1. Das Wichtigste in Kürze
Leistungen der Sozialhilfe gibt es nur, wenn das vorhandene Einkommen und Vermögen nicht reicht. Das Sozialamt prüft also die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und klärt, ob Eltern, Partner, Kinder oder andere, mit denen eine sog. Haushaltsgemeinschaft besteht, die hilfesuchende Person unterstützen können. Allerdings wird Einkommen und Vermögen verschieden hoch angerechnet, je nach Sozialhilfeleistung und persönlicher Situation der hilfesuchenden Person.
Nachfolgend Genaueres zur Anrechnung von Einkommen.
Näheres zur Anrechnung von Vermögen und zur Höhe des Schonvermögens unter Sozialhilfe > Vermögen.
2. Allgemeine Voraussetzungen der Sozialhilfe
Leistungen der Sozialhilfe werden nur gewährt, wenn das eigene Einkommen und Vermögen nicht für ein menschenwürdiges Leben reicht oder nicht zuzumuten ist, dass es ausgegeben wird. Das Sozialamt prüft auch, ob Dritte mit der hilfesuchenden Person zusammen wirtschaften und zu vermuten ist, dass sie von ihnen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. Deren Einkommen und Vermögen wird unabhängig davon, ob sie unterhaltspflichtig sind oder nicht, auf die Sozialhilfe angerechnet. Näheres unter Haushaltsgemeinschaft.
Das Sozialamt kann unter Umständen auch Unterhaltspflichtige zu Zahlungen heranziehen, die weder mit der sozialhilfeberechtigten Person gemeinsam wirtschaften noch tatsächlich Leistungen zum Lebensunterhalt an sie erbringen:
- Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner, auch nach einer Trennung oder Scheidung unter Berücksichtigung von deren sog. Selbstbehalt
- Kinder und Eltern mit einem Jahresbruttoeinkommen ab 100.000 €
Unterhaltspflichtige Kinder oder Eltern mit geringerem Jahreseinkommen kann das Sozialamt nicht zu Unterhaltszahlungen zwingen, auch wenn die sozialhilfeberechtigte Person bei diesen einen Unterhalt einklagen könnte. Die Regelung soll verhindern, dass Hilfebedürftige auf Sozialhilfe verzichten, um ihre Angehörigen zu schonen.
Näheres unter Unterhaltspflicht > Sozialhilfe und Bürgergeld.
2.1. Schwanger oder Kind unter 6 Jahren
Sozialhilfe ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens der eigenen Eltern kann bekommen, wer
- bei den Eltern oder einem Elternteil lebt
und
- schwanger ist oder ein Kind vor dem 6. Geburtstag erzieht.
Die Regelung soll verhindern, dass Menschen auf Kinder verzichten oder dass Schwangere ihr Kind abtreiben, um die Eltern nicht zu belasten.
2.2. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehört zur Sozialhilfe (SGB XII). Alle nachfolgenden Bestimmungen gelten also auch für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, außer es ist ausdrücklich etwas anderes angegeben.
2.3. Eingliederungshilfeleistungen
Zum 1.1.2020 wurde die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen aus der Sozialhilfe herausgelöst und ins SGB IX integriert. Ein Teil der Leistungen ist seither beitragsfrei und vermögensunabhängig. Für andere Leistungen fallen über bestimmten Einkommensgrenzen (deutlich oberhalb des Sozialhilfebedarfs) Beiträge an. Auch das Vermögen darf nicht zu hoch sein, aber weit höher als das Schonvermögen der Sozialhilfe. Näheres unter Eingliederungshilfe > Einkommen und Vermögen.
