Epilepsie wirkt sich verschieden auf das Arbeitsleben aus, je nach Anfallsrisiko, Art und Häufigkeit der Anfälle, Wirkung der Medikamente, Beruf und Arbeitsplatz. Bei der Berufswahl sollten sich junge Menschen mit Epilepsie frühzeitig beraten lassen. Tritt die Erkrankung erst im Erwachsenenalter auf oder verändert sich ihre Erscheinungsform, müssen evtl. ein Berufswechsel, ein Arbeitsplatzwechsel oder eine Anpassung des Arbeitsplatzes an die Erkrankung erwogen werden. Eine Meldung an den Arbeitgeber oder eine Mitteilung im Vorstellungsgespräch ist nur nötig, wenn die Epilepsie die Arbeit erheblich beeinträchtigt, z.B. wegen einer Gefährdung durch Anfälle bei der Arbeit an Maschinen. Eine private Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ist bei Epilepsie schwierig. Es gibt jedoch viele Hilfen wie z.B. Lohnfortzahlung und Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit, Lohkostenzuschüsse aus dem Budget für Arbeit oder Arbeitsassistenz.
Die große Herausforderung ist, persönliche Wünsche, Leistungsfähigkeit und Einschränkungen, die eine Epilepsie mit sich bringen kann, individuell abzustimmen. Statt die Berufswahl mit dem eingeschränkten Blick zu treffen, was alles „nicht“ geht, wenn man Epilepsie hat, sollte zuerst die Frage gestellt werden: Wo liegen die eigenen Neigungen, Interessen und Begabungen? Danach werden die möglichen Berufsfelder genauer betrachtet. Nicht immer kann der Wunschberuf erlernt werden, weil z.B. von einer Eigen- oder Fremdgefährdung auszugehen ist (siehe unten). Aber häufig sind Berufswünsche realisierbar oder es finden sich verwandte Berufe, die nur weniger bekannt sind.
Besonders, wenn Jugendliche neben der Epilepsie weitere Einschränkungen haben, z.B. eine Lernbehinderung, bieten die Berufsbildungswerke verschiedene Möglichkeiten. Diese Einrichtungen bilden vor allem junge Menschen mit Behinderungen aus. Adressen unter www.bagbbw.de > BBW vor Ort.
Es gibt keine Berufe, die bei der Diagnose Epilepsie generell ungeeignet sind. Denn wann die Epilepsie im Beruf gefährlich werden kann hängt von mehr ab als nur vom gewählten Beruf:
Eine Eigengefährdung besteht z.B. bei der Gefahr durch Anfälle mit gesundheitsschädlichen elektrischen Spannungen, infektiösen oder toxischen Stoffen in Berührung zu kommen. Zudem sind Gefährdungen durch ungeschützte bewegte Maschinenteile, Absturzmöglichkeiten, Arbeit in engen Räumen oder Alleinarbeit möglich.
Fremdgefährdung ist z.B. gegeben bei anfallsbedingter Unterbrechung der Aufsicht von Minderjährigen bzw. Menschen mit geistig oder körperlichen Behinderungen im Bereich sozialpflegerischer oder pädagogischer Berufe. Das lässt sich ggf. vermeiden, wenn im Anfallsfall sofort eine andere Person die Aufsicht übernehmen kann.
Menschen mit Epilepsie müssen ihrem Arbeitgeber die Diagnose Epilepsie nur mitteilen, wenn es die Arbeit erheblich beeinflusst, also z.B. wenn
Betroffene müssen die Epilepsie in diesen Fällen selbst ansprechen, nicht nur wenn der Arbeitgeber es erfragt. Sie müssen nur angeben, was sich auf die Arbeit auswirkt.
Beispiele:
Treten Epilepsien erst nach der Berufsausbildung auf und können Betroffene deshalb ihre Tätigkeit trotz Behandlung nicht mehr ausüben, muss geprüft werden, welche Alternativen in Frage kommen. Empfohlene Tätigkeiten sind z.B. kaufmännische Berufe und Beschäftigungen in Verwaltungen. Möglicherweise können Betroffene im selben Unternehmen weiterbeschäftigt werden. Ermöglicht werden kann das z.B. durch
Kosten, die in diesem Zusammenhang entstehen, können unter Umständen im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von verschiedenen Kostenträgern übernommen werden. Näheres unter Berufliche Reha > Leistungen und Berufliche Reha > Rahmenbedingungen.
Besteht aufgrund der Epilepsie eine Behinderung, dann gibt es zudem verschiedene Schutz-, Hilfs- und Fördermöglichkeiten. Näheres unter Behinderung > Berufsleben.
Der Ausschuss Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung hat die DGUV Information 250-001 – "Berufliche Beurteilung bei Epilepsie und nach erstem epileptischen Anfall" herausgegeben (siehe Praxistipps). Darin wird davon ausgegangen, dass bei Menschen mit Epilepsie grundsätzlich keine Bedenken bestehen, wenn sie als langfristig oder teilweise auch mittelfristig anfallsfrei gelten:
Nach Ablauf dieser Fristen wird das Gefährdungsrisiko im Beruf als so gering eingeschätzt, dass auch eine Vielzahl von Tätigkeiten wieder ausgeführt werden können, welche zuvor wegen Eigen- oder Fremdgefährdung nicht möglich waren.
