Ambulante Pflegedienste

1. Das Wichtigste in Kürze

Ein ambulanter Pflegedienst (auch Sozialstation genannt) kommt zu pflegebedürftigen oder schwer kranken Menschen nach Hause und pflegt sie. Er hilft z.B. bei der Körperpflege, beim Essen, beim Aufstehen und im Haushalt. Dadurch wird Pflegebedürftigen ermöglicht, möglichst lange in ihrem Zuhause zu bleiben, z.B. wenn die Unterstützung durch Angehörige nicht bzw. nicht in vollem Umfang gewährleistet ist oder nicht gewünscht wird. Pflegedienste, die Leistungen mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abrechnen können, müssen bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Bevor Leistungen in Anspruch genommen werden, sollte ein schriftlicher Pflegevertrag vorliegen. Vor dem Unterschreiben des Pflegevertrags sollte geprüft werden, ob alle wichtigen Punkte enthalten sind.

Ambulante Pflegedienste können auch Ersatzpflege (auch Verhinderungspflege genannt) erbringen. Ersatzpflege ermöglicht pflegenden Angehörigen, eine Auszeit zu nehmen, wenn sie verhindert sind, z.B. durch Urlaub oder Krankheit. Ersatzpflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung.

Auch Leistungen, die über den monatlichen Entlastungsbetrag finanzierbar sind, können von ambulanten Pflegediensten abgedeckt werden, sofern ein Pflegegrad festgestellt wurde.

Der Betrag der Pflegekasse für ambulante Pflegedienste reicht oft nicht aus, um die notwendigen Leistungen zu bezahlen. Wenn der verbleibende Anteil der Kosten nicht bezahlt werden kann, ist Hilfe zur Pflege vom Sozialamt möglich.

2. Aufgaben: Was bieten ambulante Pflegedienste an?

Die Leistungen der ambulanten Pflegedienste werden je nach Kostenträger (Krankenkasse oder Pflegekasse) unterschiedlich behandelt und abgerechnet. Im Allgemeinen wird zwischen "Grundpflege" und "Behandlungspflege" unterschieden:

  • Grundpflege: Die häusliche Unterstützung bei Verrichtungen des täglichen Lebens, also essen, trinken, aufstehen, waschen, sich anziehen etc. Wenn eine Pflegebedürftigkeit ab Pflegegrad 2 vorliegt, übernimmt die Pflegekasse die Kosten als Pflegesachleistung.
  • Behandlungspflege: Die Behandlung von Erkrankungen und Symptomen, wenn sie von Pflegefachkräften durchgeführt werden darf, also Wundpflege, Spritzen, Verbände etc. Diese sog. Häusliche Krankenpflege muss ärztlich verordnet werden.

Außerdem führen ambulante Pflegedienste sog. "Beratungseinsätze" (früher "Pflegeeinsatz") durch. Diese sind verpflichtend für Menschen ab Pflegegrad 2, die nur Pflegegeld beziehen und eventuell noch Leistungen zur Alltagsunterstützung, aber keine Pflegeleistungen eines ambulanten Pflegediensts in Anspruch nehmen. Näheres unter Pflegegeld.

3. Wer bietet ambulante Pflege an?

Ambulante Pflegedienste sind entweder einem Wohlfahrtsverband (z.B. Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt, Paritätischer Wohlfahrtsverband) angeschlossen oder sie arbeiten eigenständig (sog. private Anbieter). Im Bedarfsfall arbeiten ambulante Pflegedienste mit anderen ambulanten Diensten zusammen, z.B. ambulanten Hospizdiensten, ambulanten Palliativdiensten und der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV).

 

3.1. Qualitätsstandards für Pflegedienste mit Versorgungsvertrag

Viele ambulante Pflegedienste haben mit den Pflegekassen einen Versorgungsvertrag (nach § 72 SGB XI) abgeschlossen und sich dadurch verpflichtet, die von den Kassen vorgegebenen Qualitätsstandards in der ambulanten Pflege zu erbringen. Das umfasst unter anderem:

