Hepatitis C > Schwerbehinderung

1. Das Wichtigste in Kürze

Bei einer chronischen Hepatitis kann vom Versorgungsamt auf Antrag ein Grad der Behinderung (GdB) bzw. ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) festgestellt werden. Die Höhe des GdB/GdS richtet sich bei chronischer Hepatitis nach der Entzündungsaktivität, bei den sonstigen Leberschäden meist nach den Funktionsbeeinträchtigungen.

2. Versorgungsmedizinische Grundsätze

Das Versorgungsamt, Amt für Soziale Angelegenheiten oder Amt für Soziales und Versorgung richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (= Anlage 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung). Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) bzw. des Grads der Schädigungsfolgen (GdS). Die Bezeichnung GdS wird im Sozialen Entschädigungsrecht verwendet. Im Unterschied zum GdB, bei dem jede Behinderung unabhängig von ihrer Ursache berücksichtigt wird, zählt beim GdS nur die Schädigungsfolge.

Beispiel: Frau B. hat sich Ende der 70er Jahre durch ein mit Viren belastetes Blutprodukt mit Hepatitis C infiziert und dadurch eine Behinderung. Später hat sie sich bei einem Autounfall die Hüfte gebrochen, was ihre Behinderung verstärkt hat. Beim GdS zählen nur die Folgen der chronischen Hepatitis, beim GdB zählen auch die Auswirkungen des Autounfalls dazu.

Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage 2 gibt es in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/anlage.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".

3. Antrag auf Grad der Behinderung und Schwerbehindertenausweis

Der GdB/GdS wird nur auf Antrag festgestellt, Näheres unter Grad der Behinderung.

Ab einem GdB von 50 besteht ein Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.

4. Chronische Hepatitis in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen

Unter chronischer Hepatitis werden alle chronischen Verlaufsformen von Leberentzündungen (Hepatitiden) zusammengefasst. Dazu gehören insbesondere eine Leberentzündung aufgrund einer Virusinfektion, als Autoimmunerkrankung, als Nebenwirkung von Medikamenten und mit unbekannter Ursache (= kryptogene Hepatitis).

4.1. Mit Nachweis anhand der Symptome

Folgende Regeln gelten, wenn die Hepatitis aufgrund ihrer Symptome (der sog. klinischen Auswirkungen) festgestellt wurde:

Chronische Hepatitis

GdB/GdS

ohne (klinisch-)entzündliche Aktivität

20

mit geringer (klinisch-)entzündlicher Aktivität

30

mit mäßiger (klinisch-)entzündlicher Aktivität

40

mit starker (klinisch-)entzündlicher Aktivität, je nach Funktionsstörung

50–70

bei der sich nur das Virus vermehrt, aber der Mensch als Virusträger gesund bleibt (= alleinige Virus-Replikation)
Bei Hepatitis-C-Virus nur nach Ausschluss einer Hepatitis durch Laboruntersuchung einer Gewebeprobe aus der Leber.

10

4.2. Mit Nachweis im Labor (histologischer Befund)

Wenn die Leberentzündung durch Laboruntersuchung einer kleinen Gewebeprobe aus der Leber festgestellt wurde (= histologischer Befund) gelten für Leberentzündungen, die von Viren verursacht wurden, folgende Besonderheiten:

Der GdB/GdS ergibt sich aus folgender Tabelle. Diese GdB/GdS-Werte berücksichtigen die üblichen Symptome (= klinischen Auswirkungen) mit.

 

Fibrose**

null – gering

Fibrose

mäßig

Fibrose

stark

Nekro-inflammatorische Aktivität* gering

20

20

30

Nekro-inflammatorische Aktivität mäßig

30

40

40

Nekro-inflammatorische Aktivität stark

50

60

70

* Nekro-inflammatorische Aktivität = Entzündung und Absterben von Leberzellen

** Fibrose = stark vermehrtes Bindegewebe in der Leber

 

Die Laborbefunde werden in der Regel anhand des sog. modifizierten histologischen Aktivitätsindex (HAI) ausgewertet. Das ist eine wissenschaftliche Einteilung, die bei Leberentzündungen in der Medizin verwendet wird.

  • Eine geringe nekro-inflammatorische Aktivität entspricht einer Punktzahl von 1 bis 5,
    eine mäßige nekro-inflammatorische Aktivität einer Punktzahl von 6 bis 10 und
    eine starke nekro-inflammatorische Aktivität einer Punktzahl von 11 bis 18.
  • Eine fehlende bzw. geringe Fibrose entspricht einer Punktzahl 0 bis 2,
    eine mäßige Fibrose der Punktzahl 3 und
    eine starke Fibrose einer Punktzahl von 4 bis 5.

