Bei Post Covid / Long Covid als Langzeitfolge einer Infektion mit Corona kann das Versorgungsamt orientiert an den sog. Versorgungsmedizinischen Grundsätzen einen Grad der Behinderung (GdB) feststellen. Ein GdB muss beantragt werden und wenn die Symptome stark beeinträchtigend sind, können Menschen mit Post Covid / Long Covid, ab einem GdB von 50, einen Schwerbehindertenausweis bekommen. Zu Post Covid / Long Covid selbst steht nichts in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Darum wendet das Versorgungsamt die Angaben zu anderen Krankheiten entsprechend an.
Unterstützung und Hilfen für Menschen mit Behinderungen sind hauptsächlich im SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen geregelt. Nachfolgend Links zu den allgemeinen Regelungen:
Einen Grad der Behinderung (GdB) wegen der Langzeitfolgen einer Infektion mit Corona kann das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten (teils auch "Amt für Soziales und Versorgung" genannt) erst dann feststellen, wenn die Folgen mit Blick in die Zukunft wahrscheinlich noch mind. 6 Monate andauern werden. Es kommt deshalb nur indirekt darauf an, wie lange die Symptome schon bestehen oder wie lange die Infektion mit Corona schon her ist.
Zum Teil verschwinden die Langzeitfolgen einer Corona Infektion innerhalb des ersten halben Jahrs wieder oder es geht den Betroffenen zumindest wieder deutlich besser. Bei Anderen halten die Symptome deutlich länger an. Aus medizinischer Sicht ist zurzeit unbekannt, in welchen Fällen mit einer Besserung oder Heilung im kommenden halben Jahr zu rechnen ist.
Diese Unsicherheit erschwert Anträge auf einen GdB, weil Betroffene medizinische Gutachten oder Stellungnahmen brauchen, dass ihre Symptome wahrscheinlich noch länger als ein halbes Jahr andauern werden. Grob gilt, dass die Wahrscheinlichkeit einer langwierigen Krankheit mit der Krankheitsdauer steigt.
Nach der medizinischen Leitlinie zu Long Covid und Post Covid gelten Langzeitfolgen einer Infektion mit Corona nach 4 Wochen bis zur 12. Woche als Long-Covid und erst danach als Post-Covid. So gesehen gibt es also nur bei Post Covid einen GdB, weil Long Covid per Definition nur die erste Phase der Langzeitfolgen umfasst. Allerdings verwenden auch in der Medizin Viele die Begriffe anders, was zu Missverständnissen führen kann.
Betroffene sollten deshalb im Antrag auf GdB (Näheres unter Schwerbehindertenausweis) dazu schreiben, welche Symptomdauer es bei Ihnen ist und darauf achten, dass dies auch in den medizinischen Unterlagen steht.
Das Amt stellt den GdB mit Hilfe der sog. Versorgungsmedizinischen Grundsätze fest. Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des GdB, Näheres unter Grad der Behinderung. Direkt zu Post Covid / Long Covid steht dort aber nichts.
Wie immer, wenn eine Krankheit nicht direkt in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen steht, wendet das Amt die Angaben zu anderen Krankheiten an, die ähnliche Auswirkungen haben. Ob Betroffene wegen Post Covid / Long Covid einen GdB kriegen und wie hoch er ist, hängt vom Einzelfall ab.
Die Symptome bei Post Covid / Long Covid sind sehr vielfältig und können z.B. Atemprobleme, Herzprobleme oder neurologische Probleme umfassen.
Oft erinnern die Symptome an die Krankheit Myalgische Encephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS), bei der es zu ausgeprägter Erschöpfung kommen kann. Näheres unter Fatigue - Chronisches Erschöpfungssyndrom. Dazu steht in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen im Abschnitt zu der chronischen Schmerzerkrankung Fibromyalgie, dass die Krankheit "jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen" ist.