  • Die pflegerische und die hauswirtschaftliche Versorgung muss gewährleistet sein.
  • In erster Linie sind qualifizierte Kräfte einzusetzen. Angelerntes Personal darf nur nach gründlicher Einweisung und unter ständiger Überprüfung durch eine Pflegekraft tätig sein.
  • Die Pflegekräfte sind verpflichtet, sich ständig fort- und weiterzubilden, um immer auf dem neuesten medizinisch-pflegerischen Stand zu sein.
  • 24-stündige Erreichbarkeit muss gewährleistet sein.
  • Pflegeleistungen an Wochenenden und Feiertagen dürfen nicht höher berechnet werden.
  • Beim Erstbesuch müssen der persönliche Hilfebedarf der pflegebedürftigen Person (Pflegebedürftigkeit) und deren Wünsche erfragt und aufbauend darauf zusammen mit den Angehörigen ein Pflegeplan erstellt werden.
  • Auf der Grundlage des persönlichen Pflegeplans muss der pflegebedürftigen Person ein Kostenplan vorgelegt werden.
  • Führung einer jederzeit einsehbaren Pflegedokumentation mit laufendem Nachweis aller erbrachten Leistungen.
  • Information für Pflegebedürftige und Angehörige über zusätzliche Angebote, z.B. Kurzzeitpflege oder Tages- und Nachtpflege.

3.2. Praxistipp

Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hat den Ratgeber "Ambulante Pflege – Gute professionelle Pflege erkennen" herausgegeben. Dieser bietet Informationen darüber, was gute Pflegedienste leisten und wie Sie qualitativ gute Pflege erkennen können.

Kostenloser Download oder Bestellung unter www.zqp.de > Bestellen > Ambulante Pflege - Gute professionelle Pflege erkennen.

4. Pflegevertrag

Die Vereinbarung über die erwünschte Unterstützung durch den Pflegedienst wird in einem Pflegevertrag festgehalten, aus dem auch die Kosten für die häusliche Pflege hervorgehen. Dieser Pflegevertrag kann jederzeit geändert werden, wenn sich herausstellt, dass der Pflegedienst zusätzliche oder weniger Leistungen erbringen soll.

Pflegebedürftige können den Pflegevertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen.

Beim Abschluss eines Pflegevertrags sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Genaue Beschreibung des Leistungsumfangs und der Kosten (Kostenvoranschlag).
  • Ausdrückliche Benennung der privat zu erbringenden finanziellen Leistungen der pflegebedürftigen Person bzw. deutliche Ausweisung der verbleibenden Restkosten, die nach Abzug der gesetzlichen Leistungen der Pflegekasse bzw. der Krankenkasse privat bezahlt werden müssen.
  • Falls der beauftragte Pflegedienst aus personellen oder zeitlichen Gründen die Pflege kurzfristig auf einen anderen Dienst überträgt, sollte die Haftung für die Qualität der Leistung beim beauftragten Pflegedienst bleiben.
  • Jederzeit Einsicht in die Leistungsnachweise (Pflegedokumentation und detaillierte Abrechnung) durch die pflegebedürftige Person bzw. die von ihr beauftragten Personen.
  • Detaillierte Abrechnung einmal im Monat.
  • Ausschluss finanzieller Vorleistungen an den Pflegedienst.
  • So weit als möglich Eingehen auf die speziellen Wünsche der pflegebedürftigen Person durch den Pflegedienst.
  • Für eine Kündigung durch den Pflegedienst empfiehlt sich die Festlegung einer Frist von 6 Wochen. Eine sofortige Kündigung sollte bei Vorliegen wichtiger Gründe möglich sein.
  • Schriftliche Festlegung aller Zusatzvereinbarungen mit beidseitiger Unterschrift.
  • Vereinbarungen über rückwirkende Preiserhöhung sind unzulässig.
  • Genaue Definition des Begriffs "kurzfristig", bei Vereinbarungen über die Kostenübernahme bei "kurzfristiger" Absage des Pflegeeinsatzes durch die pflegebedürftige Person.
  • Vereinbarungen über die "Beschädigung von Pflegehilfsmitteln" dürfen nur im Fall von grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlicher Beschädigung zu Lasten der pflegebedürftigen Person gehen.
  • Der Pflegedienst darf ohne Rückfrage bei der pflegebedürftigen Person oder ihrem Vertreter keine Mitteilung an das Sozialamt in Bezug auf eine evtl. weitere Kostenübernahme machen.
  • Die Haftungsübernahme des ambulanten Pflegedienstes sollte vorab geklärt sein.

