen-Thielemann:
Phasen | Dauer | Merkmale |
1. Rehabilitations-Phase | Mehrere Monate bis Jahre |
Durch gute Symptomkontrolle kann trotz schwerer Erkrankung ein weitgehend normales gesellschaftliches Leben geführt werden. Leistungen zur Teilhabe kann, aufgrund der Schwere der Erkrankung, nur ein geringer Teil von Palliativpatienten in Anspruch nehmen. |
2. Präterminal-Phase | Wochen bis Monate |
Aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wird zunehmend eingeschränkt. Verstärkte Symptomkontrolle und Anpassung, z.B. der Schmerztherapie, ist notwendig. Gedanken und Gespräche über das Lebensende nehmen zu. |
3. Terminal-Phase | Wenige Tage bis Wochen |
Aktive Teilnahme am Leben ist deutlich eingeschränkt. Bettlägerigkeit und innerlicher Rückzug nehmen zu. Betreuung und Begleitung des sterbenden Menschen und seiner Angehörigen spielen eine wichtige Rolle. |
4. Sterbephase Finalphase | Wenige Stunden bis Tage |
Im Vordergrund steht, den sterbenden Menschen auf seinem letzten Weg zu begleiten, seine Würde zu achten und auf seine Bedürfnisse einzugehen. Auch die Angehörigen sollen in dieser schweren Phase Trost und Unterstützung erhalten. |
Die Würde des schwerstkranken und sterbenden Menschen ist immer zu respektieren. Seine Selbstbestimmung und Autonomie sind zu achten und seine Bedürfnisse sollten im Vordergrund stehen.
Bedürfnisse können körperlicher, psychischer, sozialer und spiritueller Natur sein, z.B.:
Im Idealfall ist die Betreuung eines Palliativpatienten und seiner Angehörigen individuell und multiprofessionell.
Wichtig ist, dass Betroffene und deren Angehörige Vertrauen zu Menschen aufbauen können, denen sie im Laufe ihrer Behandlung begegnen. Das können behandelnde Ärzte, Pflegekräfte im ambulanten Pflegedienst, Hospizhelfer oder Mitarbeitende anderer Fachrichtungen sein, z.B. Seelsorge, Sozialarbeit oder Physiotherapie. Vertrauen erfordert einen offenen und ehrlichen Umgang aller Beteiligten miteinander, insbesondere auch mit dem Thema Sterben und Tod. Schwerstkranke Menschen sollen sich sicher, geborgen und ernst genommen fühlen.
Schwerstkranke Menschen leiden oft nicht nur körperlich, sondern auch an psychischen, sozialen, seelischen und finanziellen Folgen ihrer Krankheit.
Ziel der Palliativversorgung ist deshalb, neben den körperlichen Beschwerden einer unheilbaren Krankheit auch psychische Probleme und soziale Schwierigkeiten zu lindern und die letzte Lebenszeit so lebenswert wie möglich zu machen. Das gelingt am besten, wenn alle Helfenden und alle Einrichtungen (z. B. Krankenhäuser, Palliativstationen oder Pflegedienste) zusammenarbeiten. Näheres unter Ganzheitlichkeit in der Palliativversorgung.
Quälende Symptome können alles andere überdecken. Deshalb steht im Mittelpunkt der medizinischen Behandlung eines Palliativpatienten die Linderung von Beschwerden (Symptomkontrolle) wie Schmerzen, Übelkeit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Atemnot. Diese werden mit einer unterstützenden Behandlung (Supportivtherapie) gemindert.
Die Symptomkontrolle, z.B. Wundkontrolle und -behandlung, kann im Rahmen der häuslichen Krankenpflege ärztlich verordnet werden. Die Symptomkontrolle wird dann von einem ambulanten Pflegedienst übernommen. Die Verordnungsdauer für Erst- und Folgeverordnung beträgt jeweils bis zu 4 Wochen.
Wird die Versorgung zu aufwändig, können spezialisierte ärztliche und pflegerische Fachkräfte miteinbezogen werden, z.B. ein Team der SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung). Dieses Team kann sowohl beratend als auch koordinierend tätig sein oder die Versorgung ganz übernehmen. Die Verordnungsdauer bei der SAPV beträgt für die Erstverordnung in der Regel bis zu 7 Tage und für die Folgeverordnung jeweils bis zu 4 Wochen. SAPV kann nach Genehmigung durch den Medizinischen Dienst auch über 4 Wochen hinaus verordnet werden.
Ziel ist, Krankheitszeichen zeitnah zu erkennen und zu behandeln und damit eine Verbesserung der Lebensqualität von schwerstkranken und sterbenden Menschen. Näheres unter Palliativphase > Symptome
Wenn die Lebensdauer begrenzt ist, können manche Symptome wirksamer bekämpft werden, weil man z.B. nicht mehr auf Spätfolgen von Medikamenten achten muss. Das Wichtigste ist die Linderung, deshalb werden zum Teil auch sehr starke Medikamente eingesetzt.
