Schlaganfall > Familie und Alltag

1. Das Wichtigste in Kürze

Ein Schlaganfall kann abhängig von den bleibenden Einschränkungen das Familienleben und den Alltag von Betroffenen stark beeinträchtigen. Studien zeigen, dass durch ständige Übung das Gehirn Vieles wieder neu lernen kann. Folgende Informationen und Tipps können Betroffenen und ihren Angehörigen dabei helfen, alltägliche Aufgaben und den Umgang miteinander positiv zu gestalten.

2. Die gelähmte Seite einbeziehen

Viele, die einen Schlaganfall hatten, neigen dazu, die gelähmte Seite zu vernachlässigen, und die bewegliche Seite bevorzugt einzusetzen. Die Entwicklung der betroffenen Seite wird allerdings dadurch gehemmt und es können Spastiken entstehen. Es ist wichtig, das Zusammenspiel der betroffenen und gesunden Körperhälfte neu zu trainieren. Um die gelähmte Körperhälfte aktiv einzubeziehen, sind folgende Dinge zu beachten:

  • Die betroffene Seite bei der Körperpflege besonders einbeziehen sowie auf Verletzungen oder Hautreizungen achten, da diese vielleicht nicht gespürt werden.
  • Angehörige können Betroffene unterstützen, indem sie sich immer von der gelähmten Seite an die erkrankte Person wenden.
  • Angehörige sollen sich am Tisch neben die betroffene Seite setzen und können auch ihre Schlafplätze entsprechend ausrichten.
  • Jede auch noch so schwache oder unkoordinierte Bewegungsmöglichkeit so oft wie möglich wiederholen.
  • Alltägliche Handgriffe, wenn möglich, mit der betroffenen Hand machen, auch wenn es schlechter oder langsamer geht als mit der gesunden Seite.

Ohne ständige Übung konzentriert sich das Gehirn nur noch auf die gesunde Seite. Die Hirnregionen in der geschädigten Hirnhälfte erhalten keine Impulse mehr und können sich nicht regenerieren oder neu organisieren. Dieser Prozess ist vergleichbar mit einmal gelerntem aber nie gebrauchtem Wissen: Es wird irgendwann vergessen.

3. Kleidung und Schuhe

Menschen, die von einem Schlaganfall bleibende motorische Behinderungen behalten haben, sollten auf Kleidung und Schuhe achten, die leicht an- und auszuziehen sind, z.B.:

  • Schuhe mit Klettverschlüssen
  • Druckknöpfe statt Knöpfe
  • Weite, bequeme und leicht zu wechselnde Kleidung

4. Hilfsmittel im Alltag

Für die allgemeinen Verrichtungen im täglichen Leben gibt es verschiedene Hilfsmittel, die bei Lähmungen und feinmotorischen Störungen eine selbstständige Lebensführung ermöglichen können. Hier ist auch immer der Aspekt zu beachten, dass Angehörige nicht alles abnehmen sollten, sondern dass jedes Selbst-Tun einerseits ein Training ist, andererseits Selbstbewusstsein gibt. Und beides verbessert die Chancen, weitere Fähigkeiten wieder zu erlernen. Einige Beispiele für Hilfsmittel im Alltag:

  • Anziehhilfen für Socken
  • Verschließhilfen für Knöpfe
  • Greifhilfen, um z.B. Flaschen oder Konservengläser zu öffnen
  • Stabile, nicht kippgefährdete Rollwagen/-tabletts, um z.B. heiße Speisen und Getränke sicher zu transportieren
  • Essbesteck, Tassen und Gläser, die sich besonders leicht halten lassen

4.1. Praxistipp

Einen Überblick zu beispielhaften Produkten, die den Alltag erleichtern können, finden Sie unter www.rehadat-hilfsmittel.de > Produkte.

5. Essen

Bei Problemen mit dem Essen und bei Schluckbeschwerden ist Folgendes zu berücksichtigen:

  • Darauf achten, dass in der gelähmten Mundhälfte keine Essensreste zurückbleiben.
  • Wert auf gute Mundhygiene legen.
  • Gerade und aufrecht sitzen.
  • Nur kleine Mengen in den Mund nehmen.
  • Weiche, nicht flüssige Speisen bevorzugen.
  • Nahrung vorher zerkleinern.
  • Ballaststoffreiche Kost und viel Flüssigkeit beugen Verstopfung vor.

Bei schweren Schluckstörungen besteht die Gefahr, dass Speiseteile in die Luftröhre gelangen und dass es in der Folge zu Lungenentzündungen kommt. Dann kann die Ernährung eventuell über eine PEG-Sonde mit Sondennahrung erfolgen. Näheres dazu unter enterale Ernährung.