3. Was zählt zum Einkommen und reduziert die Sozialhilfe?
Folgende Einnahmen zählen u.a. zum Einkommen:
- Alle Einkünfte im steuerrechtlichen Sinn, z.B. aus Erwerbstätigkeit, Vermietung und Verpachtung, Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen, Unterhalt
- Renten und Einkommen aus zusätzlicher Altersvorsorge (Ausnahmen siehe unten)
- Die meisten Sozialleistungen, z.B. Leistungen der Sozialversicherungen (Arbeitslosengeld, Rente etc.), Bürgergeld, Wohngeld, Unterhaltsvorschuss, Kindergeld für volljährige Kinder (Kindergeld für minderjährige Kinder wird dem Einkommen des Kindes angerechnet), Krankengeld, Elterngeld
Es ist nicht von Bedeutung, ob die Einnahmen regelmäßig oder unregelmäßig eingehen. Einnahmen müssen auch nicht in Geld fließen. Beispiel: Freie Kost und Logis gelten als Einnahme in Geldeswert und werden entsprechend dem lokalen Kostenniveau angerechnet. (§ 82 Abs. 1 SGB XII)
Ist der Bedarf an Sozialhilfe nur von kurzer Dauer oder einmalig und eine schnelle Hilfe notwendig, kann der Sozialhilfeträger nach Anhörung des Leistungsberechtigten die Einkünfte schätzen. (§ 9 VO zu § 82 SGB XII)
4. Was zählt nicht zum Einkommen und wirkt sich nicht auf die Sozialhilfe aus?
Nicht als Einkommen berücksichtigt werden u.a.:
- Leistungen nach dem Sozialhilfegesetz (SGB XII)
- Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz bis zur Höhe der vergleichbaren Leistungen nach dem SGB XIV
- Rückerstattungen auf Vorauszahlungen, die der Sozialhilfeempfänger aus dem Regelsatz geleistet hat, z.B. Stromguthaben
- Landeserziehungsgeld (Sachsen) und Bayerisches Familiengeld
- Landespflegegeld der Länder Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen und Rheinland-Pfalz
- Mittel der Bundesstiftung "Mutter und Kind" und Zuwendungen anderer Stiftungen, z.B. für Krebshilfe, für Contergan-Geschädigte oder aus Aidshilfe-Fonds für durch Blutkonserven Infizierte
- Elterngeldfreibetrag bis 300 €, wenn der Elterngeldberechtigte vor der Geburt erwerbstätig war
- Schmerzensgeld
- Pflegegeld für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige (Pflegegeld Pflegeversicherung, Pflegegeld Sozialhilfe, Pflegegeld Unfallversicherung), außer bei der Hilfe zur Pflege
- Arbeitsförderungsgeld und Ausbildungsgeld (Behinderung > Ausbildungsgeld) für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen (§ 59 Abs. 2 SGB IX)
- Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege (z.B. Unterstützungsleistungen von Vereinen für in Not geratene Menschen)
Ausnahme: Sozialhilfe erscheint wegen verbesserter Lage des Bedürftigen ungerechtfertigt (Einzelfallentscheidung, § 84 Abs.1 SGB XII)
- In besonderen Härtefällen: Zuwendungen von Personen ohne rechtliche oder sittliche Pflicht (z.B. eine Prämie von einem privaten Verein für Lebensretter) (§ 84 Abs. 2 SGB XII)
- Ausschließlich bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung:
- Aufstockende Leistungen zu den Regelsätzen nach Länderrecht (§ 43 Abs. 4 SGB XII)
- Einkommen von anderen Personen der Haushaltsgemeinschaft (angerechnet wird nur, was die Haushaltsmitglieder tatsächlich an die bedürftige Person leisten, z.B. Geld, Essen, Kleidung etc.) (§ 43 Abs. 5 SGB XII)
- Mutterschaftsgeld
- Einnahmen aus Ferienjobs von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die keine Ausbildungsvergütung bekommen, vor dem 25. Geburtstag
- 538 € monatlich bei jungen Menschen ab dem 15. und vor dem 25. Geburtstag
- in einer BAföG-förderfähigen Schulausbildung oder einem Studium
oder
- in einer mit Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) förderfähigen Berufsausbildung
oder
in einer von der Agentur für Arbeit förderfähigen berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
oder
in einer von der Agentur für Arbeit geförderten Einstiegsqualifizierung
oder
- in Nebenjobs neben dem Besuch einer allgemein- oder berufsbildenden Schule
oder
- in Nebenjobs bis 3 Monate nach Verlassen einer allgemeinbildenden Schule
oder
- in einem Bundesfreiwilligendienst oder Jugendfreiwilligendienst (FSJ oder FÖJ)
- steuerfreie Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten bis zu 3.000 € pro Jahr
- eine sog. Inflationsausgleichsprämie (steuerfreie Prämie, die bis Ende 2024 von Arbeitgebenden an ihre Beschäftigten gezahlt werden kann)
- Taschengeld beim Bundesfreiwilligendienst oder Jugendfreiwilligendienst (FSJ oder FÖJ) bei Menschen ab dem 25. Geburtstag bis 250 € pro Monat
- Erbschaften: Sie gelten seit 1.1.2023 als Vermögen. Näheres zur Anrechnung von Vermögen unter Sozialhilfe > Vermögen.