4.1. Praxistipps

  • Um Preise zu vergleichen, sind mehrere Kostenvoranschläge hilfreich. Besonders im ländlichen Bereich ist das jedoch nicht immer möglich, da es bei der Verfügbarkeit ambulanter Pflegedienste regionale Unterschiede gibt.
  • Wenn Sie nur die Pflegesachleistungen entsprechend Ihrem Pflegegrad nutzen möchten, bitten Sie Ihren Pflegedienst um einen Kostenvoranschlag, um zu sehen, welche Leistungen mit dem zustehenden Betrag abgedeckt sind. Sie können zusätzlich auch den Entlastungsbetrag für bestimmte Leistungen nutzen. Der Kostenvoranschlag zeigt Ihnen, ob die Leistungen ausreichen oder ob Sie zusätzliche Leistungen brauchen, die Sie dann selbst bezahlen müssten. Ist Ihnen das nicht möglich, können Sie ggf. Hilfe zur Pflege beim Sozialamt beantragen.
  • Ein Muster für einen Pflegevertrag finden Sie beim Fachportal für Leistungserbringer der AOK unter www.aok.de > Themen > Verträge > Verträge in der Pflege > Rahmenverträge und Empfehlungen.

5. Wie werden Pflegeleistungen abgerechnet?

Ein Pflegedienst kann seine Leistungen mit verschiedenen Kostenträgern abrechnen:

  • Pflegekasse: Hat die pflegebedürftige Person einen Pflegegrad, rechnet der Pflegedienst seine Einsätze bis zum Höchstsatz des jeweiligen Pflegegrads direkt mit der Pflegekasse ab. Hierunter fallen in der Regel alle körperbezogenen Pflegemaßnahmen bzw. die sog. Grundpflege, wie Waschen, Hilfe beim Anziehen usw.
  • Krankenkasse: Die Gabe von Medikamenten, Verbände, Injektionen usw. ist die sog. Behandlungspflege und wird mit der Krankenkasse abgerechnet. Weil Behandlungspflege eine Leistung der häuslichen Pflege der Krankenkasse ist, fallen für Versicherte Zuzahlungen an.
  • Sozialhilfe- und Unfallversicherungsträger: Der Pflegedienst kann auch mit diesen Trägern abrechnen, wenn Pflegebedürftige Leistungen bei diesen Trägern in Anspruch nehmen.

Pflegeleistungen, die darüber hinausgehen, werden der pflegebedürftigen Person privat berechnet. Der gesamte Umfang der Pflegeleistungen, die Aufteilung zwischen externen Pflegepersonen und Angehörigen sowie insbesondere zusätzlich privat zu bezahlende Pflegeleistungen sollten vorher mit dem Pflegedienst besprochen und im Pflegevertrag (s.o.) festgehalten werden.

Soll die pflegebedürftige Person zum Teil von privaten Pflegepersonen (z.B. Angehörige), zum Teil von einem ambulanten Pflegedienst gepflegt werden, sollte bei der Pflegekasse eine sog. Kombinationsleistung beantragt werden.

5.1. Leistungskomplexe und Zeitkontingente

(§ 89 SGB XI)

Die Pflegeeinrichtungen erbringen und berechnen ihre Leistungen anhand sog. Leistungskomplexe. Dabei wählt die pflegebedürftige Person im Rahmen ihres Hilfebedarfs diejenigen Leistungskomplexe aus, die der ambulante Pflegedienst erbringen soll. Grundsätzlich werden alle Verrichtungen, die in einem Leistungskomplex zusammengefasst sind, erbracht. In Ausnahmefällen sind auch Einzelleistungen möglich. Alle durchgeführten Leistungen werden monatlich in einem Leistungsnachweis von der pflegebedürftigen Person unterschrieben und dann vom Pflegedienst direkt mit der Pflegekasse abgerechnet.

Es können neben den verrichtungsbezogenen Leistungskomplexen auch sog. Zeitkontingente in Anspruch genommen werden. Dabei wird die Zeit berechnet, die der Pflegedienst für die jeweilige Pflegeleistung aufwendet. Welche Leistungen der Pflegedienst innerhalb eines Zeitkontingents erbringt, sollen Pflegebedürftige frei auswählen können.

Im Pflegevertrag sind mindestens Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der dafür vereinbarten Zeitvergütungen (Zeitkontingente) und der vom Zeitaufwand unabhängigen vereinbarten Vergütungen für jede Leistung oder jede Komplexleistung (Leistungskomplexe) gesondert zu beschreiben.

Zudem haben Pflegedienste eine wirtschaftliche Aufklärungspflicht: Sie müssen eine pflegebedürftige Person schriftlich darüber unterrichten, wie sich die jeweilige Vergütung darstellt, und sie auf ihre Wahlmöglichkeiten bei der Zusammenstellung dieser Vergütungsformen hinweisen. Bei wesentlichen Veränderungen muss erneut informiert werden. Im Pflegevertrag wird die Entscheidung dokumentiert (§ 120 Abs. 3 SGB XI).

