Migräne > Autofahren

1. Das Wichtigste in Kürze

Migräneattacken und Medikamenteneinnahme zur Vorbeugung und Behandlung einer Migräne können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Außerhalb von Migräneattacken können Betroffene ein Kraftfahrzeug in der Regel sicher führen. Bei einer Migräneattacke ist das aber meist nicht mehr möglich und dann auch nicht erlaubt. Bei Migräne, die mit Schwindelanfällen einhergehen, darf oft nur nach längerer Anfallsfreiheit wieder Auto gefahren werden. Wer dennoch fährt, kann sich strafbar machen. Die Kriterien für die Fahrtauglichkeit werden in den "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung" definiert.

2. Fahrtauglichkeit bei Migräne

Grundsätzlich gilt: Bei akuten, vorübergehenden, sehr selten vorkommenden oder nur kurzzeitig anhaltenden Erkrankungen müssen Betroffene kritisch prüfen, ob sie noch fahren können oder nicht. Im Zweifel müssen sie zur Sicherheit das Fahrzeug stehen lassen oder anhalten oder ärztlichen Rat einholen, bevor sie losfahren. Tun sie das nicht, gefährden sie den Straßenverkehr und müssen mit einer Strafe rechnen.

Migräneattacken werden dabei grundsätzlich genauso behandelt wie z.B. grippale Infekte oder eine Magen-Darm-Grippe. Sie gelten als akut, vorübergehend und kurzzeitig anhaltend. Deshalb können viele Menschen mit Migräne jede Fahrerlaubnis bekommen und behalten und dürfen außerhalb der Migräneattacken uneingeschränkt fahren.

Spezielle Regeln gibt es nur für Migräne, die mit Schwindelanfällen einhergeht.

3. Fahrerlaubnis bei Migräneschwindel

Nicht nur während einer Migräneattacke, sondern auch davor oder danach kann es zu spontan wiederkehrenden Schwindelanfällen kommen. Sie dauern in der Regel mehrere Stunden, können aber auch wenige Minuten oder mehrere Tage anhalten. Während solcher Anfälle sind Betroffene nicht fahrtauglich.

Die Schwindelanfälle können ganz plötzlich auch während der Fahrt auftreten und deshalb ein Grund dafür sein, dass Betroffene

  • keine Fahrerlaubnis bekommen,
  • die Fahrerlaubnis abgeben müssen,
  • die Fahrerlaubnis nicht zurückbekommen,
  • auch außerhalb von Migräneattacken nicht fahren dürfen, selbst wenn sie (noch) eine Fahrerlaubnis haben.

In den Leitlinien heißt das: Sie haben keine Fahreignung.

Bei der Beurteilung der Fahreignung wird die Fahrerlaubnis in 2 Gruppen unterteilt. Näheres unter Fahrerlaubnisgruppen.

3.1. Fahrerlaubnisgruppe 1

Bei einer Fahrerlaubnis der Gruppe 1 (z.B. für Motorräder und PKWs) besteht eine Fahreignung nach fachärztlicher Untersuchung nur, wenn

  • die Anfälle von Migräneschwindel sich durch Vorzeichen ankündigen und es deshalb möglich ist, vorher anzuhalten
    oder
  • ohne Vorzeichen oder bei erstmaliger Schwindelattacke frühestens nach 6 Monaten Beobachtungszeit ohne Anfälle von Migräneschwindel. Dies gilt auch bei einer erstmaligen Schwindelattacke, bei der es noch keine gesicherte Diagnose gibt.

3.2. Fahrerlaubnisgruppe 2

Bei einer Fahrerlaubnis der Gruppe 2 (z.B. für LKWs und Busse) besteht eine Fahreignung nach fachärztlicher Untersuchung,

  • bei Migräneschwindel mit Vorzeichen oder noch nicht gesicherter Diagnose nach einer attackenfreien Beobachtungszeit von 6 Monaten
    oder
  • bei Migräneschwindel ohne Vorzeichen nach einer attackenfreien Beobachtungszeit von 12-24 Monaten.

4. Medikamente und Fahrtauglichkeit

Wenn Medikamente zur Vorbeugung und Behandlung von Migräneattacken eingenommen werden, kann es sein, dass die Fahrtauglichkeit durch diese Mittel eingeschränkt ist. Die Behandlung mit Triptanen kann z.B. Schläfrigkeit verursachen und die Fähigkeit zur Bewältigung komplexer Aufgaben einschränken. Autofahren ist eine komplexe Tätigkeit, welche die ganze Wachsamkeit erfordert.