5. Was wird vom Einkommen abgezogen?
Was als Einkommen zählt (siehe oben die erste Aufzählung), wird zusammengerechnet. Von der Summe werden folgende Ausgaben und Beträge abgezogen:
- Steuern und Sozialabgaben
- Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, also in der Regel zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung
- Gesetzlich vorgeschriebene oder nach Grundhöhe angemessene Versicherungsbeiträge (z.B. Kfz-Versicherung, Haftpflichtversicherung, Hausratversicherung, Sterbeversicherung)
- Geförderte Altersvorsorgebeiträge (§ 82 EStG), wenn sie den Mindesteigenbeitrag (ca. 4 % des Vorjahreseinkommens, § 86 EStG) nicht überschreiten
- Die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, z.B.
- Arbeitsmittel: Der Sozialleistungsberechtigte kann als Aufwendungen für Arbeitsmittel mindestens 5,20 € pro Monat pauschal von seinem Einkommen abziehen, oder höhere Ausgaben nachweisen.
- Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe der Kosten für das günstigste öffentliche Verkehrsmittel. Wenn kein öffentliches Verkehrsmittel vorhanden ist und ein privates Kraftfahrzeug genutzt wird, kann ein monatlicher Pauschalbetrag von höchstens 5,20 € für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgezogen werden – jedoch für nicht mehr als 40 km.
- Beiträge zu Berufsverbänden
- doppelte Haushaltsführung, höchstens 130 € monatlich
- Zinszahlungen und andere notwendige Aufwendungen bei Einkommen aus Vermietung und Verpachtung
- Ausschließlich bei Hilfe zum Lebensunterhalt und bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden abgezogen:
- 30 % des Einkommens aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit, maximal jedoch 281,50 € (= 50 % der Regelbedarfsstufe 1)
- Für Beschäftige in Werkstätten für behinderte Menschen und bei anderen Leistungsanbietern gilt ein anderer, einkommensabhängiger Abzugsbetrag
- 100 € für zusätzlich geleistete betriebliche und private Altersvorsorge
Übersteigt das Einkommen aus zusätzlicher Altersvorsorge 100 €, so werden 30 % des übersteigenden Betrags abgezogen. Die Abzugshöchstgrenze liegt 2024 bei 281,50 € (= 50 % der Regelbedarfsstufe 1). Ausgeschlossen sind private Vorsorgeformen, die eine komplette Auszahlung (Kapitalabfindung) während des Bezugs ermöglichen.
- Ausschließlich bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung werden abgezogen:
- maximal 26 € pro Jahr bei Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 43 Abs. 2 SGB XII).