"Analog zu beurteilen" bedeutet, dass die Ausführungen zu ganz anderen Krankheiten an anderer Stelle in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen entsprechend gelten. Hier nimmt das Amt die Ausführungen im Abschnitt zu den "Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen", weil der Sachverständigenbeirat für die Versorgungsmedizinischen Grundsätze das so vorgeschlagen hat und die Gerichte es auch für richtig halten.
Das heißt nicht, dass Post Covid / Long Covid als psychische Erkrankung gilt, sondern nur, dass die Regeln für psychische Störungen bei chronischer Erschöpfung entsprechend gelten, weil die sich gut für die Feststellung des GdBs bei diesem Symptom eignen.
Das Amt orientiert sich an der Einteilung in folgender Tabelle:
Stärke der Behinderung | GdB |
Leichtere Störungen | 0–20 |
Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit:
|
30–40 |
Schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten:
|
50–70 |
Schwere Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten:
|
80–100 |
Wenn statt oder neben der chronischen Erschöpfung andere Symptome von Post Covid / Long Covid behindern, sind (auch) andere Abschnitte in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen wichtig. Hier ein paar Beispiele, die bei Post Covid / Long Covid häufig sind:
Viele haben bei Post Covid / Long Covid gleich mehrere behindernde Symptome, also z.B. chronische Erschöpfung, eine eingeschränkte Lungenfunktion und Gleichgewichtsstörungen.
In dem Fall ermittelt das Amt zuerst für jeden Bereich einen Einzel-GdB. Die Einzel-GdBs werden nicht zusammengezählt, sondern es zählt zunächst nur der Bereich mit dem höchsten GdB. Danach erhöht das Amt den Gesamt-GdB nur, wenn durch die weiteren Symptome die Beeinträchtigung insgesamt höher ist, als nur durch das Symptom mit den größten Auswirkungen. Der Gesamt-GdB gibt nämlich an, wie sehr ein Mensch insgesamt durch alle Krankheiten und Normabweichung in seiner gesellschaftlichen Teilhabe eingeschränkt ist.
Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen als Anlage 2 finden Sie in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/index.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".
Wenn Post Covid / Long Covid zu einer Gehbehinderung führt, können Betroffene das Merkzeichen G oder das Merkzeichen aG im Schwerbehindertenausweis erhalten. Post Covid / Long Covid kann sich nämlich z.B. in schweren Herzschäden oder Lungenschäden äußern, die als sog. schweres inneres Leiden die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigen.
Wenn Post Covid / Long Covid zu Bettlägerigkeit führt, können Betroffene auch das Merkzeichen H (hilflos) bekommen.
Wer wegen Post Covid / Long Covid das Merkzeichen aG oder das Merkzeichen H hat, bekommt in der Regel auch das Merkzeichen B (Begleitperson). Es steht dafür, dass eine Begleitperson in öffentlichen Verkehrsmitteln nötig ist und kostenlos mitfahren darf.
Auch wenn (noch) kein GdB festgestellt ist, können Menschen mit Post Covid / Long Covid ein Recht auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen haben. Folgende Links bieten nähere Informationen:
Andere Hilfen und Nachteilsausgleiche gibt es nur mit einem GdB oder mit bestimmten Merkzeichen. Einen Teil der Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen gibt es nur mit einer sog. Schwerbehinderung. Als schwerbehindert gilt, wer einen GdB von mindestens 50 hat, ab einem GdB von 30 ist eine sog. Gleichstellung möglich. Näheres unter Behinderung > Berufsleben.
Die folgenden beiden Tabellen geben einen Überblick über die verschiedenen Nachteilsausgleiche:
pdf-Download: GdB-abhängige Nachteilsausgleiche
pdf-Download: Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche
Long Covid - Post Covid > Langzeitfolgen Coronainfektion
Long Covid - Post Covid > Finanzielle Hilfen - Beratung - Information
Rechtsgrundlagen: § 152 SGB IX, Versorgungsmedizin-Verordnung mit Anlage 2: Versorgungsmedizinische Grundsätze