Beschneidung

1. Das Wichtigste in Kürze

Die medizinisch notwendige Beschneidung von Jungen, z.B. wegen einer Vorhautverengung (Phimose), ist erlaubt. Die rituelle Beschneidung von Jungen ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, aber privat zu bezahlen. Die Beschneidung von Mädchen (weibliche Genitalverstümmelung FGM – Female Genital Mutilation) ist unter Strafe verboten. Die Krankenkasse trägt die Kosten von medizinisch notwendigen Beschneidungen sowie von Folgebehandlungen bei Komplikationen.

2. Beschneidung bei Jungen

Bei der Beschneidung eines Jungen wird die Vorhaut teilweise oder ganz entfernt. Grundsätzlich dürfen Jungen beschnitten werden, wenn dies medizinisch notwendig ist, z.B. bei einer Vorhautverengung. Nähere Informationen zur Behandlung einer Vorhautverengung (Phimose) bietet der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte unter www.kinderaerzte-im-netz.de > Krankheiten > Krankheiten N-R > Phimose (Vorhautverengung).

Wenn ein Junge aus rituellen Gründen beschnitten werden soll, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein (§ 1631d BGB):

  • Die Sorgeberechtigten (in der Regel die Eltern) willigen ein, wenn der Junge noch nicht einsichts- und urteilsfähig ist.
    Laut einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 30.8.2013 (Az: 3 UF 133/13) muss auch ein Fünfjähriger zumindest altersgemäß informiert werden, sowohl von den Eltern als auch vom Arzt, und sein Wille berücksichtigt werden.
  • Die Beschneidung wird nach den "Regeln der ärztlichen Kunst" durchgeführt, d.h. von einem Arzt. Dazu gehört auch eine ausreichende Schmerztherapie.
    Ausnahme:
    In den ersten 6 Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.
  • Das Kindeswohl darf nicht gefährdet sein.

Hintergrund des Gesetzes ist, dass religiös begründete Beschneidungen bei Jungen in Deutschland durchgeführt werden können und nicht als Verletzung der "körperlichen Unversehrtheit" (§ 2 Abs. 2 GG) gewertet werden.

3. Beschneidung bei Mädchen, Genitalverstümmelung

Das Strafrecht verbietet jegliche Form der Beschneidung von Mädchen und Frauen (§§ 223 ff. StGB). Ärzte und Berater finden im Flyer der Bundesärztekammer "Empfehlungen zum Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung" umfassende Informationen und Handlungsempfehlungen. Kostenloser Download unter https://www.bundesaerztekammer.de > Suchbegriff: "Empfehlungen zum Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung".

Die weibliche Genitalverstümmelung (FGM - Female Genital Mutilation) ist in die internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen (ICD-10, Codeziffern Z91.70-74). Die Behandlung der körperlichen und psychischen Folgen ist damit eine Leistung der Krankenkassen.

3.1. Praxistipps

  • Das Desert Flower Center Waldfriede bietet Frauen, die eine Genitalverstümmelung hatten, kostenlose medizinische und psychologische Hilfe an. Näheres unter www.dfc-waldfriede.de.
  • Die Genitalverstümmelung wird als geschlechtsspezifische Verfolgung anerkannt. Betroffene können daher in Deutschland Asyl beantragen und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.
  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat einen Schutzbrief für von Genitalverstümmelung bedrohte Mädchen, Frauen und deren Familien herausgegeben. Dieser Brief warnt davor, Mädchen und Frauen zu beschneiden. In Deutschland ist das ein Straftatbestand (§ 226a StGB). Wer dies trotzdem vornimmt oder dem zustimmt, kann mit einer Haftstrafe belangt werden. Außerdem kann die Einreise nach Deutschland verweigert werden oder eine bestehende Aufenthaltserlaubnis entzogen werden. Den Schutzbrief können Sie kostenlos beim BMFSFJ bestellen oder herunterladen unter www.bmfsfj.de > Suchbegriff: "Schutzbrief gegen weibliche Genitalverstümmelung".
  • Unter dem Namen INTEGRA haben sich verschiedene Organisationen zusammengeschlossen, die sich gegen die weibliche Genitalverstümmelung einsetzen, Näheres unter www.netzwerk-integra.de.

4. Kostenübernahme der Krankenkassen

Die Krankenkassen übernehmen folgende Kosten:

  • Beschneidung von Jungen bei medizinischer Notwendigkeit
  • Behandlung einer Folgeerkrankung nach einer Beschneidung eines Jungen, z.B. einer Entzündung
  • Behandlung genitalverstümmelter Mädchen und Frauen.
    Das umfasst neben Komplikationen wie Vernarbungen, Inkontinenz und Fisteln auch plastische Wiederherstellungschirurgie sowie psychische Beratung und Betreuung.

Beschneidungen von Jungen und Männern aus religiösen oder ästhetischen Gründen sind keine Krankenkassenleistung.

5. Wer hilft weiter?

Krankenkassen, Kinderärzte, Urologen (bei Jungen), Gynäkologen (bei Frauen), ausgebildete Beschneider der Religionsgemeinschaften.

6. Verwandte Links

Krankenbehandlung

 

Rechtsgrundlagen: § 1631d BGB - §§ 223 ff. StGB - § 27 SGB V

Letzte Bearbeitung: 12.09.2024

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