Osteoporose > Krankheit und Behandlung

1. Das Wichtigste in Kürze

Osteoporose (Knochenschwund) ist eine Erkrankung, bei der die Knochen schwächer und brüchiger werden, weil sie an Dichte und Festigkeit verlieren. Osteoporose verursacht zu Beginn keine Schmerzen. Das große Risiko sind Knochenbrüche, insbesondere der Wirbelkörper oder Hüfte. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, sollten Betroffene je nach individuellem Osteoporose-Risiko ihren Lebensstil und ihre Ernährung anpassen, sich regelmäßig bewegen, Sturzgefahren minimieren und ggf. Medikamente gegen Osteoporose nehmen. Patienten mit einer medikamentös behandlungsbedürftigen Osteoporose können sich in ein strukturiertes Behandlungsprogramm, das DMP Osteoporose, einschreiben. Selbsthilfegruppen können durch Erfahrungsaustausch, gegenseitige Unterstützung und gemeinsame Aktivitäten bei der Bewältigung der Krankheit helfen.

2. Was ist Osteoporose?

Bei Osteoporose, auch "Knochenschwund" genannt, wird die Knochenstruktur abgebaut. Dadurch wird der Knochen porös und bricht leichter. Typisch für Osteoporose sind Brüche des Oberschenkelhalses oder der Wirbelkörper.

Frauen erkranken im Durchschnitt früher und viel häufiger an Osteoporose als Männer. Das liegt daran, dass viele Frauen nach den Wechseljahren einen Mangel an Östrogen haben, dem weiblichen Geschlechtshormon, das eine Schutzfunktion für die Knochen hat. Zudem ist die Struktur der Knochen bei Frauen feiner als bei Männern, was die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Osteoporose bei Frauen zusätzlich erhöht.

Auch ein höheres Lebensalter begünstigt die Entstehung einer Osteoporose. Neben diesen Risikofaktoren hat auch der Lebensstil einen Einfluss auf die Entstehung der sog. primären Osteoporose. Diese wird nicht durch eine andere Grunderkrankung ausgelöst.

Die sekundäre Osteoporose wird durch eine andere Erkrankung ausgelöst, z.B. Darm- oder Lebererkrankungen, Rheuma, Diabetes, Magersucht, Stoffwechselstörungen, Störungen des Hormonhaushalts oder durch Medikamente, z.B. Kortison.

Männer haben in etwa der Hälfte der Fälle eine sekundäre Osteoporose, bei Frauen ist der Anteil viel niedriger, sie haben meist eine primäre Osteoporose.

2.1. Wer informiert über Osteoporose?

2.2. Osteoporose und Knochenumbau

Der Knochenumbau ist ein Prozess, bei dem altes Knochengewebe abgebaut und neues aufgebaut wird. Vor allem zwei Zelltypen sind daran beteiligt:

  • Osteoblasten produzieren Kollagen und andere Eiweißstoffe und bauen den Knochen auf.
  • Osteoklasten sind für den Abbau von Knochensubstanz zuständig.

Der Knochen bleibt stark und gesund, indem beschädigtes Gewebe repariert und die Knochenstruktur an die Belastungen des Alltags angepasst wird. Bei Osteoporose ist dieser Prozess gestört. Die Aktivität der Osteoklasten (Abbau) überwiegt die der Osteoblasten (Aufbau), was zu einem Verlust an Knochenmasse und -dichte führt. Dadurch werden die Knochen schwächer und brüchiger, was das Risiko für Knochenbrüche erhöht.

2.3. Symptome

Zu Beginn verursacht Osteoporose keine Schmerzen. Erst im weiteren Verlauf der Erkrankung treten Symptome auf, z.B.:

  • Rückenschmerzen, die durch Wirbelbrüche verursacht werden
  • Knochenbrüche (meist der Hüfte, Wirbelkörper oder Handgelenke), die schon bei leichten Stürzen oder ohne erkennbaren Grund auftreten
  • abnehmende Körpergröße durch Fehlstellungen und Skelettveränderungen
  • gekrümmte Haltung (sog. Witwenbuckel)

3. Diagnose – Risikoprofil erstellen

Der Dachverband Osteologie (DVO) veröffentlicht in der Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Osteoporose das aktuelle Wissen rund um die Erkrankung und gibt Ärzten damit ein Standardwerk an die Hand, um Osteoporose vorzubeugen, zu erkennen und zu behandeln. Zuletzt wurde die Leitlinie 2023 überarbeitet und empfiehlt unter bestimmten Voraussetzungen, für Patienten z.B. im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen ein Risikoprofil zu erstellen. Denn es gibt keinen Test oder Routineuntersuchungen, mit deren Hilfe Osteoporose festgestellt werden kann.