- maximal 281,50 € (= 50 % der Regelbedarfsstufe 1) als Freibetrag, wenn ein Grundrentenzuschlag gewährt wird
- Bei Hilfe zur Pflege, bei Blindenhilfe und bei Eingliederungshilfe werden abgezogen:
- 40 % des Einkommens, höchstens aber 365,95 € (= 65 % der Regelbedarfsstufe 1, § 82 Abs. 6 SGB XII)
- bei einer stationären Leistung in einer stationären Einrichtung: ein anderer einkommensabhängiger Abzugsbetrag (§ 88 Abs. 2 SGB XII)
Nach den Abzügen ergibt sich das anzurechnende Einkommen.
6. Wie wird das Einkommen angerechnet?
Es ist zumutbar, dass Hilfesuchende anzurechnendes Einkommen über bestimmten Einkommensgrenzen einsetzen, das heißt: Die entsprechende Sozialhilfeleistung wird dann um dieses Einkommen gekürzt. Dieser Bereich ist sehr komplex, da das Sozialamt einen Ermessensspielraum hat.
6.1. Einkommensgrenzen
Bei Hilfe zum Lebensunterhalt und bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird das anzurechnende Einkommen komplett von der Sozialhilfeleistung abgezogen.
Bei Gesundheitshilfe, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfe in anderen Lebenslagen wird nur der Teil des anzurechnenden Einkommens abgezogen, der über der Einkommensgrenze liegt.
Diese Einkommensgrenze berechnet sich aus:
- Grundbetrag von 1.126 € (= 2-facher Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1)
plus
- angemessene Kosten der Unterkunft (einzelfallabhängig), ohne Heizkosten
plus
- Familienzuschlag von 395 € (= 70 % des Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1, auf volle € aufgerundet)
für den nicht getrennt lebenden Ehe- bzw. Lebenspartner und für jeden vom Sozialhilfesuchenden bzw. dessen Ehe/Lebenspartner überwiegend unterhaltenen Angehörigen
oder
bei minderjährigen und unverheirateten Hilfesuchenden für einen Elternteil, wenn die Eltern zusammenleben, sowie für den Sozialhilfesuchenden selbst und für jede Person, die von den Eltern oder dem Sozialhilfesuchenden überwiegend unterhalten wird.
Für schwerstpflegebedürftige Menschen (Pflegegrad 4 oder 5) und Blinde (Blindenhilfe) gilt zudem, dass nur maximal 40 % des Einkommens über dieser Einkommensgrenze von der Sozialhilfeleistung abgezogen werden.
Bei einmaligen Leistungen für Gegenstände, die man normalerweise mindestens 1 Jahr nutzt, kann das Sozialamt auch verlangen, dass das Einkommen über der Einkommensgrenze eingesetzt wird, das man in den 3 Monaten nach dem Antragsbescheid erhält (§ 87 Abs. 3 SGB XII).
In besonderen Fällen kann das Sozialamt auch verlangen, dass Einkommen unter der Einkommensgrenze eingesetzt wird, z.B. wenn eine andere Person den Bedarf deckt, für den das Sozialamt leisten müsste, wenn es um geringfügige Beträge geht oder wenn der Hilfesuchende lange in einer Klinik oder einem Heim lebt (§ 88 SGB XII).
6.2. Unregelmäßiges Einkommen
Einmalige Einnahmen werden im Folgemonat angerechnet.
Entfällt dadurch der Leistungsanspruch in einem Monat, so ist die Einnahme gleichmäßig auf 6 Monate verteilt anzurechnen (§ 82 Abs. 7 SGB XII).
Wiederkehrende Einnahmen, die nicht monatlich oder in unterschiedlicher Höhe zufließen (z.B. Ruhegehalt oder Unterhaltsbeiträge), werden als Jahreseinnahmen berechnet (§ 8 VO zu § 82 SGB XII).
7. Wer hilft weiter?
Für individuelle Berechnungen und Auskünfte ist das Sozialamt zuständig.
8. Verwandte Links
Sozialhilfe
Sozialhilfe > Vermögen
Hilfe zum Lebensunterhalt
Hilfe in anderen Lebenslagen
Rechtsgrundlagen: §§ 82 ff. SGB XII