Menschen mit Behinderungen bzw. deren Angehörige oder Pflegepersonen können beim Finanzamt Steuervorteile zum Ausgleich für Belastungen durch die Behinderung geltend machen. Dafür müssen sie die Behinderung in der Steuererklärung angeben und Nachweise vorlegen, z.B. den Schwerbehindertenausweis, den GdB-Feststellungsbescheid des Versorgungsamts oder den Bescheid der Pflegekasse über den Pflegegrad. Auf Antrag berücksichtigt das Finanzamt die Steuerfreibeträge direkt bei der Lohnsteuer, so dass der Arbeitgeber jeden Monat mehr Lohn auszahlt. Für Vieles gibt es Pauschalen, z.B. den Pauschbetrag bei Behinderung, den Pflegepauschbetrag oder die Fahrtkosten-Pauschale für private behinderungsbedingte Fahrten. Die Pauschalen werden vom gesamten Einkommen abgezogen und mindern somit das zu versteuernde Einkommen. Viele können stattdessen oder daneben tatsächlich entstandene Kosten "von der Steuer absetzen". Die Steuervorteile sind teilweise auf Eltern oder Ehepartner übertragbar.
Alle Steuerpflichtigen können ihnen zustehende Steuererleichterungen bei der Einkommensteuer in ihrer jährlichen Einkommensteuererklärung geltend machen. Wer keine Beratung dafür braucht, kann die Steuererklärung kostenfrei über www.elster.de erledigen.
Unselbständig Beschäftigte können als Alternative dazu beim Finanzamt einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellen und einige Steuererleichterungen als Lohnsteuerabzugsmerkmal eintragen lassen. Dann werden sie direkt beim Lohnsteuerabzug bei der monatlichen Lohnabrechnung berücksichtigt und der Arbeitgeber zahlt einen höheren Nettolohn aus.
Den Antrag auf Lohnsteuerermäßigung können Sie online stellen unter www.elster.de > Formulare & Leistungen > Alle Formulare > Lohnsteuer Arbeitnehmer > Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung.
Manche Menschen mit Behinderungen können von den ihnen zustehenden Steuervorteilen nicht profitieren, weil sie kein Einkommen haben, oder so wenig, dass sie keine Steuern zahlen müssen. Dann ist es sinnvoll, die Steuervorteile zu übertragen. Folgende Möglichkeiten gibt es:
Der Pauschbetrag für Menschen mit Behinderungen ist ein Steuerfreibetrag in Höhe von bis zu 7.400 €, der vom zu versteuernden Einkommen abgezogen wird. Er gilt für bestimmte Ausgabenposten, die üblicherweise bei Behinderungen anfallen, und zwar auch, wenn tatsächlich niedrigere oder gar keine Kosten für diese Posten angefallen sind. Näheres unter Pauschbetrag bei Behinderung.
Wer einen Menschen zuhause pflegt, kann dafür seit Veranlagungsjahr 2021 den sog. Pflegepauschbetrag als Steuerfreibetrag von bis zu 1.800 € in Anspruch nehmen. Näheres unter Pflegepauschbetrag.
Steuerpflichtige müssen sich entscheiden: Entweder sie nutzen den Pauschbetrag bei Behinderung und/oder den Pflegepauschbetrag oder sie machen tatsächliche Ausgaben für die von diesen Pauschalen umfassten Posten bei der Steuer als sog. außergewöhnliche Belastung geltend.
Wer die tatsächlichen Ausgaben steuerlich geltend machen will, muss sie detailliert mit Belegen nachweisen. Dieser Aufwand lohnt sich oft auch dann nicht, wenn die tatsächlichen Ausgaben über dem Pauschbetrag liegen.
Das hat folgende Gründe:
Zu den außergewöhnlichen Belastungen zählt noch viel mehr als das, was vom Pauschbetrag bei Behinderung oder vom Pflegepauschbetrag umfasst ist.
Beispiele:
Die zumutbare Belastung ist abhängig von Einkommen und Familienstand:
Einkünfte |
bis 15.340 € |
über 15.340–51.130 € |
über 51.130 € |
Steuerpflichtige ohne Kinder, einzeln veranlagt |
5 % der Einkünfte |
6 % der Einkünfte |
7 % der Einkünfte |
Steuerpflichtige ohne Kinder, zusammen veranlagt |
4 % der Einkünfte |
5 % der Einkünfte | 6 % der Einkünfte |
Steuerpflichtige mit 1–2 Kindern |
2 % der Einkünfte | 3 % der Einkünfte | 4 % der Einkünfte |
Steuerpflichtige mit 3 und mehr Kindern |
1 % der Einkünfte | 1 % der Einkünfte | 2 % der Einkünfte |
Die zumutbare Belastung wird abschnittsweise ermittelt, es gilt also nicht ein Prozentsatz für das gesamte Einkommen, sondern der Prozentsatz des jeweiligen Einkommensbereichs. Die Ergebnisse aus den verschiedenen Einkommensbereichen werden addiert.