4.3. Hepatitis C

Für Virushepatitis C gelten bei fehlender Gewebeuntersuchung im Hinblick auf die chemischen Laborwerte folgende Besonderheiten:

  • ALAT-/GPT-Werte im Referenzbereich entsprechen bei nachgewiesener Hepatitis-C-Virus-Vermehrung einer chronischen Hepatitis ohne (klinisch-)entzündliche Aktivität.
  • ALAT-/GPT-Werte bis zum 3-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer geringen (klinisch-)entzündlichen Aktivität.
  • ALAT-/GPT-Werte vom 3-fachen bis zum 6-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer mäßigen (klinisch-)entzündlichen Aktivität.
  • ALAT-/GPT-Werte von mehr als dem 6-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer starken (klinisch-)entzündlichen Aktivität.

ALAT/GPT ist ein Enzym, dass in der Leber gebildet wird und einen Hinweis auf die Leberfunktion geben kann. Ein Anstieg von ALAT/GPT weist darauf hin, dass die Leber geschädigt ist. Die Bewertungen der ALAT-/GPT-Werte werden nur berücksichtigt, wenn sie sich in das klinische Gesamtbild des bisherigen Verlaufs einfügen.

5. Anhaltswerte bei sonstigen Leberschäden

Die nachfolgenden Angaben gelten unabhängig davon, was den Leberschaden ausgelöst hat.

 

GdB/GdS

Fibrose der Leber ohne Komplikationen

0–10

Leberzirrhose

kompensiert inaktiv (= keine oder kaum Symptome, nicht voranschreitend)

30

kompensiert gering aktiv (= keine oder kaum Symptome, nur wenig voranschreitend)

40

kompensiert stärker aktiv (= keine oder kaum Symptome, stärker voranschreitend)

50

dekompensiert, also mit deutlichen Symptomen und z.B. mit Aszites (= Wasser im Bauch), portaler Stauung (= Bluthochdruck in bestimmten Adern, der zu inneren Blutungen führen kann), hepatische Enzephalopathie (= Schädigung des Gehirns durch die Leberentzündung)

60–100

 

 

GdB/GdS

Fettleber (auch ernährungsbedingt oder durch Gifte verursacht, wie z.B. Alkohol oder Medikamente)
ohne
Mesenchymreaktion (= Änderung des Stoffwechsels bestimmter Zellen, die sich zu Bindegewebe entwickeln können)

0–10

Toxischer Leberschaden:
Der GdB/GdS ist je nach Aktivität und Verlauf so wie bei chronischer Hepatitis oder Leberzirrhose zu beurteilen.

Kreislaufstörungen der Leber (z.B. Pfortaderthrombose):
Der GdB/GdS ist so wie bei dekompensierter Leberzirrhose zu beurteilen.

Leberteilresektion (= durch Operation wird ein Teil der Leber entfernt):
Der GdB/GdS ist allein davon abhängig, ob und wieweit Funktionsbeeinträchtigungen verblieben sind.

 

Das Amt muss in den ersten Jahren nach folgenden Eingriffen einen GdB von 100 während der Zeit der sog. Heilungsbewährung feststellen:

  • Entfernung eines malignen primären Lebertumors (= Leberkrebs): 5 Jahre
  • Lebertransplantation: 2 Jahre

Nach einer Lebertransplantation muss das Immunsystem unterdrückt werden. Deshalb muss das Amt dabei nach der Heilungsbewährung auch bei günstigem Heilungsverlauf mindestens einen GdB/GdS von 60 feststellen.

6. Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen

Mit einem festgestellten GdB kommen folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Betracht:

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle GdB-abhängigen Nachteilsausgleiche: GdB-abhängige Nachteilsausgleiche

Ja nach Art und Umfang der Behinderungen durch die chronische Hepatitis können bestimmte Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis eingetragen werden. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle Nachteilsausgleiche bei Merkzeichen: Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche

 

Menschen mit Behinderungen haben außerdem Anspruch auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, auch wenn bei ihnen (noch) kein GdB festgestellt wurde.

Beispiele:

7. Verwandte Links

Grad der Behinderung

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Letzte Bearbeitung: 16.07.2024

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