Informationen zu den wichtigsten Symptomen und Medikamenten in der Palliativversorgung in verständlicher Sprache bietet der Ratgeber "Medikamententipps", herausgegeben von der Deutschen PalliativStiftung. Kostenloser Download unter www.palliativstiftung.com > Publikationen > Bücher, Broschüren und Ratgeber..
Einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität leisten Pflegende, spezialisierte Therapeuten und Angehörige. Zentrale Themen sind hier oft Massagen und Mobilisierung, Entspannung und Kräftigung, Mund- und Körperpflege, Raumklima, Ernährung, Versorgung von Wunden und die richtige Lagerung des pflegebedürftigen Menschen. Einerseits geht es um Erleichterung von Beschwerden, andererseits um das Wiedergewinnen von Normalität und Alltag.
Näheres unter Palliativpflege und Palliativpflege durch Angehörige.
Gerade im letzten Lebensabschnitt können alltägliche "Kleinigkeiten" von großer Bedeutung sein. Beschäftigung und Ablenkung können dazu beitragen, dass Beschwerden "vergessen" werden. Wertvolle Dienste leisten auch Ehrenamtliche aus ambulanten Hospizdiensten, die speziell für die Begleitung von Schwerstkranken fortgebildet sind. Sie sind auch den Angehörigen oft eine große Hilfe und Entlastung.
Neben der Pflege und lindernden Therapien geht es in der Palliativversorgung auch um seelischen Beistand für Betroffene und Angehörige (Palliativphase > Familie). Es ist sehr stark von den persönlichen Einstellungen und dem Glauben abhängig, wer in solchen Nöten helfen kann. Wichtig ist, diese "seelische Not" ernst zu nehmen, anzusprechen und sich Hilfe zu holen: in der Psychotherapie, in seelsorgerischer Begleitung, bei guten Freunden oder bei außenstehenden, professionellen Hospiz- und Palliativhelfern. Angehörige und Freunde sollten hier ihre eigenen Grenzen im Blick behalten und sich ggf. selbst professionellen Beistand suchen.
Oft kommen zur körperlichen und seelischen Not auch noch Probleme mit der Krankenkasse oder anderen Kostenträgern. Durch die Krankheit entstehen auch finanzielle Sorgen, weil Berufstätige nicht mehr arbeiten können und Ersatzleistungen wie z.B. Krankengeld oder Erwerbsminderungsrenten oft nicht ausreichen.
Die erweiterte S3-Leitlinie “Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung” wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und Deutschen Krebshilfe (DKH) erarbeitet und herausgegeben.
Ziel der Leitlinie ist es, die Lebensqualität von Menschen mit einer unheilbaren Krebserkrankung und deren Angehörigen zu verbessern bzw. zu erhalten. Die Leitlinie versteht sich als eine Entscheidungshilfe für Behandelnde und gibt Handlungsempfehlungen auf der Basis der bestmöglichen Evidenz (wissenschaftliche Studien) und klinischen Erfahrung.
Inhalte sind neben der Vorstellung der unterschiedlichen Versorgungsformen in der Palliativmedizin und -versorgung die Bereiche Kommunikation, Therapiezielfindung und Entscheidungskriterien, konkrete Behandlungsempfehlungen häufiger Symptome wie Übelkeit, Atemnot oder Schmerzen, der Umgang mit Todeswünschen und umfassende Informationen zur Sterbephase.
Die Leitlinie wurde 2020 aktualisiert und wird unter www.awmf.org > Leitlinien > Leitliniensuche > Suchbegriff: "Palliativmedizin" als Download angeboten.
Immer mehr sterbenskranke Menschen und/oder deren Angehörige suchen Rat bezüglich assistierter Suizid bei haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden in der Hospiz- und Palliativversorgung. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) hat verschiedene Broschüren herausgegeben, die Fachkräften der Hospizarbeit und Palliativversorgung sowie anderen Mitarbeitenden im Gesundheitswesen, die mit solchen Anfragen konfrontiert werden, Hintergrundinformationen zur aktuellen Gesetzgebung und Suizidalität geben. Zudem gibt es Empfehlungen, wie in Gesprächen damit umgegangen werden kann.
Die Informationen richten sich zwar an Fachkräfte, können aber auch für Betroffene und Angehörige hilfreich sein. Den kostenlosen Download der Broschüren finden Sie unter www.dgpalliativmedizin.de > DGP Informationsmaterialien > Broschüren.
Ganzheitlichkeit in der Palliativversorgung
Pflege > Schwerstkranke und Sterbende
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