Um das individuelle Risiko für Knochenbrüche durch Osteoporose einzuschätzen, hat die Leitlinie Risikofaktoren mathematisch bewertet. Für Frauen nach der Menopause und Männer ab 50 Jahre kann so das individuelle Risiko berechnet werden, in den nächsten 3 Jahren einen Knochenbruch zu erleiden.

Risikofaktoren, die in die Berechnung einbezogen werden, sind z.B.

  • weibliches Geschlecht
  • höheres Lebensalter
  • niedrige Knochendichte, siehe Knochendichtemessung
  • entzündliche Erkrankungen, z.B. Rheuma
  • hormonelle Störungen, z.B. Diabetes
  • neurologische Einschränkungen, z.B. durch einen Schlaganfall oder Multiple Sklerose
  • Kortisontherapie
  • frühere Knochenbrüche
  • erhöhtes Sturzrisiko
  • Untergewicht
  • Rauchen
  • Alkoholkonsum von mehr als 50 g pro Tag

Die DVO-Leitlinie kann in Kurz- oder Langfassung unter https://leitlinien.dv-osteologie.org heruntergeladen werden.

3.1. Praxistipp: Test zum Osteoporose-Risiko

Unter www.osd-ev.org > Osteoporose > Osteoporose Test bietet der Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband einen Osteoporose-Test an, der Aufschluss über das individuelle Osteoporose-Risiko geben kann. Eine ärztliche Diagnose kann er natürlich nicht ersetzen.

4. Vorsorge und Behandlung

Je nachdem, wie hoch das individuelle Risiko für Knochenbrüche innerhalb der nächsten 3 Jahre ist, wird entschieden, ob eine medikamentöse Behandlung notwendig ist. Generell empfohlen werden Maßnahmen, um Stürze zu vermeiden und beeinflussbare Risikofaktoren zu reduzieren. Wichtig für den Behandlungserfolg ist die Eigenverantwortung der Patienten. Sie sollten sich regelmäßig und ausreichend bewegen, Maßnahmen zur Sturzvermeidung konsequent umsetzen und ggf. verschriebene Medikamente zuverlässig und dem Zeitplan entsprechend einnehmen.

4.1. Körperliche Aktivität und Vermeidung von Stürzen

  • Vermeidung von Immobilisation: Betroffene sollten sich möglichst viel bewegen, um (weiteren) Knochenabbau zu verhindern bzw. zu verringern.
  • Förderung von Muskelaufbau, Gleichgewichtssinn, Reaktionsgeschwindigkeit und Koordination, z.B. durch Reha-Sport und Funktionstraining.
  • Ab 70 Jahren bzw. nach einem Sturz: Ermittlung von Ursachen und Risikofaktoren für Stürze, auch mit Hilfe des Timed-Up-and-Go oder Chair-Rising Tests (siehe Sturzprophylaxe).
  • Bei körperlichen Einschränkungen: Empfehlung eines individuellen Programms zur Verbesserung des Muskelkraft und der Gangkoordination oder einer geriatrischen Rehabilitation.
  • Wenn Medikamente eingenommen werden, die eine Osteoporose und/oder Stürze begünstigen können (z.B. Opioide, Neuroleptika oder Kortison), sollten diese regelmäßig auf ihr Nutzen-Risiko-Verhältnis überprüft werden.
  • Alten Menschen mit erhöhtem Sturzrisiko sollte das Tragen von Hüftprotektoren empfohlen werden, vor allem, wenn sie in einer Pflegeeinrichtung leben.
  • Bei erhöhter Sturzgefahr sollte die Sehkraft überprüft werden.
  • Vor allem bei älteren Menschen mit mehreren chronischen Erkrankungen: Empfehlung zum Hausbesuch durch geschultes Personal, um Stolperfallen zu erkennen und zu beseitigen.

