Bei länger anhaltenden Depressionen kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Ab einem GdB von 50 erhalten Betroffene auf Antrag einen Schwerbehindertenausweis. Damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können, gibt es für sie verschiedene Hilfen und Nachteilsausgleiche.
Der GdB wird nur auf Antrag festgestellt, Näheres unter Grad der Behinderung.
Ab einem GdB von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor und es besteht ein Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.
Das Versorgungsamt, Amt für Soziale Angelegenheiten oder Amt für Soziales und Versorgung richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (= Anlage 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung). Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) bzw. Grads der Schädigungsfolgen (GdS).
Der Grad der Schädigungsfolgen ist ein Begriff aus dem Rechtsgebiet der Sozialen Entschädigung (SGB XIV) und beschreibt, wie stark eine Person durch ein Trauma oder eine Verletzung beeinträchtigt ist und wie sehr dies ihr tägliches Leben beeinflusst.
Beispiel: Herr P. erlitt in seiner Kindheit körperliche und psychische Gewalt durch seine Eltern. Diese Misshandlungen führten bei ihm zu wiederkehrenden, schweren Depressionen. Herr P. konnte durch Zeugenaussagen und ein medizinisches Gutachten nachweisen, dass seine Depressionen direkt auf die Gewalterfahrungen in seiner Kindheit zurückzuführen sind, sodass er einen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung nach dem SGB XIV hat.
Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage 2 gibt es in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/index.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".
Einen GdB gibt es nicht automatisch, wenn die Diagnose "Depression" gestellt wurde, sondern nur, wenn aus der Depression folgt, dass ein Mensch nicht mehr wie ein gesunder Mensch funktionieren bzw. am Leben teilhaben kann. Zur Bestimmung des GdB werden nicht nur die Folgen der Depression allein bewertet, sondern alle Funktionsbeeinträchtigungen bzw. Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben werden zusammen bewertet. Näheres unter Grad der Behinderung.
Depressionen gehören zusammen mit den Manien und den bipolaren Störungen zu den affektiven Psychosen, jedenfalls dann, wenn sie wiederkehrend als depressive Episoden auftreten.
In den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind affektive Psychosen gemeinsam mit schizophrenen Psychosen aufgeführt. Nachfolgend die sog. Anhaltswerte zu affektiven Psychosen aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen:
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GdB/GdS |
Langdauernde (über ein halbes Jahr anhaltende) Psychose im floriden (= akuten) Stadium je nach Einbuße beruflicher und sozialer Anpassungsmöglichkeiten |
50–100 |
Affektive Psychose mit relativ kurz andauernden, aber häufig wiederkehrenden Phasen |
30–50 |
Affektive Psychose mit relativ kurz andauernden, aber häufig wiederkehrenden Phasen bei mehr als 1–2 Phasen im Jahr von mehrwöchiger Dauer |
60–100 |
Nach lang dauernden depressiven Episoden ist eine sog. Heilungsbewährung von 2 Jahren abzuwarten. Heilungsbewährung bedeutet, dass vorübergehend ein höherer GdB/GdS angesetzt wird als von den Funktionsbeeinträchtigungen und Teilhabebeeinträchtigungen her eigentlich gerechtfertigt wäre. Damit wird die Belastung berücksichtigt, die davon ausgeht, dass die Erkrankung zurückkommen könnte.
Ausnahme: Nach einer ersten monopolar depressiven (= nicht auch manischen) Phase oder nach einer depressiven Phase, die erst mehr als 10 Jahre nach einer früheren Krankheitsphase aufgetreten ist, gilt keine Heilungsbewährung.
Für die Phase der Heilungsbewährung geben die Versorgungsmedizinischen Grundsätze folgende Anhaltswerte:
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GdB/GdS |
Während der Heilungsbewährung, wenn bereits mehrere manische oder manische und depressive Phasen vorangegangen sind |
50 |
Während der Heilungsbewährung ohne vorangegangene manische Phasen |
30 |
Nachfolgend die Anhaltswerte zu Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Auch darunter können Depressionen eingeordnet werden:
GdB/GdS |
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Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen |
0–20 |
Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive Störungen) |
30–40 |
Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) ... |
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... mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten |
50–70 |
... mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten |
80–100 |
In der Rechtsprechung wird die Stärke der Anpassungsschwierigkeiten bei Depressionen wie folgt beurteilt:
Leichte soziale Anpassungsschwierigkeiten:
Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten:
Schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten:
Mit einem festgestellten GdB kommen folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Betracht:
Folgende Tabellen geben eine Übersicht über alle GdB- bzw. Merkzeichen-abhängigen Nachteilsausgleiche:
Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, auch wenn bei ihnen (noch) kein GdB festgestellt wurde.
Beispiele:
Wenn Sie die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente erfüllen, kann unter Umständen eine Teilrente den Übergang ins Rentenalter stufenweise gestalten. Näheres unter Teilrente.