Außerdem findet sich in dieser DGUV-Information eine Einschätzung des Gefährdungsrisikos nach Anfallsart. Die Symptome werden dabei in verschiedene Kategorien eingeteilt, so werden z.B. Anfälle mit Stürzen bei deutlich mehr Tätigkeiten als gefährlich eingeschätzt als Zuckungen einzelner Körperteile ohne Bewusstseinsverlust.
Eine Epilepsie und ihre Behandlung kann, z.B. wegen einer Operation oder dem Zeitraum der Medikamenteneinstellung, eine längere Arbeitsunfähigkeit mit sich bringen. Um soziale Härten durch den Arbeitsausfall zu vermeiden, gibt es bei Arbeitsunfähigkeit – neben der Medizinischen Rehabilitation – einige finanzielle Leistungen, z.B. Entgeltfortzahlung durch den Beschäftigungsbetrieb sowie unter bestimmten Voraussetzungen Krankengeld von der Krankenkasse oder Arbeitslosengeld im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung (Arbeitslosengeld > Nahtlosigkeit) von der Agentur für Arbeit.
Wer wegen Epilepsie nur noch unter 6 Stunden täglich auf dem sog. allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann, gilt als teilweise erwerbsgemindert, sind es unter 3 Stunden ist es eine volle Erwerbsminderung. Dann kann ggf. eine Erwerbsminderungsrente das Arbeitseinkommen ersetzen oder ergänzen. Wird diese abgelehnt oder ist sie zu gering, helfen verschiedene Sozialleistungen, wie z.B. Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder Bürgergeld, Näheres unter Erwerbsminderung.
Eine Erwerbsminderung muss nicht bedeuten, nicht mehr zu arbeiten. Denn sie liegt schon vor, wenn die Fähigkeit eingeschränkt ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Daneben gibt es auch einen besonderen Arbeitsmarkt. Der besondere Arbeitsmarkt meint alle vom Staat geförderten Arbeitsverhältnisse, z.B. in einer Werkstatt für behinderte Menschen, in einem Inklusionsbetrieb oder mit unterstützter Beschäftigung, Näheres unter Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen.
Eine Berufsunfähigkeit genügt in den meisten Fällen nicht für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, vielmehr muss die Fähigkeit, irgendeine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, eingeschränkt sein. Die gesetzliche Berufsunfähigkeitsversicherung wurde in Deutschland abgeschafft. Es gibt nur noch für vor dem 2.1.1961 Geborene die teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit. Näheres unter Erwerbsminderungsrente.
Wer eine private Berufsunfähigkeitsrente abschließen möchte, hat es mit einer Epilepsie-Diagnose schwer. Diese muss nämlich bei deren Abschluss angegeben werden, sonst zahlt die Versicherung später bei einer Berufsunfähigkeit nicht. Ggf. ist eine Berufsunfähigkeitsrente möglich, die nur greift, wenn die Berufsunfähigkeit eine andere Ursache als die Epilepsie hat.
Arbeitsassistenz kann Menschen mit Epilepsie eine Berufstätigkeit in Anstellung oder Selbständigkeit ermöglichen. Arbeitsassistenz bei Epilepsie setzt voraus, dass der Mensch mit Epilepsie der Kernarbeit selbst nachgehen kann und nur für Hilfsarbeiten Assistenz braucht. Arbeitsassistenz kann ggf. eine krankheitsbedingte Kündigung wegen Epilepsie verhindern. Besonders wichtig ist das, wenn wegen Epilepsie die Fahrtauglichkeit verloren geht, Näheres unter Epilepsie > Autofahren.
Beispiel:
Eine wegen Epilepsie fahruntüchtige Sozialpädagogin arbeitet in einer mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ausreichend erschlossen Region. Sie beantragt eine Fahrassistenz im Rahmen der Arbeitsassistenz. Ohne die Fahrassistenz hätte ihr Arbeitgeber ihr eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen müssen, denn ohne Auto kann sie einen Großteil der von ihr betreuten Familien nicht erreichen.
Eine Epilepsie kann die Leistungsfähigkeit vermindern. Beschäftigte brauchen dann ggf. für die gleiche Arbeit mehr Zeit als andere. Lohnkostenzuschüsse im Rahmen des sog. Budget für Arbeit können das ausgleichen, so dass sich die Beschäftigung für den Arbeitgeber wieder lohnt.
Besonders bei einer zusätzlichen Intelligenzminderung kann das Budget für Arbeit auch Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz finanzieren. Zur Unterscheidung von einer Arbeitsassistenz siehe Behinderung > Hilfen am Arbeitsplatz.
Integrationsamt oder Inklusionsamt, Agentur für Arbeit, Rentenversicherung, Krankenkassen, Unfallversicherung