Da die Vergütung der Leistungskomplexe pro Punkt zwischen den Pflegekassen und den Pflegediensten verhandelt wird, ist sie unterschiedlich hoch.

5.2. Praxistipp: Leistungsnachweis und Rechnung

  • Unterschrift am Monatsende: Sie müssen den Leistungsnachweis am Monatsende unterschreiben, um zu bestätigen, dass die angegebenen Leistungen erbracht wurden. Erst dann kann der Pflegedienst abrechnen.
  • Regelmäßige Prüfung: Überprüfen Sie regelmäßig, ob der Leistungsnachweis mit den vereinbarten Leistungen aus dem Pflegevertrag übereinstimmt.
  • Dokumentation: Machen Sie eine Kopie oder ein Foto des unterschriebenen Leistungsnachweises, um Unstimmigkeiten nachweisen zu können.
  • Fehlerkorrektur: Bitten Sie den Pflegedienst um Korrektur bei fehlerhaften Leistungsnachweisen oder Rechnungen.
  • Kontrolle behalten: Erteilen Sie keine Einzugsermächtigung für Ihr Konto, um den Überblick über Ihre Zahlungen zu behalten.

5.3. Versorgungsverträge und Vergütungsvereinbarungen der Bundesländer

Die Vergütung von Pflegeleistungen der ambulanten Pflege ist in jedem Bundesland in Versorgungsverträgen und Vergütungsvereinbarungen geregelt.

Die Vereinbarungen folgender Bundesländer können bei der jeweiligen Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) heruntergeladen werden:

Baden-Württemberg: www.vdek.com/LVen/BAW.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

Bayern: www.vdek.com > vdek-Zentrale/Landesvertretungen > Bayern > Pflege > Ambulante Pflege

Bremen: www.vdek.com/LVen/BRE.html > Themen > Pflege

Berlin und Brandenburg: www.vdek.com/LVen/BERBRA.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

Hessen: www.vdek.com/LVen/HES.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

Niedersachen: www.vdek.com/LVen/NDS.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

Nordrhein-Westfalen: www.vdek.com/LVen/NRW.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

Rheinland-Pfalz: www.vdek.com/LVen/RLP.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

Saarland: www.vdek.com/LVen/SAA.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

Schleswig-Holstein: www.vdek.com/LVen/SHS.html > Themen > Download-Center > Pflege > Downloads Ambulante Pflege

Thüringen: www.vdek.com/LVen/THG.html > Themen > Pflege > Ambulante Pflege

5.4. Pflegedienste ohne Kassenvertrag

Pflegedienste, die mit Pflegekassen keinen Vertrag geschlossen haben, können trotzdem gegen Privatrechnung an die pflegebedürftige Person Pflegesachleistungen erbringen. Die pflegebedürftige Person hat gegenüber der Pflegekasse dann einen Anspruch auf Erstattung von höchstens 80 % des jeweiligen Höchstbetrags, den die Pflegekasse für den jeweiligen Pflegegrad für ambulante Pflegedienste zahlen muss. Das Sozialamt darf die Differenz nicht bezahlen. Der Pflegedienst ist verpflichtet, auf diese Tatsachen hinzuweisen (§ 91 SGB XI).

6. Wer hilft weiter?

  • Adressen von ambulanten Pflegediensten erhalten Sie von den Pflegekassen.
  • Ist nach einem Klinikaufenthalt zuhause direkt ein Pflegedienst erforderlich, helfen die Sozialdienste der Kliniken bei der Suche nach einem Pflegedienst.
  • Eine Suchfunktion für ambulante Pflegedienste bietet auch der Verband der Ersatzkassen e.V. unter www.pflegelotse.de.
  • Viele Wohlfahrtsverbände haben lokale Pflegedienste oder Sozialstationen.
  • Auf dem Serviceportal Zuhause IM ALTER des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finden Sie unter www.serviceportal-zuhause-im-alter.de > Wohnen Informationen rund um das Thema "Wohnen".

7. Verwandte Links

Ratgeber Pflege

Ambulante Hospizdienste

Ambulante Palliativdienste

Häusliche Pflege > 24-Stunden-Pflege

Pflegesachleistung

Leistungskomplexe

Pflegeleistungen

 

Rechtsgrundlagen: §§ 71 Abs. 1, 120 SGB XI

Letzte Bearbeitung: 22.10.2024

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