4.2. Lebensstil und Ernährung

  • Untergewicht (BMI unter 20) sollte vermieden werden.
  • Menschen ab 65 Jahren wird eine eiweißreiche Ernährung (täglich 1 g Eiweiß pro kg Körpergewicht) empfohlen.
  • 1.000 mg Kalzium Gesamtzufuhr täglich, wenn notwendig durch Nahrungsergänzungsmittel.
  • Mindestens 800 I.E. (Internationale Einheiten) Vitamin D täglich, am besten durch Ernährung und Sonnenlicht. Bei einer Zufuhr durch Nahrungsergänzungsmittel wird generell eine Tagesdosis von 800 I.E. Cholecalciferol empfohlen und sollte 2.000-4.000 I.E. nicht überschreiten. Das beste Ergebnis ist bei einer kombinierten Zufuhr von Kalzium und Vitamin D gegeben. Bei bestimmten Erkrankungen (z.B. Nierensteinen, Hyperkalzurie) gelten diese Empfehlungen nicht.
  • Ein Vitamin K Mangel, der vor allem bei chronischen Erkrankungen vorkommt, sollte unter Beachtung der Wechselwirkungen mit Vitamin K Antagonisten (= gerinnungshemmende Medikamente, um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern) ausgeglichen werden.
  • Rauchen, Alkoholkonsum und Mangel- bzw. Fehlernährung sollten vermieden werden.

4.3. Medikamente gegen Osteoporose

Für die Behandlung von Osteoporose gibt es zwei Gruppen von Medikamenten:

Medikament Wirkung Senkung des Risikos
Antiresorptiva (z.B. Bisphosphonate, Denosumab) hemmen den Abbau von Knochengewebe für Wirbelkörperfrakturen um etwa 50 %,
für periphere Frakturen (z.B. an Händen) um etwa 30 %
Osteoanabolika (z.B. Teriparatid, Romosozumab) fördern den Aufbau von neuem Knochengewebe, indem sie die Aktivität der Osteoblasten, also der knochenbildenden Zellen, stimulieren für Wirbelkörperfrakturen um etwa 70 %,
für periphere Frakturen (z.B. an Händen) um etwa 50 %

Osteoanabole Medikamente sind zwar wirksamer als antiresorptive, aber auch deutlich teurer. Deswegen hängt die Therapieempfehlung vom individuellen Risiko ab:

Risiko für Knochenbrüche innerhalb der nächsten 3 Jahre Therapieempfehlung
über 3 % eine antiresorptive Therapie sollte in Betracht gezogen werden
über 5 % eine antiresorptive Therapie soll empfohlen werden, im Einzelfall kann auch eine osteoanabole Therapie erwogen werden
über 10 % eine osteoanabole Therapie wird empfohlen

Die Entscheidung für das geeignete Medikament sollten Arzt und Patient gemeinsam treffen, berücksichtigt werden:

  • die individuellen Therapieziele
  • Kontraindikationen (Gründe, die gegen ein bestimmtes Medikament sprechen)
  • unterschiedliche Wirksamkeit der Medikamente
  • mögliche Nebenwirkungen
  • Applikationsformen (Arten, wie das Medikament in den Körper gelangt, z.B. oral = schlucken von Tabletten oder Kapseln)
  • notwendige Sequenzen (Reihenfolge und zeitlicher Abstand, in dem Medikamente eingenommen werden)
  • Höhe der Kosten

 

Östrogene/Gestagene sollten zur Therapie der Osteoporose nur eingesetzt werden, wenn es Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen gegen die anderen Osteoporosemedikamente gibt. Bei postmenopausalen Beschwerden (z.B. Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen nach der Menopause) kann Hormonersatztherapie als Teil der Osteoporosetherapie erwogen werden.

4.4. Disease-Management-Programm (DMP)

Für Osteoporose gibt es ein strukturiertes Behandlungsprogramm (sog. Disease-Management-Programm). Frauen und Menschen mit unbestimmtem oder diversem Geschlecht müssen dafür mindestens 50 Jahre alt sein, Männer mindestens 60. Es muss eine gesicherte Diagnose einer medikamentös behandlungsbedürftigen Osteoporose vorliegen.