Ihre zumutbare Belastung beträgt also 2.006,60 €.
Einen Rechner zur zumutbaren Belastung finden Sie beim Bayerischen Landesamt für Steuern unter www.finanzamt.bayern.de > Steuerinfos > Steuerberechnung > Berechnung der zumutbaren Belastung gem. § 33 Abs. 3 EStG.
Die Kosten für berufliche Fahrten und krankheitsbedingte Fahrten kann jeder von der Steuer absetzen, das ist also nicht behinderungsspezifisch.
Aber normalerweise können private Fahrtkosten nicht von der Steuer abgesetzt werden, also zum Beispiel die Kosten für die Fahrten zum Einkaufen, zu Behördenterminen oder für Besuche. Diese Kosten fallen normalerweise schon unter den allgemeinen Steuerfreibetrag, der für den Lebensunterhalt gedacht ist.
Die privaten Fahrtkosten können nur in Höhe der behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale abgesetzt werden, auch wenn die tatsächlichen Kosten höher waren. Grund dafür ist, dass die privaten Kosten nur in einem "angemessenen" Umfang bei der Steuer berücksichtigbar sein sollen. Es wäre viel zu kompliziert, hier bei jeder einzelnen Fahrt klären zu müssen, ob sie noch angemessen war.
Die Fahrtkostenpauschale beträgt:
Die Fahrtkostenpauschale gehört zu den außergewöhnlichen Aufwendungen. Das Finanzamt addiert zunächst die Fahrtkostenpauschale mit den Kosten für alle anderen geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen. Nur was über der zumutbaren Belastung liegt, zieht es vom zu versteuernden Einkommen ab.
Fallbeispiele:
Frau Maier und Herr Melnik haben jeweils einen GdB von 80. Beide können deshalb eine Fahrtkostenpauschale von 900 € für ihre privaten Fahrtkosten bei der Steuer geltend machen.
Steuerpflichtige können von ihrem Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit die sog. Werbungskostenpauschale absetzen. Für manche lohnt es sich, stattdessen die Werbungskosten im einzelnen nachzuweisen, weil sie so mehr absetzen können. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Kosten fürs Pendeln zur Arbeit. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren ist, kann die tatsächlichen Fahrtkosten absetzen.
Wer hingegen mit anderen Verkehrsmitteln gefahren ist, z.B. mit dem Auto, mit dem Taxi oder mit dem Fahrrad, kann die Fahrtkosten normalerweise nur in Höhe der sog. Pendlerpauschale absetzen, auch wenn sie höher als die Pauschale waren.
Davon es gibt es aber eine Ausnahme. Folgende Menschen mit Behinderungen, dürfen statt der Pendlerpauschale unabhängig vom Verkehrsmittel ihre tatsächlichen Pendelkosten absetzen:
Bei Kindern mit körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen, die ihren Unterhalt nicht selbst bestreiten können, ist es möglich Sonderausgaben für Kinderbetreuung (Näheres unter Steuervorteile für Eltern) über den 14. Geburtstag hinaus geltend zu machen. Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist.
Für volljährige Kinder mit Behinderung kann der Kinderfreibetrag ohne Altersgrenze geltend gemacht werden, wenn die Behinderung schon vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist und wenn das Kind wegen der Behinderung seinen eigenen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten kann.
Näheres unter Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung.
Wer wegen seiner Behinderung einen Hund benötigt, z.B. einen Blindenführhund oder einen Begleithund, kann bei der Stadt oder Gemeinde eine Befreiung von der Hundesteuer beantragen.
Individuelle Auskünfte zu allen steuerlichen Vergünstigungen geben die zuständigen Finanzämter. Steuerfragen speziell für Menschen mit Behinderungen beantwortet auch das Versorgungsamt. Für die KfZ-Steuer ist der Zoll zuständig und für die Hundesteuer (z.B. Blindenhund) die jeweilige Gemeinde.
Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Leistungen für Menschen mit Behinderungen
Rechtsgrundlagen: §§ 9 Abs. 2 Sätze 3 und 4, 10 Abs. 1 Nr. 5, 26a Abs. 2, 32 Abs. 4 Nr. 3, 33, 33b EStG – § 65 EStDV 1955 – § 4 Nr. 19a UStG