Enterale Ernährung

1. Das Wichtigste in Kürze

Enterale Ernährung ist eine Form der künstlichen Ernährung und kann bei bestimmten Erkrankungen (Indikationen) verordnet werden. Die Zuzahlung für Versicherte beträgt 10 % des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 €, maximal 10 €.

2. Was ist der Unterschied zwischen enteraler und parenteraler Ernährung?

Enterale Ernährung ist eine Form der künstlichen Ernährung, die verwendet wird, wenn Menschen nicht ausreichend über den Mund (oral) essen und trinken können. Dabei wird spezielle Sondennahrung über eine Sonde direkt in den Magen-Darm-Trakt geleitet, Näheres siehe unten "Sondenarten bei enteraler Ernährung".
Eine andere Art der künstlichen Ernährung ist die parenterale Ernährung, bei der alle wichtigen Nährstoffe über Infusionen direkt in den Blutkreislauf verabreicht werden.

Enterale oder parenterale Ernährung kann notwendig sein bei Erkrankungen, z.B. Krebs, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Schädel-Hirn-Trauma mit Bewusstlosigkeit, Nierenerkrankungen oder Mangelernährung.

3. Wann ist Sondennahrung verordnungsfähig?

Enterale Ernährung ist verordnungsfähig, wird von der Krankenkasse jedoch nur erstattet, wenn eine Veränderung der normalen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. D.h. enterale Ernährung muss medizinisch notwendig sein. Enterale Ernährung und sonstige Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation (z.B. Kau- und Schlucktraining durch Ergotherapie) schließen einander nicht aus, sondern können miteinander kombiniert werden. Auf jedem ärztlichen Rezept muss die Produktbezeichnung und die nach der ICD-10 verschlüsselte Diagnose angegeben sein.

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthalten die verordnungsfähigen Produktgruppen. Sie sind als Trinknahrung oder Sondennahrung in verschiedenen Geschmacksrichtungen oder geschmacksneutral erhältlich:

  • Aminosäuremischungen
    Diätetische Lebensmittel, bestehend überwiegend aus qualitativ und quantitativ definierten Gemischen von Aminosäuren, nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet.
  • Eiweißhydrolysate
    Diätetische Lebensmittel, bestehend aus abgebauten Proteinen, nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle geeignet.
  • Elementardiäten (Trinknahrung)
    Diätetische Lebensmittel, bestehend aus Gemischen von Proteinen, Aminosäuren, Kohlenhydraten, Fetten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen, geeignet für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle, werden vom Patienten mit dem Mund aufgenommen.
  • Sondennahrung
    Diätetische Lebensmittel, bilanzierte Diät, die bei einer individuell gewählten Zusammensetzung und Dosierung als einzige Nahrungsquelle zur Ernährung über eine Sonde bestimmt sind.

3.1. Richtlinien

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Verordnung von enteraler Ernährung finden Sie in der Arzneimittel-Richtlinie ab § 18. Diese können Sie unter www.g-ba.de > Richtlinien > Arzneimittel-Richtlinie downloaden.

4. Spezialprodukte

Wenn eine medizinische Notwendigkeit besteht, werden Elementardiäten und Sondennahrung in Form von hochkalorischen Standardprodukten (bilanzierte Diäten) verwendet. Dazu gehören:

  • Produkte mit Anpassung für Menschen mit Niereninsuffizienz, altersangepasste Produkte für Säuglinge und Kleinkinder.
  • Trinknahrung mit hochhydrolysierten Eiweißen oder Aminosäuremischungen für Säuglinge und Kleinkinder mit Kuhmilcheiweißallergie oder Menschen mit mehreren Nahrungsmittelallergien.
  • Niedermolekulare oder Produkte mit speziellen Fetten (MCT-Fette) für Menschen mit nachgewiesenen Fettverwertungsstörungen oder Malassimilationssyndromen, z.B. Kurzdarmsyndrom, AIDS-bedingten Durchfällen oder Mukoviszidose.
  • Aminosäuremischungen zur Behandlung von Phenylketonurie oder weiteren angeborenen Enzymdefekten.
  • Spezielle Produkte für angeborene Störungen im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel.
  • Ketogene Diäten für Menschen mit Epilepsien, wenn trotz medikamentöser Therapie eine ausreichende Anfallskontrolle nicht gelingt.