6. Partnerschaft

Ein Schlaganfall ist eine Bewährungsprobe für eine Partnerschaft. Selbst wenn keine schweren Schäden bleiben, verändern sich Bewusstsein, Haltung zum Leben und oft auch der Alltag. Im schweren Fall kommt es bis zur Pflegebedürftigkeit und einer kompletten Änderung des Miteinander, der gegenseitigen Abhängigkeit und der Lebensplanung. Ein Tabuthema ist bis heute oft die Sexualität.

Grundsätzlich gilt: Auch nach einem Schlaganfall können Paare Zärtlichkeit und Sex teilen. Erotik kann sogar helfen, Empfindungsstörungen zu beheben. Es soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass Empfindungsstörungen, eine veränderte Körperwahrnehmung und eine eingeschränkte Beweglichkeit die Freude am körperlichen Miteinander trüben können. Helfen kann das offene Gespräch darüber, das vorsichtige Miteinander-Versuchen ohne Leistungsdruck, ein liebevoller Humor oder auch eine Paar- oder Sexualtherapie.

Manche Medikamente können Potenzprobleme bringen, z.B. Blutdruck senkende Mittel. Näheres unter Erektile Dysfunktion.

6.1. Praxistipp

Nützliche Informationen und Erfahrungen von Betroffenen zur Sexualität nach einem Schlaganfall, finden Sie unter www.schlaganfallbegleitung.de > Schlaganfall > Lebensgestaltung.

7. Hilfen für Kinder und Jugendliche bei Schlaganfall eines Elternteils

Kinder und Jugendliche sind in unterschiedliche Weise von der Erkrankung eines Elternteils betroffen. Für jüngere Kinder kann z.B. eine Entlastung bei der Kinderbetreuung helfen. Unter den folgenden Links finden Sie allgemeine Hilfen und Entlastungsmöglichkeiten bei der Kinderbetreuung:

Kommt es nach einem Schlaganfall zur Pflegebedürftigkeit des Elternteils, übernehmen häufig auch ältere Kinder und Jugendliche teilweise die pflegerische Versorgung. Dies bedeutet oft einen enormen Einschnitt in die Entwicklungs- und Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen. Folgende Beratungs- und Hilfsangebote können hier entlastend unterstützen:

8. Selbsthilfe und Beratung

Mit den Folgen eines Schlaganfalls zurechtzukommen, ist eine große Herausforderung. Selbst wenn keine oder kaum Einschränkungen zurückbleiben, ist in der Regel eine Umstellung der Lebensweise erforderlich, um einem weiteren Schlaganfall vorzubeugen. Näheres siehe Schlaganfall > Behandlung.

Unterstützen können hier Selbsthilfegruppen, also der Austausch mit anderen Betroffenen, und Beratungsstellen für Schlaganfallbetroffene. Die größte Selbsthilfeorganisation für Schlaganfallbetroffene in Deutschland ist die

Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Schulstr. 22, 33311 Gütersloh
Telefon 05241 97700
Fax 05241 9770777
info@schlaganfall-hilfe.de
www.schlaganfall-hilfe.de

 

Hier eine Liste von Argumenten der Deutschen Schlaganfall-Hilfe, die für den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe sprechen: Selbsthilfegruppen

  • bringen Sie mit anderen Betroffenen in Kontakt: Sie können von den Erfahrungen anderer lernen.
  • bieten Ihnen Information, die Sie sonst mühsam allein suchen müssten.
  • sind praktische Lebenshilfe.
  • vermitteln Ihnen nützliche Kontakte und helfen bei medizinischen Fragen.
  • unterstützen und entlasten Sie bei Behördengängen, beim Ausfüllen von Formularen und anderen Unterlagen.
  • zeigen Ihnen Wege aus der Isolation auf.
  • bieten Ihnen Therapien an (zum Beispiel Sprachtherapie, Sport, Musiktherapie und anderes).
  • bieten Ihnen ein vielfältiges Programm: von Spieleabenden, Theaterbesuchen über Therapiereisen bis hin zu Kunst­workshops.
  • stärken Ihr Selbstwertgefühl und Ihr Selbstvertrauen.

9. Schlaganfall-App

Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe bietet eine App, in der anhand 3 einfacher Fragen der Verdacht auf einen Schlaganfall überprüft und bei Bedarf ein Notruf ausgelöst werden kann. Weitere Informationen unter www.schlaganfall-hilfe.de > Für Betroffene > So unterstützen wir > FAST-Test als App.

10. Verwandte Links

Schlaganfall

Aphasie

Schlaganfall > Allgemeines

Schlaganfall > Behandlung

Schlaganfall > Finanzielle Hilfen

Schlaganfall > Pflege

Schlaganfall > Sport und Urlaub

Schlaganfall > Wohnen

Letzte Bearbeitung: 24.08.2022

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