Hinweise dazu sind in der Packungsbeilage des jeweiligen Medikaments enthalten. Dort steht allerdings auch, dass die Fahrtauglichkeit eingeschränkt sein kann, wenn das nur selten vorkommt. Es sollte möglichst mit dem Arzt und/oder Apotheker abgesprochen werden, ob Betroffene bei Einnahme eines bestimmten Medikaments ein Kraftfahrzeug führen können oder nicht. Das gilt auch für typische Medikamente zur Selbstbehandlung von Migräneattacken, die nicht verschreibungspflichtig sind.

5. Strafbarkeit

Wer ein Kraftfahrzeug wegen einer Migräneattacke oder der Einnahme von Medikamenten zur Vorbeugung oder Behandlung von Migräneattacken nicht sicher führen kann und trotzdem damit am Straßenverkehr teilnimmt, muss mit einer Strafe wegen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB rechnen. Das ist genauso, wie beim Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen.

Mit bestimmten Medikamenten im Blut ist es grundsätzlich auch dann nicht erlaubt zu fahren, wenn die Fahrtauglichkeit nicht eingeschränkt ist. Das geht dann nur, wenn sie ärztlich verordnet wurden und nur bei bestimmungsgemäßem Gebrauch für die Behandlung einer Krankheit. Solche Medikamente werden aber nicht zur Behandlung von Migräne empfohlen (z.B. Morphin, Amphetamine).

5.1. Praxistipp

Wird Ihnen wegen Fahrens bei Migräne eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit vorgeworfen, so sollten Sie bei der Polizei und/oder Staatsanwaltschaft zunächst keine Angaben machen (die Aussage verweigern) und sich dann um Strafverteidigung durch eine Anwaltskanzlei kümmern. Für eine Strafe muss der Staat Ihnen nachweisen, dass Sie nicht davon ausgehen durften, fahren zu können. Das ist bei eingeschränkter Fahrtauglichkeit bei Migräne bzw. wegen Medikamenten gegen Migräne nicht immer leicht.

Die Verteidigung müssen Sie grundsätzlich selbst bezahlen, bekommen das Geld aber bei einem Freispruch zurück. Können Sie sich das nicht leisten, gibt es die Möglichkeit anwaltlicher Beratung über die Beratungshilfe, die aber nicht gleichwertig mit einer Strafverteidigung ist.

6. Umgang mit Einschränkungen der Fahrtauglichkeit

Für viele Menschen bedeuten Einschränkungen der Fahrtauglichkeit und ein ggf. damit verbundener Verlust der Fahrerlaubnis nicht nur Freiheitseinschränkungen, sondern auch berufliche Probleme und weitere Schwierigkeiten.

Bei manchen Migräneformen mit plötzlich auftretendem Schwindel oder bestimmten Auren ist es jedoch einfach zu gefährlich, wenn die Betroffenen Autofahren, gerade auch im Hinblick auf Dritte. Selbst wenn z.B. bei einer Migräne mit Aura der Führerschein wegen fehlendem Schwindel nicht entzogen werden kann, kann es zu Unfällen durch die Migräne kommen: Eine plötzlich einsetzende Aura kann zu Störungen der Sicht führen. Einen solchen "blinden Fleck" bemerken Betroffene meist nicht und halten nicht rechtzeitig an. Sie können aber z.B. andere Verkehrsteilnehmer dadurch übersehen.

Wer sich durch das Dilemma zwischen (auch moralischer) Verpflichtung das Auto stehen zu lassen und Abhängigkeit vom Auto belastet fühlt, kann durch therapeutische Unterstützung (Psychotherapie) oder durch den Austausch in Selbsthilfegruppen einen positiveren Umgang mit dieser schwierigen Situation lernen sowie neue Zukunftsperspektiven finden. Online-Selbsthilfegruppen zum Thema Migräne bietet die MigräneLiga unter www.migraeneliga.de > Selbsthilfegruppen > Selbsthilfegruppen online.

7. Praxistipp

Die "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung" werden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) herausgegeben und veröffentlicht. Sie können kostenlos heruntergeladen werden unter https://bast.opus.hbz-nrw.de > Suchbegriffe: Begutachtungsleitlinien Kraftfahreignung 2022. Sie werden verwendet, wenn es darum geht, ob eine Fahrerlaubnis (wieder)erteilt oder entzogen wird, aber auch, um zu klären, ob eine Person fahren durfte oder nicht (z.B. nach einem Unfall oder wenn der Polizei eine unsichere Fahrweise aufgefallen ist).

8. Verwandte Links

Führerschein

Migräne

Autofahren bei Medikamenteneinnahme

Letzte Bearbeitung: 10.06.2024

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