4.1. Keine Verordnung

Ausgeschlossen von der Verordnung sind spezielle Produkte, die entwickelt wurden für z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, COPD, Diabetes mellitus, zur Vorbeugung oder Behandlung von Druckgeschwüren (Dekubitus), bei altersbedingten Gesundheitsproblemen (Geriatrie), zur Stärkung des Immunsystems oder für Menschen mit Krebserkrankungen.

Beispiel: Ein Bewohner in einem Pflegeheim hat in einer Zeitschrift von einer speziellen Trinknahrung gelesen, die Vitamine, Mineralstoffe und Eiweiß enthält und speziell bei Senioren geeignet sein soll, um die Muskelmasse zu erhalten. Solche Produkte werden von Krankenkassen nicht bezahlt, weil sie nicht als medizinisch notwendig anerkannt sind.

Eventuell kann die Krankenkostzulage (Näheres unter Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung - Krankenkostzulage) bei Beziehenden von Sozialhilfe oder Grundsicherung für Arbeitssuchende den Mehrbedarf wegen einer kostenaufwendigeren Ernährung decken.

5. Sondenarten bei enteraler Ernährung

Sondenart Anwendung
Transoral Sonde wird durch den Mund in den Magen gelegt, wird nur in der Klinik angewendet.
Transnasal Sonde wird durch die Nase in den Magen gelegt, meist zur vorübergehenden enteralen Ernährung.
Gastral PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) Magensonde wird operativ durch die Bauchdecke in den Magen eingesetzt und bei längerfristiger enteraler Ernährung angewendet.
Jejunal oder Duodenal Sonde zur längerfristigen enteralen Ernährung wird ebenfalls operativ durch die Bauchdecke eingesetzt, entweder in den Zwölffingerdarm (Duodenum) oder in den Leerdarm (Jejunum).

Die Trinknahrung ist eine Sonderform der enteralen Ernährung. Sie wird oft in der Palliativversorgung gegeben, wenn schwerkranke Menschen keine feste Nahrung zu sich nehmen können und keine Ernährungssonde gewünscht ist.

6. Zuzahlung

Die Zuzahlung für Versicherte beträgt 10 % des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 €, maximal 10 €, jedoch nicht mehr als die Kosten des Mittels.

Die für die enterale Ernährung notwendigen Hilfsmittel wie z.B. Applikationshilfen, Ernährungspumpe, Infusions- und Tischständer, Absaug- und Inhalationsgeräte fallen unter die Regelungen der Zuzahlung bei nicht zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln, Näheres unter Zuzahlungen Krankenversicherung.

7. Leitlinien

Enterale und parenterale Ernährung kann auch zu Hause angewendet werden. Die Leitlinie "Heimenterale und heimparenterale Ernährung", die von verschiedenen Ernährungsfachgesellschaften erstellt wurde, richtet sich an medizinisches Fachpersonal, ist aber auch für Laien informativ. Kostenloser Download unter www.dgem.de > Leitlinien > Medizinische Leitlinien.

8. Praxistipps

  • Wer enterale Ernährung erhält, wird oftmals von sog. Homecare-Unternehmen betreut. Homecare-Teams unterstützen z.B. nach einer Krankenhausentlassung bei der Erstellung von Ernährungsplänen, bei der praktischen Umsetzung der verordneten Therapie oder beraten zu passenden Hilfsmitteln. Der Kontakt zum Homecare-Team findet in der Regel schon während eines Krankenhausaufenthaltes statt.
  • Für die Versorgung mit Hilfsmitteln sind in der Regel Vertragspartner Ihrer Krankenkasse zuständig. Adressen der Vertragspartner erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse.
  • Hersteller enteraler Ernährung bieten Indikationswegweiser an. Die Wegweiser informieren darüber, welche Produkte bei bestimmten Krankheiten oder Bedürfnissen am besten geeignet sind.
  • Menschen die im Pflegeheim leben und enteral ernährt werden, können ggf. eine Erstattung der Verpflegungskosten verlangen. Genaue Informationen dazu erhalten Sie bei der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. (BIVA-Pflegeschutzbund) unter www.biva.de > Pflege im Heim > Typische Probleme > Besondere Ernährung.

9. Verwandte Links

Parenterale Ernährung

Pflegeleistungen

 

Rechtsgrundlagen: § 31 Abs. 1 SGB V i.V.m. Arzneimittel-Richtlinie Kapitel I §§ 18-26

Letzte Bearbeitung: 18.10.2024

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