Ziele des Programms sind z.B.:

  • Vermeidung von Knochenbrüchen, auch durch Sturzprophylaxe
  • Längere Lebensdauer
  • Verbesserung oder Erhaltung der Lebensqualität und der selbstbestimmten Lebensführung
  • Weniger Schmerzen
  • Verbesserung oder Erhaltung von Funktion und Beweglichkeit
  • Kein Fortschreiten der Erkrankung

Maßnahmen des Programms sind z.B.

  • Empfehlungen zur Anpassung des Lebensstils (z.B. regelmäßige Bewegung, nicht rauchen, ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D)
  • Ermittlung des Sturzrisikos
  • Körperliches Training (z.B. im Rahmen von Reha-Sport und Funktionstraining) und Vorbeugung von Stürzen (z.B. durch Eigenübungen wie Treppensteigen, Balanceübungen)
  • Beratung zur Versorgung mit notwendigen Heilmitteln (z.B. Physiotherapie, Ergotherapie) und Hilfsmitteln (z.B. Hüftprotektoren)
  • Medikamentöse Therapie
  • regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen
  • Patientenschulungen zur besseren Bewältigung der Osteoporose

Die verschiedenen Maßnahmen werden in der Regel durch die Hausarztpraxis koordiniert und dokumentiert.

4.5. Schmerztherapie

Osteoporose kann im Verlauf zu akuten oder chronischen Schmerzen führen:

  • Akute Schmerzen entstehen vor allem nach einem Knochenbruch. Häufig sind die Wirbelkörper betroffen, was zu starken Rückenschmerzen führen kann. Bei akuten Schmerzen werden vor allem Medikamente wie Ibuprofen oder Diclofenac eingesetzt, die die Schmerzempfindung senken sollen. Bei starken und stärksten Schmerzen ist auch die kurzfristige Einnahme von Opioiden möglich.
  • Chronische Schmerzen entstehen vor allem durch Veränderungen der Körperstatik (Rundrücken und verminderte Körpergröße). Durch diese Veränderungen kommt es zu einer Fehlstellung der Wirbelsäule, wodurch Bänder und Sehnen permanent gereizt werden. Die Muskulatur wird überlastet, verspannt sich und löst ihrerseits Schmerzen aus. Die Behandlung chronischer Schmerzen muss individuell angepasst werden und erfordert eine genaue Abstimmung mit dem behandelnden Arzt. Auch gezielte Physiotherapie und eine Orthese (= Stützkorsett, das die Brustwirbel aufrichtet) können gegen Schmerzen wirken.

4.6. Krankenhausbehandlung

Osteoporose kann auch zu einer Krankenhausbehandlung führen, insbesondere bei Knochenbrüchen. Auch die multimodale Schmerztherapie (Näheres unter Chronische Schmerzen > Behandlung und Rehabilitation) kann in speziellen Schmerzkliniken stattfinden.

5. Kontrolluntersuchungen

Osteoporose-Patienten sollten regelmäßig Kontrolltermine beim Arzt wahrnehmen. Dabei wird z.B.

  • das Sturzrisiko erhoben,
  • nach Knochenbrüchen gesucht,
  • der Kalzium- und Vitamin D-Spiegel kontrolliert,
  • dazu motiviert, die Bewegungstherapie weiter durchzuhalten und
  • die Medikation überwacht und ggf. angepasst.

6. Praxistipp: Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppen können Sie durch Erfahrungsaustausch, gemeinsame Aktivitäten und psychosoziale Hilfe unterstützen und dadurch die Krankheitsbewältigung verbessern.

Selbsthilfegruppen finden Sie z.B. bei dem

7. Wer hilft weiter?

  • Bei einem Verdacht auf Osteoporose wenden Sie sich am besten an einen Osteologen, einen Facharzt, der auf Knochen- und Skeletterkrankungen spezialisiert ist. Meist haben Orthopäden diese Zusatzqualifikation.
  • Zertifizierte Praxen und Kliniken für Osteoporose können beim Dachverband Osteologie (DVO) unter www.dv-osteologie.org > Zentren > Zentrum DVO gefunden werden.

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Letzte Bearbeitung: 20.01.2025

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